Die Textilbranche ist nach der Ölindustrie einer der dreckigsten und umweltschädlichsten Geschäftszweige schlechthin. Allein beim Anbau und der Verarbeitung von Baumwolle, der gängigsten Faser in der Textilbranche, werden für jedes Kleidungsstück etliche tausend Liter Wasser aufgewendet, Schädlingsbekämpfungsmittel eingesetzt und in den meisten Fällen toxische Chemikalien für das Färben, Imprägnieren und Waschen der Textilien benutzt. Die giftigen Abwässer verschmutzen dann Grundwasser, Boden und nicht zuletzt die Arbeiter*innen in den Herstellerländern, wie Taiwan, China oder Indien.
Die Textilindustrie kennt das Problem und versucht, die verunsicherten Verbraucher durch öffentlichkeitswirksame Nachhaltigkeitsstrategien zu beruhigen. Fast-Fashion-Giganten, wie beispielsweise H&M, fordern Kunden zur Rückgabe ausrangierter Kleidung auf und suggerieren so fälschlicherweise, sie würden die eingesammelten Textilien zu neuer Mode recyceln. Ein weiterer Trend sind Produktlinien aus „organic cotton“, die das Gewissen des Kunden beim Kauf einer neuen Jeans beruhigen sollen. Der zugrunde liegende Verkaufsethos wird dadurch jedoch nicht verbessert: Jede Woche eine neue Kollektion, wer nicht kauft ist modisch hinterher.
So kurzlebig wie die Trends verhält sich leider auch die Haltbarkeit der angebotenen Ware und vieles landet schon nach wenigen Wäschen in der Altkleiderkammer oder direkt im Müll. Die Bewegung „Zero Waste Fashion“ will dem textilen Schnellkonsum entgegentreten und durch langlebige, zeitlose Mode die Textilindustrie umweltfreundlicher machen.
Zero Waste Fashion statt Wegwerfmode
Textilien landet nicht nur nach, sondern bereits vor dem Tragen im Müll: Etwa 20 Prozent aller hergestellten Textilen wandern bei der herkömmlichen Verarbeitung als „Verschnitt“ oder Reststoff in der Tonne. Bedenkt man, dass laut WWF für die Produktion von nur einem Kilogramm Baumwollfasern etwa 24 000 Liter Wasser nötig sind, ist das eine absurde Verschwendung. Zero Waste Fashion setzt daher auf Schnittmuster, bei denen im besten Fall genau null Prozent Abfall entstehen. So sollen wertvolle Ressourcen geschont werden. Natürlich bedeutet diese Arbeitsweise, dass Schnitte genau geplant werden müssen, um die Stoffbahnen optimal auszunutzen. Das dauert länger als das schnelle Herausschneiden einer Form und trifft somit in der auf Effizienz und Niedrigkosten getrimmten Textilindustrie eher auf mäßige Begeisterung. Zero Waste Designer achten bei ihren Entwürfen außerdem darauf, dass die Mode möglichst langlebig und zeitlos tragbar ist. Die nachhaltigen Kleidungsstücke gibt es von einigen kleinen Designern, mittlerweile allerdings auch von größeren Anbietern wie beispielsweise Hessnatur.
Wegen der noch hohen Kosten für einzelne Kleidungsstücke und dem schmalen Angebot ist es unwahrscheinlich, dass die abfallfreie Mode in absehbarer Zeit die konventionelle Modeindustrie ablösen kann. Wenn Zero Waste Fashion als „Slow Fashion“ jedoch die gleiche Karriere hinlegt wie Slow Food in der Lebensmittelindustrie, dürfen wir auf die weitere Entwicklung bereits gespannt sein.