Die Windenergie hat zweifellos das Potenzial, zu einem Eckpfeiler der Zukunft der erneuerbaren Energien zu werden. Aber es gibt immer noch Hürden, die sie überwinden muss. Die Windanlagen, die aktuell errichtet werden, brauchen vor allem beständige und geeignete Winden. Daher werden Windparks häufig vor der Küste gebaut, wo meistens mehr Wind vorhanden ist als an Land. Aber auch das ist mit Problemen verbunden.
Erstens ist die Errichtung von Offshore-Windparks in Bezug auf Bau, Transport und Wartung wesentlich teurer als Turbinen an Land. Zweitens können die Offshore-Winde gelegentlich auch zu stark sein. Bei bestimmten Windgeschwindigkeiten, ab 40 Stundenkilometern und mehr, können sich die Windturbinen neigen und ihre Flügel drehen oder sie werden abgebremst. Bei manchen Windrädern kann der Generator von den Flügeln abgetrennt werden, um eine Überlastung zu verhindern. Dies geschieht in erster Linie, um Schäden an der Turbine oder Verletzungen des Personals zu vermeiden, aber es bedeutet auch, dass das volle Potenzial der Windenergie nicht ausgeschöpft wird.
Das norwegische Unternehmen Wind Catching Systems, das auf erneuerbare Energien setzt, hat eine neue Generation schwimmender Windturbinen entwickelt. Schon auf den ersten Blick unterscheidet sich der Wind Catcher-Prototyp deutlich von herkömmlichen Turbinen. Er besteht aus einem schwimmenden, etwa 340 Meter hohen Rahmen, in dem sich über 100 kleine Turbinen befinden. Die gesamte Konstruktion wird mit Hilfe von Kabeln und Konstruktionen, wie sie in der Öl- und Gasindustrie entwickelt wurden, am Meeresboden verankert. Der Strom wird dann an ein „Mutterschiff“ weitergeleitet, das ihn an Land transportiert.
Nach Angaben von Wind Catching Systems verschafft die Verwendung kleinerer, aber zahlreicher Turbinen ihrem Modell einen Vorteil gegenüber größeren Einzelturbinen: Die kleineren Turbinen sind weniger wartungsintensiv und können ohne spezielle schwere Hebezeuge transportiert und aufgebaut werden. Jede Wind Catcher-Turbine soll außerdem eine Lebensdauer von 50 Jahren haben, was über der üblichen Lebensdauer von 30 Jahren für stehende Offshore-Windturbinen liegt.
Die kleineren Turbinen des Wind Catchers können auch starke Winde voll ausnutzen, und Wind Catching Systems behauptet, dass ein einziger Wind Catcher mehr als doppelt so viel Strom pro Jahr erzeugen kann wie eine herkömmliche Turbine – genug, um 80.000 Haushalte zu versorgen. Insgesamt könnten fünf Windcatcher die Arbeit eines Windparks mit 25 herkömmlichen Windrädern erledigen.
Eine windige Zukunft?
Laut Statista gibt es derzeit rund 110 netzgekoppelte Offshore-Windparks in ganz Europa, die meisten davon im Vereinigten Königreich (40). Viele davon befinden sich in der Nordsee, und vor allem Schottland hat sich zu einem Aushängeschild für das Potenzial der Windenergie entwickelt. Im Jahr 2011 betrug der Anteil der erneuerbaren Energien an der schottischen Stromerzeugung nur 37 Prozent, doch bis 2020 ist er auf 97,4 Prozent gestiegen. Damit wurde zwar das 2011 gesetzte Ziel von 100 Prozent knapp verfehlt, aber es zeigt das große Potenzial der erneuerbaren Energien und insbesondere der Windkraft. Derzeit kommen 70 Prozent der erneuerbaren Energien aus Windkraft, allerdings nur an Land. Der Rest entfällt auf Offshore-Wind- und Wasserkraft.
Natürlich ist Schottland aufgrund seines bekannt windigen Wetters der ideale Standort, um die Vorteile der Windtechnologie voll auszuschöpfen, aber die Offshore-Windenergie breitet sich auch anderswo aus. Nach Angaben von 4COffshore befinden sich in den Vereinigten Staaten derzeit 162 Offshore-Windparkprojekte in der Planungsphase. Allerdings sind derzeit nur zwei Windparks tatsächlich in Betrieb. Unabhängig davon experimentieren die US-Projekte seit 2013 mit der Idee schwimmender Windparks, um die anfänglichen Baukosten niedrig zu halten, während im Bundesstaat New York eine spezielle Ausbildungseinrichtung mit dem ausdrücklichen Ziel gegründet wurde, die nächste Generation von Offshore-Ingenieur*innen auszubilden.
Dieser Artikel ist eine Übersetzung von Sarah-Indra Jungblut und erschien im Original zuerst auf unserer englischsprachigen Seite.