In unserem Bemühen, den Energiesektor zu dekarbonisieren, erweist sich die Solarenergie als unverzichtbare und praktisch unerschöpfliche Ressource. Die Herausforderung liegt jedoch in der Unvorhersehbarkeit der solaren Erträge, da sie wetterabhängig sind. Die Vorhersage der fotovoltaischen Stromerzeugung ist nach wie vor eine schwierige Aufgabe, da Bewölkung rasch zu Schwankungen in der Stromerzeugung führen kann. Und eine geringere Leistung macht dann häufig den kostspieligen und umweltschädlichen Einsatz fossiler Brennstoffreserven zur Aufrechterhaltung der Netzstabilität erforderlich.
Der Bedarf an genauen, kurzfristigen Solarenergievorhersagen war daher noch nie so groß wie heute. Eine neue Chance steckt im Nowcasting. Angetrieben von Daten und mithilfe neuer KI-Technologien ermöglicht die Gegenwartsvorhersage einer Vielzahl von Akteuren, fundiertere Entscheidungen für das gesamte Stromnetz zu treffen.
Solar-Nowcasting: Vorhersage der Bestrahlungsstärke in naher Zukunft
Solar-Nowcasting ist eine Methode zur Vorhersage kurzfristiger Schwankungen in der Solarenergieerzeugung. Dabei werden große Datensätze sowie statistische oder maschinelle Lernverfahren verwendet, um Informationen darüber zu erhalten, wie viel Solarenergie in unmittelbarer Zukunft – in der Regel innerhalb der nächsten Stunden – verfügbar sein wird.
Die kurzfristige Prognose kann dabei eine wichtige Rolle bei der Optimierung der Integration von Sonnenenergie in das Stromnetz und für die Steuerung von Energieangebot und -nachfrage spielen. Netzbetreibern und Energieversorgern werden so dabei unterstützt, fundierte Entscheidungen darüber zu treffen, wann Reserve-Energiequellen eingesetzt, überschüssige Energie gespeichert oder Energieeinsparungen gefördert werden sollen. Damit trägt die Bereitstellung präziser Echtzeitinformationen über die Verfügbarkeit von Solarenergie dazu bei, die Stabilität und Zuverlässigkeit erneuerbarer Energiequellen wie der Solarenergie im gesamten Energienetz zu gewährleisten.
Open Climate Fix: Wegbereiter für Solar Nowcasting-Lösungen
Open Climate Fix mit Sitz in London, das sich selbst als Non-Profit Product Lab bezeichnet, erforscht neue Möglichkeiten des Solar-Nowcasting. „Traditionelle Solarenergievorhersagen nutzen keine Satellitendaten und verwenden normalerweise sehr einfache statistische Modelle“, erklärt Kasia Krasucka, Program & Partnerships Manager bei Open Climate Fix. „Wir verwenden riesige Datenmengen, darunter Terabytes an Satellitendaten und Echtzeit-Messwerte von Tausenden von Photovoltaikanlagen.“ Die Daten stammen aus einer Reihe von Quellen, darunter Wolkenbilder von Satelliten, numerische Wettervorhersagen, vertikale Wolkenprofile und geografische Daten. All diese Daten werden zur Entwicklung von Modellen des maschinellen Lernens verwendet, um die Vorhersage von Solaranlagen zu verbessern.
In den nächsten ein bis zwei Jahren will sich das Lab auf die Verfeinerung seiner Modelle und die Vorhersage der Sonneneinstrahlung für kurzfristige Intervalle konzentrieren. Ein aktueller Prototyp ist bereits im Kontrollraum des britischen Stromnetzes National Grid im Einsatz und wurde von verschiedenen Akteuren des Energiemarktes validiert. Kürzlich ausgeweitete Bemühungen zur Erstellung hyperlokaler Solarprognosen haben es sogar schon ermöglicht, die Solarenergieerzeugung in einzelnen Solarparks und -anlagen vorherzusagen.
Mit Blick auf das Jahr 2023 und darüber hinaus wird Open Climate Fix seine Prognosen in Zusammenarbeit mit National Grid kontinuierlich verbessern, wobei der Schwerpunkt auf der Messung von Kosten und den Auswirkungen von CO2-Emissionen liegt. Alle Bemühungen werden durch Beiträge aus der Open-Source-Gemeinschaft unterstützt.
Einführung offener Energiestandards für einen nahtlosen Datenaustausch
Darüber hinaus setzt sich Open Climate Fix für die Einführung offener Energiedatenstandards ein. Dies ist nicht nur für die Unterstützung des Solar-Nowcasting wichtig, sondern auch für ein effizienteres und stabileres Energienetz.
Die Dekarbonisierung des Netzes ist eine gewaltige Aufgabe, und die Vielfalt und Komplexität verteilter Systeme stellt eine Herausforderung für die Kommunikation und den Datenaustausch dar. Offene Datenstandards bauen diese Barrieren ab und ermöglichen es Innovatoren, sich zu beteiligen und gemeinsam an der Transformation des Energienetzes zu arbeiten. Die Standards gewährleisten Datensicherheit, Datenschutz und rechtlichen Schutz und bieten gleichzeitig eine gemeinsame Sprache für Beschreibungen von Energieanlagen, Zugangsprotokolle und die Behandlung nichttechnischer Fragen. Durch die Vereinfachung der Umsetzung und die Konzentration auf unmittelbare Bedürfnisse haben offene Daten zudem das Potenzial, verschiedene Aspekte des Energie-Ökosystems zu verändern, vom Netzmanagement bis zur Politik und mehr.
Das 1,5-Grad-Ziel ist ohne eine echte Transformation unseres Energiesystems unerreichbar. Aber wie kann sie gelingen? Was sind die Energiequellen der Zukunft? Welche digitalen Lösungen stehen bereit und wo sind Innovationen gefragt? Und wie kann die Transformation vorangetrieben werden?
Das RESET-Greenbook „Energiewende- Die Zukunft ist vernetzt“ stellt digitale, innovative Lösungen vor und beleuchtet die Hintergründe.
Der Schlüssel liegt darin, die Implementierung einfach und auf den unmittelbaren Bedarf ausgerichtet zu halten, sie so benutzerfreundlich wie möglich zu gestalten und gleichzeitig das System, in dem sie funktioniert, deutlich zu verbessern. „Wir veröffentlichen unseren Code vor allem deshalb, weil uns Transparenz wichtig ist und wir die offene Zusammenarbeit auf globaler Ebene fördern wollen“, sagt Krasucka dazu. In Indien zum Beispiel arbeitet Open Climate Fix derzeit mit lokalen Forschenden und Ingenieur*innen zusammen, um den Code zu verbessern und für den Einsatz vor Ort zu optimieren.
In einer Welt, in der das Angebot genau auf die Nachfrage im Energienetz abgestimmt werden muss, bringt uns der innovative Ansatz von Open Climate Fix für Solar-Nowcasting einer Zukunft näher, in der erneuerbare Energien nicht nur zuverlässig, sondern auch für Haushalte und Unternehmen leichter zugänglich sind. Das Engagement des Labs für offene Standards und die Kartierung von Solarmodulen ist dabei ein wichtiger Schritt auf dem Weg zu einem nachhaltigen Energie-Ökosystem.