Zwischen Schutzbegleitung, Teamtreffen und Kommunikationsarbeit – Zwei Jahre als Friedensfachkraft in Kolumbien

© Uta Mühleis

Die 35-jährige Diplom-Sozialpädagogin Julia Wältring arbeitete zwei Jahre als mit dem Zivilen Friedensdienst (ZFD) entsendete Friedensfachkraft in Kolumbien. Im Gespräch erläutert sie die Arbeit von peace brigades international (pbi) Colombia, schildert ihren Alltag und ihren Blick auf den ZFD.

Autor*in RESET , 20.05.10

Wie sieht Dein Alltag in Kolumbien aus?

Ich begleite MenschenrechtsverteidigerInnen zu Gerichtsterminen oder bei mehrtägigen Reisen auf dem Land. Ich führe Gespräche mit dem diplomatischen Korps oder mit dem Militär, schreibe Artikel für ‚ColomPBIa‘ und verfasse Abschnitte des monatlichen ‚Focos de Interés‘, beschäftige mich mit Sicherheitsfragen und der Analyse der aktuellen Situation im Land. Darüber hinaus gibt es spezifische Aufgaben in den jeweiligen Teams. 

Welche Schwerpunkte hat das pbi-Kolumbienprojekt?

Einen Schwerpunkt bildet die physische Begleitung, das heißt wir gehen wortwörtlich an der Seite von MenschenrechtsverteidigerInnen. In einem weißen T-Shirt mit dem pbi-Logo begleiten wir auf Anfrage diese Menschen zu einem Gerichtstermin, zu einer Fortbildung mit einer Frauengruppe in einem Stadtviertel oder bei einer mehrtägigen Ermittlungskommission auf dem Land.  

Hast Du während der Begleitung schon einmal heikle Situationen erlebt?

Schon gleich zu Anfang, noch mitten in der Eingewöhnungszeit im pbi-Team in Barrancabermeja, bekam ich hautnah mit, was eine 24-Stunden-Begleitung bedeutet. Die Vorsitzende der Frauenorganisation Organización Femenina Popular (OFP) wurde in ihrer Wohnung überfallen. Mit einer Waffe am Kopf wurde sie beschimpft und es wurde ihr damit gedroht, dass sie 48 Stunden Zeit hätte, Barrancabermeja zu verlassen, sonst würde ihrer Familie etwas angetan werden. Daraufhin bat sie um eine ständige Begleitung von pbi. Das hieß dann, dass wir über Nacht dort blieben und sie auf Schritt und Tritt begleiteten.

Was macht pbi Colombia noch?

Regelmäßige Besuche im Büro der jeweiligen Menschenrechtsorganisation, die Beobachtung öffentlicher Veranstaltungen wie z. B Gemeindeversammlungen und Kundgebungen und die internationale Präsenz bei Rückführungsprozessen vertriebener Gemeinden sowie bei Runden Tischen und Dialogprozessen gehören ebenfalls zu den Schwerpunkten.

Informieren und kommunizieren spielt also eine große Rolle?

Die regelmäßigen Kontakte mit VertreterInnen der nationalen Autoritäten sowie der internationalen Gemeinschaft wie Botschaften und den Vereinten Nationen und mit Abgeordneten in den Heimatländern der pbi-BegleiterInnen sowie mit weiteren Personen, die sich mit politischem Gewicht für Kolumbien engagieren, sind sehr wichtig. Diese Kontaktstellen informieren wir regelmäßig über unsere Arbeit und über die Situation der von uns begleiteten Organisationen. Neben den regelmäßigen Gesprächen erstellen wir vierteljährlich die Zeitschrift ‚ColomPBIa‘ und berichten monatlich für die Mitglieder unseres weltweiten Alarmnetzwerkes über besorgniserregende Vorfälle.

Während in den hiesigen Medien viel über die Wiederaufbauarbeit etwa der deutschen Bundeswehr in Afghanistan berichtet wird, bleiben die Errungenschaften des zivilen Friedensdienstes meist außen vor. Hat die zivile Friedensarbeit ein Aufmerksamkeitsdefizit?

Die zivile Friedensarbeit könnte sicherlich mehr Aufmerksamkeit vertragen und hat diese verdient! Aber es ist schwer, die ja dann doch eher „sensationslose“ Arbeit in die Medien zu bringen. Da braucht es interessante und innovative Ideen, um Interesse in der Gesellschaft zu wecken, sowohl um über diese Arbeit zu informieren als auch neue ZFD-Fachkräfte zu gewinnen. Zudem habe ich den Eindruck, dass viele Menschen das Konzept der zivilen Friedensarbeit mit Altruismus, Träumerei oder Abenteuer verbinden, es aber noch nicht als mögliche und gewaltfreie Alternative zu militärischer Konfliktlösung begreifen.

Das komplette Interview lesen Sie in pbi-Rundbrief 01/2010:

http://www.pbideutschland.de/country-groups/pbi-germany/publikationen/rundbriefe/ 

CO2-Speicherung: Das Startup Carbonsate will das klimaschädliche Gas unter die Erde bringen

Die Klimaziele sind kaum mehr erreichbar, ohne das bereits vorhandene CO2 aus der Atmosphäre zu holen. Ist Carbonsate Teil der Lösung?

Berlin belohnt Reparatur von Smartphones und Co.: So funktioniert der neue Reparaturbonus

Seit September 2024 zahlt Berlin einen Zuschuss, wenn Verbraucher:innen ihre Elektrogeräte reparieren lassen. In Sachsen und Thüringen gibt es den Reparaturbonus schon – höchste Zeit für die bundesweite Einführung.

Wird der digitale Produktpass die Modebranche verändern?

Der digitale Produktpass informiert Verbraucher:innen über die Nachhaltigkeit ihrer Kleidung. Wird er die CO2-Emissionen der Branche reduzieren?

© RESET / Benjamin Lucks
Wie wirksam sind soziale Medien bei der Bekämpfung der Klimakrise?

Sozialen Medien wird nachgesagt, gleichzeitig Aktivismus zu stärken als auch Fake News zu verbreiten. Hier fragen wir nach den Auswirkungen von Insta und Co. auf den Kampf gegen den Klimawandel.

Logo Digitaler Datenputz
© Corporate Digitale Responsibility Intiative
Aufräumen mit dem „Digitalen Datenputz“: Die Aktion zeigt, wie digitales Arbeiten nachhaltiger wird

In E-Mail-Postfächern, auf Festplatten und in der Cloud liegt jede Menge Datenmüll. Der „Digitale Datenputz“ hilft Mitarbeitenden beim Ausmisten. Die Aktion findet zwischen dem 16. und 27. September statt – RESET macht mit.

Digitale Sprachbarrieren abbauen: Simba will das Internet für alle verständlicher machen

Forschende des HIIG haben eine frei verfügbare KI-Anwendung entwickelt, die Sprachbarrieren reduziert, indem sie Online-Texte vereinfacht.

Modeindustrie: Mischtextilien könnten dank neuer Forschung bald recycelbar sein

Die Modeindustrie produziert unendlich viel Textilabfall, der nicht immer recycelt werden kann. Forschende haben jetzt eine neue Methode für das Recycling von Mischtextilien entwickelt.

©
Mission Klimaneutralität: So kommen wir ans Ziel

Wie wird Deutschland bis 2040 klimaneutral? Und welche Rolle spielen dabei digitale Lösungen? Unsere Microsite gibt einen Überblick.