Was tun gegen Weltraumschrott?

Weltraummüll mit dem Haken fangen und zu Fall bringen - das ist eine Idee zum Beseitigen von Weltraumschrott

Hundertausende Teile Schrott kreisen mit rasender Geschwindigkeit um die Erde und stellen ein zunehmendes Risiko für Satelliten und Raumfahrzeuge dar. Weltweit wird an Lösungen getüftelt, den Erdorbit von Weltraumtrümmern zu befreien.

Autor*in Laura Wagener, 20.06.18

Übersetzung Laura Wagener:

Schon mal was von „space junk“ – oder zu Deutsch: Weltraumschrott – gehört? Dazu gehören die Überbleibsel von Raumstationen, Raketen- und Satellitenmissionen, die bei hoher Geschwindigkeit um die Erde kreisen. Bis zu 17.500 mph Geschwindigkeit erreichen die in von 800 bis 36.000 Kilometer um die Erde kreisenden Teile. Bei dieser Geschwindigkeit reicht selbst ein kleines Stückchen abgeblätterter Farbe, um das Fenster einer Rakete oder einer Raumstation beträchtlich zu beschädigen. Müllreste von der Größe eines Golfballs können dagegen durch die Wucht bei einem Aufprall einen ganzen Satelliten zerstören.

Laut der NASA umkreisen mehr als 500.000 Stücke Weltraummüll  die Erde, die wenigstens so groß wie eine Murmel sind – Tendenz steigend – und stellen ein zunehmendes Risiko für extraterrestrische Forschungsprojekte, Satelliten und Raummissionen dar. Die Frage, wie Weltraummüll beseitigt werden kann, treibt daher nicht nur die NASA um. Denn ohne Satelliten gäbe es beispielsweise weder Internet noch GPS oder auch einfach nur den Wetterbericht.

Im Zentrum der entstandenen Ideen zum „Aufräumen“ im Weltall steht in der Regel, den Müll zum Absturz in Richtung Erde zu bringen, wobei er durch die enorme Hitzeentwicklung verglühen würde. Dafür wurden bereits unterschiedliche Strategien entwickelt.

USA: Brane Craft bringt Weltraummüll zu Fall

Die US-amerikanische Non-Profit-Organisation „Aerospace Corporation“ erhielt im letzten Jahr bereits die zweite Förderrunde der NASA für ihr Projekt „Brane Craft“, das damit bald in die Realisierungsphase eintreten könnte. Bei Brane Craft handelt es sich um ein extrem dünnes, aber extrem resistentes und kugelsicheres Raumfahrzeug. Das Objekt, das wie eine bunte Folie aussehen wird, wird in die Stratosphäre geschickt, wo es einzelne Teile des Weltraummülls umwickelt. Anschließend navigiert das intelligente Stück Weltraumtechnik zurück in Richtung Erde, wobei es auf dem Weg mitsamt dem Schutt verglüht.

© Siegfried Janson/NASA Eine MOdellzeichnung von Brane Craft

Damit Technik und Verfahren kostengünstig bleiben, wird das papierdünne Raumschiff von ultradünnen Solarzellen und zusätzlich nur sehr wenig Treibstoff angetrieben. Außerdem soll das Raumfahrzeug, von dem aus die Folie in den Weltraum entsendet wird, immer gleich viele der Branes entsenden – was durch die leichte und dünne Struktur der Technik möglich ist.

Japan: Haken schlagend den Weltraum reinigen

Die Japan Aerospace Exploration Agency hat eine andere Idee, wie sie den Weltraummüll zu Fall bringen will. Im Rahmen des „Kounotori Integrated Tether Experiments “ (KITE) testet sie große Stücke des Weltraumschutts mit einem überdimensionalen Haken zu fangen und in Richtung Erde zu ziehen, wobei sie dann verbrennen würden. Der (Achtung Wortspiel!) Haken an der ganzen Sache: Bei der ganzen Operation müsste ein Raumschiff beteiligt sein, welches den Haken samt Schrottteil in Richtung Erde zieht. Auch dieses funktionstüchtige Raumfahrtzeug würde durch den Fall in Richtung Erde verglühen. Aufwand und Kosten pro Entfernung des Müllstücks sind somit sehr groß und es würde sich wohl nur für wirklich große und besonders gefährliche Abfallstücke lohnen.

© Japan Aerospace Exploration Agency Ein Raumfahrtzeug zieht mit einem Haken ein Stück Weltraumschutt gen Atmosphäre

Deutschland: Weltraummüll? Mit dem Laser orten und abschießen!

Am Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) will man wiederum zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen: Mit hochfrequentierten Laser-Impulsen will die DLR zunächst einzelne Stücke des Weltraumschutts besser orten und deren Bewegung bestimmen. In einem zweiten Schritt soll dann auch mit einem Laser auf die Stücke geschossen werden, so dass sie sich verlangsamen, von ihrer Bahn abgelenkt werden, abstürzen und verglühen. Bis das System ausgereift ist, können nach Aussage der DLR jedoch noch einige Jahre vergehen.

England: RemoveDebris jagt mit Netz und Harpune nach Weltraumschrott

Im Rahmen des Experiments „RemoveDebris“ erprobt das Surrey Space Centre in England eine ähnliche Strategie wie Japan. Objekte im All sollen hier jedoch nicht mit einem Haken, sondern mit Netzen oder einer Art Harpune eingefangen und in eine niedrigere Umlaufbahn gezogen werden. Hier werden sie dann kontrolliert zum Absturz gebracht, um dabei wiederum zu verbrennen. Bisher ist das Projekt noch in der Testphase und fängt dabei keinen echten Weltraummüll ein, sondern jagt vorerst kleine Satelliten, die das System selbst aussendet.

Dies sind nur einige der Technologien, die zur Beseitigung des Schrotts im Weltraum beitragen könnten. Welche der Ideen sich durchsetzt oder ob überhaupt eine der Technologien in Serie gehen wird, steht noch aus. Das Problem dabei brachte der Leiter des Projekts „RemoveDebris“, Guglielmo Aglietti, gegenüber der BBC auf den Punkt: „In meinen Augen entscheidet sich die Frage, ob es echte Missionen zur Entfernung von Weltraumschrott geben wird, an den Kosten. Und ich befürchte, wenn sie extrem teuer sind, werden die Leute andere Prioritäten setzen.“

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