Zu viel Schrott im All: Baukasten-Satelliten gegen Weltraum-Müll

Auch die Satelliten der NASA könnten vom Baukastenprinzip profitieren. Quelle: NASA

Müll soweit das Auge reicht – und noch viel weiter. Denn auch im Weltall haben wir in den letzten Jahrzehnten tonnenweise Schrott hinterlassen. Forscher der TU Berlin wollen die Raumfahrt jetzt grüner machen. Mit dem Projekt „iBOSS“ kommen Satelliten in Zukunft als Baukastensystem daher.

Autor*in Laura Holzäpfel, 04.11.14

Sputnik 1 – so hieß der erste Satellit, der 1957 in die Erdumlaufbahn geschossen wurde. Mit ihm begann das Zeitalter der Raumfahrt. Und leider auch das des Weltraumschrotts. Denn seitdem haben sich beachtliche 6.300 Tonnen Raumfahrtmüll in der Umlaufbahn angesammelt (Quelle: US Space Surveillance Network). „Auch noch 57 Jahre nach dem Bau des ersten Satelliten, werden die Systeme so konstruiert, dass sie nicht zu reparieren sind. Es sind monolithische Objekte, man könnte auch sagen Wegwerfsysteme“, erklärt Raumfahrtexpertin Jana Weise.
Sie ist die Koordinatorin des Projektes „iBOSS“ der TU Berlin. Die Abkürzung iBOSS steht für „Intelligente Baukastenkonzepte für das On-Orbit-Satelliten-Servicing“. Durch iBoss sollen Satelliten in Zukunft nach dem Lego-Prinzip zusammengebaut werden. Der Vorteil dabei: Die einzelnen Komponenten könnten repariert oder ausgetauscht werden, ohne das gesamte System entsorgen zu müssen.

Die Raumfahrt wird ‚grün‘

„Wir haben den Satelliten daher in die Komponenten seiner einzelnen Subsysteme wie etwa die Energieversorgung, die Lageregelung oder die Kommunikation zerlegt. Diese Komponenten verpacken wir in würfelförmige Bausteine mit einer Kantenlänge von circa 40 Zentimetern. In einem Würfel ist zum Beispiel eine Sternkamera untergebracht, in einem anderen eine Batterie und in einem dritten das Funksystem“, erklärt Weise. Ähnlich wie das Projekt Ara von Google, welches ein Handy aus Modulen für den Beginn 2015 auf den Markt bringen möchte, könnte iBOSS für die Raumfahrtbranche einen Weg aus der Wegwerfgesellschaft weisen.

„Der Nachhaltigkeitsgedanke kommt in der Raumfahrt bislang kaum vor. Mit unserem Baustein-Konzept, bestehend aus reparaturfähigen standardisierten Modulen, wollen wir beginnen, auch die Raumfahrt ‚grün‘ zu machen“, formuliert Weise die Zukunftsziele des Projektes. Die Reparatur der Satelliten würde dann ein sogenannter Service-Satellit übernehmen, der mit allen dazu benötigten Fähigkeiten ausgestattet ist. Schon im Jahr 2020 könnte das Projekt praktisch umgesetzt und der erste modulare Satellit ins All geschickt werden.

Auch hier auf der Erde haben wir bereits von großartigen Ideen gegen den Müll gehört: Wie ein 19-Jähriger die Säuberung der Meere übernimmt und wie eine „Verfalls“-App für Lebensmittel diese vor der Tonne retten will, liest du u.a. in unseren RESET-Artikeln zum Thema Grüner Alltag.

Stück für Stück: Projekt Ara macht das Handy zum Baukasten

Das Handy als Black Box. So könnte man es schon verstehen, wenn man bei so manchem Modell sogar zum Herausnehmen des Akkus einen Fachmann benötigt. Anders soll das jetzt mit dem Projekt Ara von Google werden. Hier kommt das Smartphone in vielen kleinen Einzelteilen daher.

Produkt-Recycling kontra Wegwerfgesellschaft

Industriezeitalter, Computerzeitalter, Informationszeitalter, all diese Namen wurden unserer Zeit schon gegeben; am treffendsten dürfte aber "Wegwerfgesellschaft" sein. Viele Waren kosten heute kaum mehr etwas. Computer, Telefone, Fernseher: hochkomplexe Gebilde aus verschiedensten Materialien, für wenig Geld erworben und nur für kürzeste Zeit in Nutzung, bis ein neueres Modell angesagt ist. Geht es vielleicht auch anders?