Täglich umkreisen Tausende von Satelliten unseren Planeten. Die Erdtrabanten liefern viele Daten, die für das Verständnis der sich ständig verändernden Landschaft unseres Planeten von entscheidender Bedeutung sind – und auch Ursachen und Folgen des Klimawandels werden deutlicher. Es sind Satellitendaten, die uns bei Wettervorhersagen unterstützen, Emissionen in unserer Atmosphäre, Meeresverschmutzung, das Wachstum von Städten und das Schrumpfen von Wäldern sichtbar machen. Damit zeigen uns Satelliten aus dem All, was vom Boden aus nicht immer so deutlich zu erkennen ist.
Der wahre Wert von Satelliten liegt jedoch nicht in den Bildern selbst, so schön sie auch sein mögen. Es sind die aus diesen Bildern gewonnenen Daten. Die Extraktion von Daten aus Satellitenbildern ist jedoch nicht so einfach.
WELCHE HERAUSFORDERUNGEN GIBT ES BEI DER ANALYSE VON SATELLITENBILDERN?
Große und komplexe Datensätze: Satellitenbilder umfassen riesige Datenmengen, insbesondere wenn es sich um hochauflösende Bilder oder Langzeitseriendaten handelt. Für die effiziente Verwaltung, Speicherung und Verarbeitung dieser Daten sind robuste Rechenressourcen wie Maschinen und Rechenzentren sowie oft hoch spezialisierte Software erforderlich.
Multispektral- und Hyperspektraldaten: Satelliten erfassen Bilder in mehreren Wellenlängen, nicht nur im sichtbaren Licht. Multispektral- (wenige Bänder) und Hyperspektralbilder (Hunderte von Bändern) liefern eine Fülle von Informationen, erfordern jedoch ausgefeilte Techniken zur Interpretation.
Objekterkennung und -klassifizierung: Die Identifizierung bestimmter Merkmale wie Gebäude, Wälder, Gewässer oder Fahrzeuge kann schwierig sein. Ebenso können Wolken die Sicht auf die Erdoberfläche behindern, was die Extraktion spezifischer Daten erschwert.
Interdisziplinäres Wissen: Eine effektive Analyse erfordert oft Kenntnisse, die über die Bildverarbeitung hinausgehen. Um den spezifischen Umweltkontext zu verstehen, der untersucht werden soll, sind Spezialist:innen erforderlich, während fortgeschrittene Techniken, insbesondere solche, die maschinelles Lernen beinhalten, ein umfassendes Verständnis von Statistik und Mathematik erfordern.
Lies dazu auch unseren Artikel: „Astronautenblick für alle! Wie zugänglich sind die Satellitendaten der ESA?“
Mit der Datenextraktion beginnt die eigentliche Arbeit
Ein neues Unternehmen, das sich auf Umwelt- und Klimaüberwachung spezialisiert hat, will Satellitenbilder leicht zugänglich machen. askEarth analysiert und interpretiert Satellitenbilder, die von der Europäischen Weltraumorganisation (ESA) in Zusammenarbeit mit der Europäischen Kommission bereitgestellt werden. Ein Schwerpunkt liegt dabei mit einer speziellen Software auf der Analyse unserer Wälder.
Diese Technologie kommt genau zum richtigen Zeitpunkt, da die Entwaldungsverordnung der Europäischen Union Ende 2024 in Kraft treten soll. „Unternehmen müssen dann nachweisen, dass ihre Produkte nicht zur Entwaldung beitragen“, erklärt Gaetan Petit, Mitbegründer von askEarth.
Die neue Verordnung zielt darauf ab, die globale Entwaldung einzudämmen, indem sichergestellt wird, dass Produkte, die auf den Markt kommen – wie Holz, Soja, Kakao, Kaffee, Gummi, Palmöl und Vieh – nicht mit der Zerstörung oder Schädigung von Wäldern in Verbindung stehen.
Diese Anforderung wird rückwirkend ab 2020 durchgesetzt, sodass der Druck auf europäische Unternehmen steigt, ihre Daten schnell zu verstehen.
askEarth macht komplexe Daten zugänglich
Die Gründer von askEarth, Gaetan Petit und Manuel Gerold, interessieren sich schon seit langem für Weltraumtechnologien. Die steigende Nachfrage nach Satellitendaten, insbesondere für die Berichterstattung im Bereich Umwelt, Soziales und Unternehmensführung (ESG), veranlasste sie 2023 zur Gründung von askEarth. Laut Petit ist es nicht einfach, [Satelliten-]Bilder zu analysieren, denn man brauche Datenwissenschaft, um die erforderlichen Informationen herauszufiltern. Da es in den meisten Unternehmen an internen Datenwissenschaftler:innen mangelt, sahen Petit und Gerold eine Chance, hier anzusetzen.
Ihre Lösung hilft Unternehmen, die EU-Entwaldungsverordnung (EUDR) in ihrer gesamten Wertschöpfungskette einzuhalten. Sie analysiert nicht nur die Konformität von Waren vor der Lieferung, sondern gibt bei Bedarf auch Warnmeldungen aus. Sie verfolgt Waren über den gesamten Produktionsprozess und ihre Cloud-basierte Software lässt sich in ERP-Systeme (Enterprise Ressource Planning) integrieren, sodass Unternehmen feststellen können, ob sie bestimmte Holzlieferungen annehmen können. askEarth stellt dann sicher, dass relevante Produktinformationen direkt an die Kund:innen geliefert werden, erledigt den Papierkram und erstellt automatisch Konformitätsberichte für die Europäische Kommission, um sicherzustellen, dass Unternehmen einen Nachweis über ihre Bemühungen haben.
Und nicht nur Unternehmen können von ihrer Technologie profitieren. askEarth bietet auch den Explorer an. Das ist ein öffentlich zugängliches Tool, mit dem Nutzer:innen ohne umfassende technische Kenntnisse Satellitendaten visualisieren können. Sobald eine Region und ein Zeitraum ausgewählt sind, lassen sich Veränderungen in der Vegetation, Waldbrände und andere Umweltfaktoren in einem benutzerfreundlichen und modernen Videoformat mit Zeitachse beobachten. Diese serverlose Funktion ist nicht nur für Unternehmen und Wissenschaftler:innen nützlich, sondern dient auch als wichtige Bildungsressource. askEarth führt regelmäßig Workshops für Schulen durch und unterstützt Lehrer:innen dabei, den Explorer in ihren Unterricht zu integrieren, um der nächsten Generation ein besseres Verständnis für unseren Planeten mithilfe von Satellitendaten zu vermitteln.
Sind Satelliten und Drohnen die Umweltschützer von morgen?
Wenn es um den Schutz der Umwelt und die Verfolgung von Klimaveränderungen geht, sind Satelliten und Drohnen unverzichtbar geworden. Wenn da nur nicht das Problem mit dem Weltraumschrott wäre …
In RESETs ausführlichem Dossier werfen wir einen Blick auf die Potenziale – und Fallstricke – von Satelliten und Drohnen für eine nachhaltige Entwicklung.
Mit Satellitendaten in die Zukunft blicken
Mit Blick auf die Zukunft plant askEarth, sein Produktportfolio zu erweitern, um es an zukünftige ESG-Vorschriften anzupassen. Damit will das Unternehmen umfassende Lösungen für die Klimaüberwachung und -berichterstattung bereitstellen. „Wir wollen uns an politische Veränderungen, wie der Entwaldungsverordnung, anpassen und uns in diese Richtung weiterentwickeln“, sagt Petit.
In Zukunft könnte askEarth –zusammen mit anderen Initiativen wie OpenSpaceData – eine wichtige Rolle bei der Umweltüberwachung spielen. Durch die Beseitigung technischer Barrieren fördern die Lösungen ein differenzierteres und umfassenderes Verständnis der Veränderungen, mit denen unser Planet konfrontiert ist. Dies könnte einen bedeutenden Einfluss auf seinen Schutz haben – Bild für Bild.