Map Kibera: Wie digitale Graswurzel-Projekte Nairobis Slums empowern

Mit dem GPS-Gerät werden wichtige Punkte in den Slums in Karten erfasst

Kibera, der größte Slum Nairobis, war vor zehn Jahren nur ein weißer Fleck auf der Karte. Das hat sich geändert: In einem Mapping-Projekt erfassen die Bewohner*innen das Gebiet und stärken so den Slum – und sich selbst.

Autor*in Jasmina Schmidt, 20.08.19

Übersetzung Jasmina Schmidt:

Schnell mal nachschauen, wie man am besten von A nach B kommt? Die Nutzung von mobilem Kartenmaterial per Smartphone ist für die meisten für uns eine Selbstverständlichkeit. Was wir dabei oft vergessen: Diese Karten wurden zuvor von jemandem erstellt. Das bedeutet im Umkehrschluss, dass schwer erreichbare Gebiete oder Orte, die sich für die Hersteller dieser Anwendungen nicht “lohnen”, auch oft nicht oder nicht vollständig abgebildet werden. Ähnlich ist das auch bei Gegenden, die sehr schnell wachsen. Vor allem in vielen afrikanischen Städten steigt die Einwohnerzahl stetig an. In Kenia zum Beispiel lag die urbane Wachstumsrate im Jahr 2018 bei vier Prozent. Das liegt weit über dem generellen Bevölkerungswachstum des ostafrikanischen Landes. Nairobi, die Hauptstadt Kenias, hatte beim letzten Zensus im Jahr 2009 etwa 3,1 Millionen Einwohner*innen, inzwischen sind es wahrscheinlich über 3,5 Millionen. Ein sehr großer Teil davon lebt in Slums. Laut der Organisation Kibera UK leben über 60 Prozent von Nairobis Bürger*innen auf nur sechs Prozent der Landfläche. Es wird geschätzt, dass etwa 2,5 Millionen Menschen in etwa 200 Siedlungen leben, die als Slums gelten. Diese Gebiete sind sehr oft nicht oder nicht ausreichend in kartografischem Material erfasst.

Kibera, der größte Slum Nairobis, war lange ein weißer Fleck auf der Karte. Um das zu ändern, wurde im Jahr 2009 das Projekt Map Kibera ins Leben gerufen. Junge Menschen aus Kibera wurden dazu trainiert, mit GPS-Geräten und Computern Karteninformationen zu bearbeiten und hochzuladen, aber auch komplexere Kartografien zu erstellen. Dabei geht es um mehr als nur Straßen. Die Kartierungen können über allgemeine Merkmale, wie Wege des Slums, hinausgehen und umfassen Informationen wie Kliniken, Wasserstellen und Märkte. In Zusammenarbeit mit OpenStreetMap wird so eine frei zugängliche und frei bearbeitbare Karte von einer Gegend erstellt, die sonst keine Beachtung finden würde. Das kann dann eine große Hilfe sein für andere Projekte, die sich z.B. mit Infrastruktur oder Gesundheitsversorgung auseinandersetzen. Somit muss nicht jedes einzelne Projekt seine eigenen Daten erheben, was sehr zeit- und kostenintensiv ist. Diese Ressourcen können dann stattdessen direkt im jeweiligen Projekt genutzt werden.

Das Projekt Map Kibera feiert in diesem Jahr sein zehnjähriges Bestehen und hat in der Zwischenzeit weitere Ideen verwirklicht. Neben dem Mapping soll den Bewohner*innen der marginalisierten Gemeinden mithilfe von Online-Videos, Blogs und Berichten auf Ushahidi-Plattformen eine Stimme gegeben werden. Ushahidi ist ein soziales Unternehmen, das Software und Dienstleistungen für zahlreiche Branchen und die Zivilgesellschaft bereitstellt, um den Informationsfluss von unten nach oben zu verbessern. Damit werden lokale Nachrichten für die dort lebenden Menschen aufbereitet und eine lokale Perspektive kann online präsentiert werden. Das ist vor allem wichtig für Gegenden, in denen es keine formalen Informations- und Medienquellen gibt. Problematiken können so konzentrierter und formalisierter in die Öffentlichkeit getragen werden. Die Teams berichten über alles, was für die Gemeinden relevant ist, einschließlich aktueller Nachrichten, kritischer Sachverhalte und Informationen zu sonst weniger bekannten lokalen Bemühungen oder Talenten. Für die Ushahidi-Websites wird die Integration von SMS angewandt, damit Anwohner und die eigenen Reporter von Map Kibera Nachrichten für das Redaktionsteam schreiben und auf den Websites veröffentlichen können.

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