In der Europäischen Union wurden 2018 rund 76 Prozent aller inländischen Güter über die Straße transportiert. Und in den letzten Jahren ist diese Zahl noch weiter gestiegen. Der Gütertransport über die Schiene ist dagegen zurückgegangen. Dabei ist der Schienenverkehr in der Regel viermal effizienter im Hinblick auf den Kraftstoffverbrauch als Lkws und stößt 75 Prozent weniger Treibhausgase aus.
In Deutschland, wo nur ein Bruchteil der Unternehmen an das Schienennetz angeschlossen sind, werden derzeit nur etwa 19 Prozent der Güter auf der Schiene transportiert. Die Schweiz dagegen wickelt den Güterverkehr überwiegend per Güterzug ab. Doch solange das europäische Schienennetz nicht ausreichend Kapazitäten hat, um den größten Teil des Transportbedarfs zu decken, wird ein großer Teil der Güter weiterhin per Lkw befördert werden.
Aktuell sieht es nicht so aus, als würde der Güterverkehr in absehbarer Zeit zurückgehen: Der E-Commerce boomt und belastet die bestehenden Straßen- und Schienenverkehrswege weiter. Doch die Klimaziele lassen sich nur mit einer Mobilitätswende erreichen – und dazu gehört auch eine umweltbewusste Transportlogistik. Der zusätzliche Effekt: Auch die Abgase in den Städten würden sinken und damit auch die gesundheitsschädlichen Feinstaubemissionen, wie sie herkömmliche Dieselfahrzeuge freisetzen.
Deshalb gibt es in der EU bereits Vorgaben für Flottenbetreibende: Bis 2025 müssen Neufahrzeuge 15 Prozent weniger CO2 gegenüber 2019 ausstoßen, bis 2030 sollen es 30 Prozent sein.
Könnten batterieelektrische Lkw eine Lösung sein?
So deutlich die Zahlen auch sind – die Strecken und Infrastruktur der europäischen Eisenbahn können aktuell nicht den Bedarf im Gütertransport abdecken. Das geht nur mit einem massiven Ausbau der Streckennetze, doch das steht in Deutschland leider viel zu weit hinten auf der politischen Agenda.
Wie also könnten kurz- und mittelfristige Lösungen aussehen, um die CO2-Emissionen in der Logistik zu senken?
Eine Studie, die verschiedene Modelle schwerer Nutzfahrzeuge und Kraftstoffe auf dem europäischen Markt untersuchte, zeigt, dass batterieelektrische Lkw alle anderen Modelle deutlich übertreffen. Im Vergleich zu Diesel-, Erdgas- und Wasserstofffahrzeugen verursachen sie mindestens 63 Prozent weniger Emissionen. Werden sie vollständig mit erneuerbarem Strom betrieben, können die Emissionen sogar um bis zu 92 Prozent schrumpfen. Die vergleichende Analyse, die das ifeu im Projekt „My eRoads“ erstellt hat geht davon aus, dass batterieelektrische Trucks gegenüber Diesel-Trucks etwa die Hälfte der CO2-Emissionen einsparen können – Stromerzeugung und Herstellung der Fahrzeuge sind hier mit eingerechnet.
Die Analyse des ifeu als auch eine Studie von McKinsey, gehen davon aus, dass E-Lkw in Europa, den USA und China schon 2030 bei den Neuzulassungen dominieren könnten.
Tatsächlich nimmt der Ausbau der E-Trucks langsam an Fahrt auf; mehr und mehr neue Fahrzeugmodelle kommen auf den Markt. Weiteren Antrieb könnten die Betriebskosten geben, denn laut der McKinsey-Analyse werden 2030 batterieelektrische und brennstoffzellenbetriebene Lkw in fast allen Segmenten günstiger sein als dieselbetriebene Lkw.
Allerdings sind noch erhebliche Investitionen in die Produktionskapazitäten und Ladeinfrastruktur notwendig. Für städtische Betriebe wie die Abfallwirtschaft oder Verkehrsgesellschaften sollte die Umstellung auf E-Mobility keine großen Hürden darstellen – da diese Fahrzeuge keine weiten Strecken zurücklegen müssen, können diese ohne viel Aufwand auf den Betriebshöfen geladen werden. Langstreckentransporte sind jedoch auf ein dichtes Netz an Ladesäulen angewiesen. Oberleitungs-Lkw und induktives Laden könnten hier dafür sorgen, die Entwicklungen massiv zu beschleunigen.
Was kann schon jetzt getan werden?
In Anbetracht der tickenden Klimauhr und der dringend nötigen Reduzierung der CO2-Emissionen auf unseren Straßen sollte also an erster Stelle das Schienennetz massiv ausgebaut und gleichzeitig mit entsprechende Push-and-Pull-Maßnahmen die Umstellung auf E-Trucks weiter vorangetrieben werden. Denn auch wenn diese mindestens die Hälfte der CO2-Emissionen im Vergleich zu Verbrennern einsparen können, so könnte die Bahn sogar auf nahezu null Emissionen kommen.
Gleichzeitig sollte die Tatsache, dass trotz steigender Neuzulassungen an E-Trucks auch 2030 immer noch eine Menge Verbrenner über die Straßen rollen werden, nicht vergessen werden. Daher stellt sich die Frage: Was sind weitere Möglichkeiten, die CO2-Emissionen in bereits bestehenden Flotten schnellstmöglich zu senken?
Mobilitätswende – Smart in Richtung Klimaneutralität
Autonome Fahrzeuge, E-Mobility, intelligente Verkehrsplanung, multimodal durch die Stadt – wie sieht die Mobilität von morgen aus? Wir stellen nachhaltig-digitale Lösungen für eine klimaneutrale Fortbewegung und Logistik vor und diskutieren neue Herausforderungen der „digitalen“ Mobilität: Mobilitätswende – Smart in Richtung Klimaneutralität
Eine wichtige Maßnahme ist ein effizienterer Lkw-Betrieb, denn das minimiert den unnötigen Einsatz von Ressourcen und Energie und bietet zudem wirtschaftliche Vorteile für Logistikunternehmen. Verschiedene Projekte setzen auf digitale Technologien, um die Effizienz von Lkws in Bezug auf deren Kraftstoffverbrauch zu verbessern.
Das Projekt „FvfT“ zum Beispiel hat eine Anwendung auf Basis künstlicher Intelligenz (KI) entwickelt, um den Kraftstoffverbrauch für einzelne Fahrten vorherzusagen und zu optimieren und so die damit verbundenen Emissionen zu verringern.
Bisher basieren die meisten Kraftstoffverbrauchsprognosen ausschließlich auf Durchschnittswerten, womit es kaum möglich ist, den Verbrauch für einzelne Fahrzeuge, Routen oder bestimmte Tage zu prognostizieren. Mit der Anwendung, die im Projekt FvfT entwickelt wird, sind dagegen individuelle Vorhersagen des Kraftstoffverbrauchs für Lkw-Fahrten möglich. Dazu werden Daten über das Verkehrsaufkommen verknüpft, um Geschwindigkeiten und Fahrverhalten vorherzusagen.
Mit dieser Entwicklung kann nun die Strecke mit dem geringsten Kraftstoffverbrauch ermittelt werden und auf der Webseite forecast.tracks.eco können Vorhersagen für individuelle Fahrten berechnet werden.
Wie digitale Tools den Wandel vorantreiben können
Das Projekt zeigt, dass digitale Tools mehr Transparenz in den Ressourcenverbrauch bringen können und so Unternehmen ermöglichen, die Umweltauswirkungen ihrer Transportvorgänge zu bewerten und Entscheidungen darüber zu treffen, wie sie ihren CO2-Fußabdruck verringern können.
Weitere Möglichkeiten digitaler Anwendungen sind, die Zahl der Leerfahrten von Lkw zu verringern, indem datengesteuerter Systeme beispielsweise Prognosen über verfügbare Frachtvolumen ermitteln. Die Logik dahinter ist ganz einfach: Weniger Fahrten bedeuten weniger Lkws auf der Straße, was wiederum den CO2-Fußabdruck verringert.
Solche Prognosen sind bisher jedoch noch nicht verfügbar. Eine entsprechende Anwendung soll nun im Projekt KITE entwickelt werden.
Bisher sind das natürlich vor allem Potenziale. Die mit diesen Anwendungen tatsächlich möglichen Einsparungen werden sich noch in Forschung und Praxis zeigen müssen.
Was bedeutet das für die Zukunft?
Klar ist, dass für eine nachhaltige Lieferkette der Lkw-Transport nicht der richtige Weg ist, wenn wir unsere Klimaziele erreichen wollen. Selbst wenn man auf Elektromobilität umstellt, wird der Schienenverkehr immer die effizientere Wahl bleiben als Straßen, die mit einzelnen Schwerlastfahrzeugen gefüllt sind.
Aber unsere Eisenbahninfrastruktur hat noch einen langen Weg vor sich, da für den weiteren Ausbau große finanzielle Mittel nötig sind – und auch der politische Wille. Bis dahin kann der intelligente Einsatz von Technologien die Transparenz und Effizienz unserer derzeitigen Lieferketten erhöhen.
Dieser Artikel gehört zum Dossier „Mobilitätswende – Smart in Richtung Klimaneutralität“. Das Dossier ist Teil der Projekt-Förderung der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU), in deren Rahmen wir vier Dossiers zum Thema „Mission Klimaneutralität – Mit digitalen Lösungen die Transformation vorantreiben“ erstellen.