Zu wenig Updates: Haben Refurbished-Phones ein Software-Problem?

Die Update-Versprechen von Handy-Herstellern sind noch immer zu kurz. Ist das ein Problem für Refurbished-Handys?

Autor*in Benjamin Lucks, 21.08.23

Übersetzung Christian Nathler:

Generalüberholte Geräte sind eine sehr gute Möglichkeit, beim Technikkauf die Umwelt zu schonen. Darüber berichten nicht nur wir bei RESET seit geraumer Zeit – eine neue Studie von Back Market und der The French Agency for Ecological Transition konnte die Vorteile für unsere Umwelt jetzt noch einmal empirisch beweisen.

Demnach seien die Auswirkungen auf die Umwelt in den Produktkategorien Smartphones, Tablets, Laptops und Desktop-PCs im Durchschnitt über 90 Prozent geringer, wenn sie generalüberholt gekauft würden. Während die Einsparung von CO2-Äquivalenten bei knapp 90 Prozent liegt, spart man beim Refurbished-Kauf fast 95 Prozent Wasser und etwa 94 Prozent an Rohmaterialien ein. Gleichzeitig trägt das Wiederaufbereiten alter Hardware zur Verminderung von Elektroschrott bei.

Dass ältere Hardware durchaus eine Zukunft hat, zeigen auch Initiativen wie „Hey, Alter“, die ausrangierte Laptops und Tablets an Schüler*innen verteilen, die sich neue Technik nicht leisten können. Ein zentraler Aspekt in der Aufbereitung der alten Computer ist dabei die Installation eines sicheren und zukunftssicheren Betriebssystems.

Und genau das ist ein Aspekt, den die Studie von Back Market überraschend wenig beachtet.

Software-Updates bei Smartphones noch immer Mangelware

Hersteller liefern neue Smartphones in den meisten Fällen mit einem aktuellen Betriebssystem aus. Doch ab dem Zeitpunkt des Releases läuft der Countdown für die Gewährleistung an Updates, die der Hersteller für das Gerät bereitstellt. Während einige Hersteller hier mehr als fünf Jahre garantieren, gibt es auch Geräte, die nur zwei oder drei Jahre lang neue Aktualisierungen bekommen.

Grob teilt sich der Markt dabei in das von Google betriebene Betriebssystem „Android“ und Apples Betriebssystem „iOS“ auf. Während Käufer*innen eines iPhones von einer überdurchschnittlich langen Versorgung mit Updates profitieren, bleiben Android-Handys mitunter nur wenige Jahre lang aktuell. Apple profitiert dabei von seinem geschlossenen Ökosystem, das aus wenigen Geräten besteht. Das bedeutet, neue Betriebssystem-Versionen müssen nur für eine geringe Anzahl an Smartphones angepasst werden.

Bei Android hingegen stellt Google neue Android-Versionen bereit, welche dann seitens der Hersteller für ihre eigenen Geräte angepasst werden müssen. Und für diese ist die Produktpflege älterer Geräte recht kostspielig und entsprechend unattraktiv.

Strengere Vorschriften bezüglich der Update-Gewährleistung von Smartphones führt die EU erst Ende 2024 ein. Danach müssen Hersteller fünf Jahre nach der Veröffentlichung eines Geräts sowohl Funktions- als auch Sicherheitsupdates bereitstellen. Aber wie ist das aktuell und bei Geräten, die schon einige Jahre alt sind?

Kaufen wir beim Refurbished-Kauf also ständig generalüberholte Geräte mit veralteter Software?

Wie gehen Refurbished-Anbieter mit Software-Updates um?

Im Produktkatalog von Anbietern wie Back Market, Refurbed oder auch Rebuy gibt es etliche Geräte, deren Software-Support bereits ausgelaufen ist. Laut Back Market seien neue Updates jedoch nicht zwingend erforderlich, um ein Gerät optimal nutzen zu können. Wie uns Back Market verriet, seien viele moderne Apps auch mit älteren Betriebssystem-Versionen kompatibel. Funktionale Einschränkungen gebe es daher eher weniger.

Darüber hinaus sorgen die Expert*innen von Back Market dafür, „dass die Geräte auf unserer Plattform in bestmöglichem Zustand sind und reibungslos funktionieren“. Als Marktplatz fordere man Händler zudem dazu auf, „während des Listingprozesses Informationen über Software-Updates zur Verfügung zu stellen, um Kund*innen zu informieren.“ Um die Transparenz bezüglich der Bereitstellung von Software-Updates zu verbessern, arbeite man darüber hinaus mit einer externen Datenbank zusammen, um die „Auto Update Expiration“ und weitere Informationen bezüglich der Gerätefunktionalität abzurufen.

Verbessern ließe sich die Update-Gewährleistung von Android-Smartphones im Refurbished-Prozess aber schon – zumindest theoretisch. Denn Googles Betriebssystem ist quelloffen und so gibt es herstellerunabhängige Versionen, die sich auf älteren Geräten installieren ließen. Die Installation alternativer Android-Versionen als Teil des Refurbished-Prozesses aufzunehmen, schließt Back Market allerdings aus.

Was bedeutet „Rooten“?

Durch das „Rooten“ erlangt man auf Android-Smartphones Administratorrechte. Dadurch lassen sich weitere Funktionen freischalten und alternative Android-Versionen auf Geräten installieren.

Während das „Rooten“ technisch ungefährlich ist, erlischt bei den meisten Geräten die Herstellergarantie. Gleichzeitig lassen sich etwa das digitale Bezahlen oder das Online-Banking nur eingeschränkt oder gar nicht mehr nutzen.

Denn um diese zu installieren, muss ein Gerät gerootet werden. Und hierbei würden „wichtige Sicherheitsmaßnahmen umgangen und Funktionen wie NFC-Zahlungen oder der Zugriff auf Banking-Apps können beeinträchtigt werden.“

10-Jahre-Telefon soll Lebenszyklen verbessern

Da alternative Android-Versionen keine Option sind, müssten Hersteller aktiv werden, um die Lebensdauer ihrer Geräte zu verlängern. Back Market versucht als Mitglied des Ausschusses der Europäischen Kampagne für das Recht auf Reparatur mehr Druck auf Anbieter auszuüben. Darüber hinaus setzt sich das Unternehmen für die Kampagne „10-year-phone!“ ein.

In dieser fordert die Europäische Kommission aktiv dazu auf, dass Bürger*innen ihre Handys mindestens 10 Jahre lang nutzen können. Die Forderungen umfassen neben der einfacheren Demontage von Handys, der längeren Verfügbarkeit von Ersatzteilen sowie erweiterten Reparaturinformationen auch die Bereitstellung von Software-Updates über einen Zeitraum von 10 Jahren.

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© Fairphone
Selbst nachhaltige Smartphones wie das Fairphone bieten keine dauerhafte Update-Gewährleistung.

Mit diesen Anforderungen wäre es für Kund*innen deutlich lohnenswerter, beim Smartphone-Kauf auf Gebrauchtgeräte zurückzugreifen. Gleichzeitig würden längere Update-Gewährleistungen modulare Smartphones wie das Fairphone oder das Shiftphone attraktiver machen.

Denn beide Hersteller zeigen: Es ist technisch durchaus möglich ist, Smartphones so zu entwickeln, dass sich defekte oder veraltete Komponenten austauschen ließen. Kund*innen bekommen dabei zwar eine lange Update-Gewährleistung, an ein „10-year-phone“ ist aber noch nicht zu denken. Das Fairphone 2 etwa erhielt im März 2023 das letzte Sicherheits-Update – erschienen ist es im Jahr 2015. Somit wurde es acht Jahre lang mit Updates versorgt.

Selbst Hersteller, die stark auf die Langlebigkeit ihrer Produkte achten, kommen also kaum an der Hürde der Software-Updates vorbei. Und auch wenn sich die Geräte nachher weiternutzen lassen: Ein Smartphone wird ohne Sicherheits-Updates unsicher. Daher sind Kampagnen wie das „10-year-phone“ oder auch die neuen EU-Regelungen ein wichtiger Schritt für eine erfolgreiche Kreislaufwirtschaft bei Smartphones. Auch, wenn das für Hersteller nicht unbedingt attraktiv ist.

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