Biogasanlagen sind eines der wichtigsten Standbeine der Energiewende in Deutschland. Über 8000 Biogasanlagen werden aktuell in Deutschland betrieben, die für fast 60 Prozent des gesamten Stroms aus erneuerbaren Energien verantwortlich sind. Dass Biogasanlagen für Landwirte eine rentable Möglichkeit sind, Dung und Erntereste zu verwerten, liegt vor allem am Erneuerbare-Energien-Gesetz. Darin ist festgelegt, dass die Betreiber von Anlagen für erneuerbare Energien – also auch Biogasanlagen – als Kompensation für die entstehenden Kosten eine Einspeisevergütung für den ins Netz eingespeisten Strom erhalten. Eine geplante Novelle des EEGs will die Einspeisevergütungen jedoch so weit verringern, dass das Geschäft mit Biogas kaum noch rentabel wäre.
Das Fraunhofer-Institut für Keramische Technologien und Systeme (IKTS) in Dresden sucht daher nach alternativen Möglichkeiten, die Erzeugnisse von Biogasanlagen zu verwerten und zu vermarkten. Jetzt ist es den Forschern gelungen, aus dem bei der Produktion von Biogas als Abfallprodukt anfallendem Kohlenstoffdioxid ein hochwertiges Biowachs zu synthetisieren. Gemeinsam mit Kooperationspartnern aus vier sächsischen Unternehmen und der Technischen Bergakademie Freiberg plant das Fraunhofer IKTS eine Demonstrationsanlage, die die Wirtschaftlichkeit der Biowachsproduktion testen und bewertbar machen soll.
Biowachs als Erdölersatz in Kosmetik und Maschinenbau
Hauptziel der Wissenschaftler ist es, die Biogasbauern von den staatlichen Förderungen unabhängiger zu machen. „Die Umsetzung von Biogas zu Biowachsen stellt dabei eine aussichtsreiche Zukunftsoption für bestehende Anlagen dar“, erklärt dazu Dr. Erik Reichelt vom Fraunhofer IKTS. Die Wachse eignen sich durch ihre Reinheit besonders für den Einsatz in der Kosmetikindustrie, in der bisher vor allem auf Erdöl zurückgegriffen wird. Auch die Bio-Kosmetikbranche dürfte sich über eine nachhaltige Alternative zu Bienenwachs für Cremes und Co. freuen.
Doch das Biowachs hätte auch noch andere Einsatzmöglichkeiten, beispielsweise als Schmierstoff in der Industrie oder in Motoren. „Die Reinheit der Wachse garantiert stets eine definierte Produktzusammensetzung und somit verlässliche Eigenschaften, die mit erdölbasierten Schmierstoffen nicht vollumfänglich erreichbar sind“, betonen die Projektbeteiligten vom IKTS.
Wie wird das Biowachs hergestellt?
Als Endprodukte des Vergärungsprozesses in einem Biogasmeiler entstehen zunächst einmal Biogas und ein als Dünger einsetzbarerer fester Gärrest. Das Biogas besteht hauptbestandteilig aus Methan und Kohlenstoffdioxid. Um das Biogas in das öffentliche Erdgasnetz einspeisen zu dürfen, muss der Kohlenstoffdioxidanteil aus dem Biogas entfernt werden – mit diesem Rest arbeiten die Forscher im Rahmen des Biowachs-Projektes. Um das Wachs zu gewinnen, wird das CO2 zunächst zusammen mit Wasserstoff in einem Biogasreformer zu Synthesegas umgewandelt. Aus diesem Gas entsteht dann über eine sogenannte Fischer-Tropsch-Synthese das hochwertige Wachs.
Demonstrationsanlage wird gebaut
Die geplante Demonstrationsanlage soll an die Biogasanlage der im sächsischen Thallwitz ansässigen Firma Ökotec Anlagenbau GmbH angeschlossen werden. Die notwendigen Bauteile für die Anlage, bestehend aus Reformer und Fischer-Tropsch-Reaktor,Biogas liefern das Fraunhofer Institut und seine Partner von der TU Bergakademie Freiberg und der DBI Gas- und Umwelttechnik GmbH.
„Mit dem erfolgreichen Projektabschluss können wir eine Technologie anbieten, bei dem unsere Kunden erstmals eine Wahl haben zwischen Energieerzeugung und Herstellung von nachhaltigen Produkten. Für die Biogasbranche werden damit ganz neue Perspektiven aufgezeigt“, erklärt Gerhard Wilhelm, Geschäftsführer der Firma Ökotec Anlagenbau GmbH.