Europa steckt mitten in der Schuldenkrise, Japan kämpft mit den verheerenden wirtschaftlichen Folgen des Tohoku-Kanto-Erdbebens, aber was passiert, wenn im kommenden Jahr, wie von Finanzexperten prognostiziert, die Märkte in den USA zusammenbrechen?
Was Spekulanten an der Börse ängstigt, ist ein Lichtblick für Aktivisten wie Christian Felber, Mitbegründer von Attac Österreich und Autor des Buches mit dem visionären Titel „Gemeinwohl Ökonomie – Ein Wirtschaftsmodell mit Zukunft“. Der Kollaps der Marktwirtschaft, wie wir sie kennen, schafft Raum für neue Systeme.
Immerhin sehnen sich etwa 88 Prozent der Deutschen und 90 Prozent der ÖsterreicherInnen laut einer Umfrage der Bertelsmann-Stiftung nach einer „neue Wirtschaftsordnung“. Der Kapitalismus ist ein Auslaufmodell und schreit nach Alternativen. Christian Felber hat ein komplett neues Modell entworfen, welches zum Teil eine Synthese ist aus den beiden großen historischen Systemen: der kapitalistischen Markt- und der zentralen Marktwirtschaft. Der Unterschied zu Gesellschaftskonzepten der Vergangenheit sind die Gemeinwohl-fördernden Werte, die sich auf wirtschaftlicher, politischer und gesellschaftlicher Ebene wiederspiegeln.
So wird beispielsweise Erfolg nicht an Gewinnmaxmierung gemessen, sondern mit der Gemeinwohl-Bilanz (Unternehmensebene) und dem Gemeinwohl-Produkt (Systemebene). Die Gemeinwohl-Bilanz wird zur Hauptbilanz aller Unternehmen. Je sozialer, ökologischer, demokratischer und solidarischer Unternehmen agieren und sich organisieren, desto bessere Bilanzergebnisse erreichen sie. Je besser die Gemeinwohl-Bilanz-Ergebnisse der Unternehmen in einer Volkswirtschaft sind, desto größer ist das Gemeinwohl-Produkt. Wichtige Grundlage der Idee ist die Umsetzbarkeit dieser neuartigen Ökonomie.
Es gibt bereits einige Pioniere, die im Sinne einer Gemeinwohl-Ökonomie wirtschaften. Das im Baskenland ansässige Unternehmen Mondragon Corporacion Cooperativa (MCC) ist die weltgrößte GenossInnenschaft. Sie umfasst 256 Unternehmen und beschäftigt rund 95.000 Personen und setzt 15 Milliarden Euro um. Die Gewinne werden zu einem kleinen Teil an die MitarbeiterInnen ausgeschüttet und zu einem großen Teil reinvestiert; ein weiterer Teil fließt in einen zentralen Kooperationsfonds, über den sich Betriebe gegenseitig auffangen können. Seit der Gründung 1946 wurde kein BeschäftigteR entlassen. Weltweit gibt es mittlerweile viele zukunftsfähige Betriebe, die erkannt haben, dass exponentielles Wachstum in eine Sackgasse führen.
Mit dem Wahlkampf-Slogan „Wachstum als Holzweg“ stellt die Berliner Bergpartei den Nutzen von wirtschaftlichem Wachstum in Frage und plädiert für ein bewusstes Schrumpfen und Entschleunigen, um der Weltlage angemessen zu begegnen. So werden sie mit Plakaten und Aktionen bei der kommenden Abgeordnetenhauswahl in Berlin antreten, um die Mitbürger für Wunder ohne Wirtschaft zu sensibilisieren. Die Krise als Chance für eine schöne neue Welt…