Ein Nachtclub in Glasgow hat vor kurzem mit der Ankündigung, die von der Tanzfläche abgegebene Energie nachhaltig zu nutzen, für Aufsehen gesorgt. „Wir freuen uns sehr, unsere Pläne für die Einführung eines hochmodernen erneuerbaren Heiz- und Kühlsystems im SWG3-Komplex bekannt geben zu können, das die Körperwärme der Club- und Konzertbesucher in eine Energiequelle umwandelt, die wieder genutzt werden kann“, heißt es in einer Erklärung des Clubs.
Unterstützung haben sich die Clubbetreibenden dabei von dem Startup Bodyheat geholt: Mithilfe von Wärmepumpen und Flüssigkeiten sowie integriertem maschinellen Lernen will Bodyheat die von den Partygästen des SWG3 erzeugte Wärme auffangen und in zwölf 150 m tiefe Bohrlöcher unter dem Nachtclub leiten.
Der Veranstaltungsort erzeugt derzeit pro Jahr einen durchschnittlichen CO2-Ausstoß von etwa 70 Tonnen – die von den Partys gewonnene Energie hat es ihnen ermöglicht, bisher drei Gaskessel zu ersetzen. Bei voller Auslastung mit mehr als 1.000 Tanzenden könnten geschätzte 800 Kilowatt Energie aus Körperwärme erzeugt werden. Diese Energie kann dann entweder sofort zur Kühlung des Dancefloors genutzt oder unterirdisch für eine spätere Verwendung gespeichert werden.
Körperwärme ist eine lange vernachlässigte Energiequelle. Wenn der menschliche Körper nicht viel tut, kann er rund 100 Watt an überschüssiger Wärme abstrahlen. Das hört sich vielleicht nicht viel an, aber wenn man bedenkt, dass für die Dauer einer Show oder einer Veranstaltung viele Menschen auf engem Raum zusammenstehen, kann sich das schnell summieren. In Europa beispielsweise verbraucht ein 30 Quadratmeter großes Studio, das mit Strom für Heizung und Warmwasser versorgt wird, durchschnittlich 4.350 kWh Energie pro Jahr. Mit 430 Personen, die sich hier eine Stunde lang zusammen aufhalten, könnte man also bereits ein kleines Haus mit Strom versorgen – wenn die Energie richtig genutzt wird.
Licht, Kamera, (Klima-)Aktion
Nicht nur das SWG3 macht sich diese neue Technologie zunutze. Auch das historische Nationaltheater in Prag, das über eine ähnliche Kapazität verfügt, nutzt die Körperwärme der Besucher*innen und die Wärme der Scheinwerfer, die bei den Aufführungen verwendet werden. Wie in Glasgow wird die Wärme zum Heizen oder Kühlen des Theaters genutzt.
Dazu wird die überschüssige Luft durch eine Reihe von Wärmetauschern geleitet. Diese fangen die vorgewärmte Luft auf und leiten sie zurück in die Zuschauermenge. “Früher wurde diese Wärme vollständig an die Umgebung abgegeben. Mit dem Wärmerückgewinnungssystem können wir einen Teil der Wärme zurückgewinnen. Die Frischluft wird dann zur Belüftung des Zuschauerraums und der Umkleideräume verwendet“, berichtet Jan Míka von der Abteilung Technik und Betrieb des Theaters. Dadurch wird der Energiebedarf aus externen Quellen verringert.
Aber nicht nur die Wärmerückgewinnungstechnologie hilft dem Prager Nationaltheater, Kosten und Energie zu sparen. Auf dem Dach und dem angrenzenden Gebäude wurden zudem Sonnenkollektoren installiert. Diese decken derzeit zwar nur etwa ein Prozent des jährlichen Energieverbrauchs des Theaters, doch reicht dies aus, um bis zu zehn tschechische Haushalte pro Jahr mit Strom zu versorgen.
Kommen bald energieerzeugende Wearables?
Aber was wäre, wenn man nicht einmal das Haus verlassen müsste, um Strom zu erzeugen? Forschende haben damit begonnen, tragbare Geräte, so genannte thermoelektrische Generatoren (TEG), zu entwickeln, die klein und leicht genug sind, um in Textilien integriert zu werden. Diese könnten tragbare Sensoren oder temperaturmessende Kleidungsstücke wie Gesichtsmasken, T-Shirts oder Mützen mit Körperwärme betreiben. Das weiche und dehnbare Material ist angenehm zu tragen und vollständig biologisch abbaubar.
Auch Wearables wie Armbanduhren werden schon entwickelt, die genug Energie aus der Körperwärme gewinnen können, um eine LED zu betreiben. Das Gerät nutzt den Temperaturunterschied zwischen der Haut und der Umgebung, um Energie zu erzeugen, und kann mehr als 10.000 Mal getragen werden, ohne dass es an Energie verliert oder negative Auswirkungen auf die Träger*innen hat.
Im Gegensatz zu herkömmlichen starren thermoelektrischen Geräten sind diese neuen TEGs wartungsarm und langlebig. Allerdings ist die Technologie noch lange nicht perfekt. „Bislang sind sie auf teure oder giftige Halbleitermaterialien wie Bismuttellurid und Bleitellurid angewiesen und werden hauptsächlich in Nischenanwendungen wie Raumfahrzeugen und Satelliten eingesetzt“, gibt das Institute of Electrical and Electronics Engineers an.
Tatsächlich haben die bisher für die Herstellung von TEGs verwendeten Materialien und Konstruktionen zu „komplexen und ineffizienten [TEGs] geführt, die zu sperrig sind, um sie zu tragen oder mit anderen Komponenten zu verbinden“, so Young Min Song, Professor für Elektrotechnik und Informatik am koreanischen Gwangju Institute of Science and Technology. Forschende arbeiten jedoch daran, die Kosten zu senken und die Effizienz von TEGs zu verbessern.
All die Beispiele zeigen: Die Nutzung von Abwärme könnte dank neuer Forschungen zu wirtschaftlicheren thermoelektrischen Materialien und hybriden Energiegewinnungsgeräten drastisch verbessert werden. Studien deuten darauf hin, dass diese Entwicklungen genauso effizient sein könnten wie die derzeit verwendeten Ressourcen, die weitaus knapper verfügbar sind, wobei dann aber weniger Energie verschwendet wird.
Körperwärme wird mit Sicherheit nicht die Hauptenergiequelle für unsere Häuser und Städte werden. Aber sie hat durchaus Potenzial, den Bedarf an zugeführter Energie zu reduzieren und zum Beispiel als Wearables den ein oder anderen Akku verzichtbar zu machen. Gleichzeitig kann auch schon kurzfristig eine große Wirkung erzielt werden, wenn die Abwärme der größten Erzeuger genutzt wird – wie Rechenzentren, Kraftwerke oder Automotoren. Vor allem Rechenzentren gehören zu den am schnellsten wachsenden Verursachern von Abwärme, denn rund 40 Prozent ihres Stroms werden für die Kühlung von Maschinen verbraucht. In Schweden werden bereits tausende Haushalte mit Serverwärme beheizt.