Was ist nachhaltiger Tourismus?

Tourismus ist nicht unbedingt nachhaltig. Aber es gibt Möglichkeiten, Urlaub und Reisen so zu gestalten, dass ein positiver Einfluss auf Umwelt, lokale Bevölkerung und lokale, ökonomische Wertschöpfung entsteht.

Autor*in RESET , 27.07.16

Der Tourismus ist einer der weltweit größten Wirtschaftszweige: Er ist jährlich für knapp zehn Prozent aller wirtschaftlichen Einnahmen auf der Welt verantwortlich. Demnach überrascht es kaum, dass jeder elfte Arbeitsplatz Teil der Tourismusbranche ist und vier Prozent aller Investitionen sowie fünf Prozent aller Exporte direkt mit dem Tourismus zusammenhängen (WTTC 2014). Hinzukommt, dass die Branche ihre besten Jahre noch bei weitem nicht gesehen hat: bis zum Jahr 2030 soll die Zahl der international Reisenden auf 1,8 Milliarden steigen und somit einen jährlichen Anstieg von 3,3 Prozent aufweisen (UNWTO 2013). Der weitreichende Einfluss der Tourismusbranche wurzelt nicht zuletzt in dem Fakt, dass viele Menschen vor Ort von ihr beeinflusst werden und von ihr profitieren. So schafft der Tourismus nicht nur Verdienstmöglichkeiten für Verkehrsbetriebe und die Hotellerie, sondern auch für diverse Lokale, Restaurants und Geschäfte außerhalb der touristischen Anlagen.

© RESET

Tourismus und Nachhaltigkeit

Der Tourismus trägt zu globalen Veränderungen wie Klimawandel und Ressourcenschwund bei und ist zugleich von ihnen betroffen. Viele Touristen wünschen sich eine intakte Umwelt und authentische kulturelle Erfahrungen, denn gerade aus dem Interesse an Natur- und Kulturgütern haben sie sich auf eine Reise begeben. Ziel der Tourismusbranche sollte es daher sein, die Natur zu erhalten und Kultur zu schützen. Dies gelingt jedoch bei weitem nicht immer. Es kommt entscheidend auf die Gestaltung des Tourismus an, ob er positive oder negative Auswirkungen auf Natur, Kultur und Bevölkerung hat. Umso wichtiger ist und wird nachhaltiger Tourismus. Generell sollte nachhaltiger Tourismus ökologisch tragfähig und gerecht für alle beteiligten Menschen sein, während er zugleich auch wirtschaftlich sinnvoll gestaltet werden sollte. Wichtig für den nachhaltigen Tourismus sind vor allem:

  • Mobilität
  • Erhalt von Natur und Kultur
  • soziale Arbeitsbedingungen
  • lokale Wertschöpfung
  • Verbrauch von Ressourcen.

Zentral ist dabei der Gedanke, dass ein Ort und seine Natur auch für zukünftige Generationen erhalten bleiben. Mittlerweile gibt es viele Bestrebungen, touristische Angebote nachhaltiger zu gestalten und dies auch zu kommunizieren. Bester Beweis dafür sind die über 180 verschiedenen Zertifikate und Labels, die nachhaltige Angebote auszeichnen. Mehr Informationen zu den verschiedenen Siegeln findest im RESET-Artikel Tipps zum nachhaltigen Reisen.

Die ökologische Perspektive

Die ökologischen Ziele der Nachhaltigkeit sind im Tourismus sehr maßgebend. So werden zum Beispiel durch unkontrollierte touristische Nutzung Landschaften zerstört, der Ressourcenverbrauch in Hotels ist häufig überdimensional im Vergleich zu lokalen Standards oder dem Verhalten Zuhause und die Mobilität der Touristen, insbesondere durch An- und Abreise, führt zu einem erhöhten Ausstoß von Treibhausgasemissionen. Dem gilt es entgegenzuwirken. Im nachhaltigen Tourismus gibt es diverse Konzepte, die ökologischen Auswirkungen zu reduzieren. Im Bereich Mobilität existieren zum Beispiel alternative, gemeinschaftliche Mobilitätskonzepte vor Ort, Anreizsysteme für die Nutzung der Bahn oder die CO2-Kompensation von Flügen. Gleichzeitig wird versucht, den Ressourcenverbrauch zu reduzieren, z.B. durch Energiesparmaßnahmen und Wasseraufbereitungssysteme in Hotels oder durch Aufklärungsmaßnahmen für die Touristen selbst.

Die wirtschaftliche Perspektive

Obwohl profitorientierte, wirtschaftliche Ziele oft als Konfliktfaktor gesehen werden, schließen sich ökonomische Wertschöpfung und soziales und ökologisches Wirtschaften nicht aus. Im Gegenteil setzt nachhaltige Entwicklung sinnvolles und effizientes wirtschaftliches Handeln sogar voraus. Daher kommt es im Tourismus insbesondere auf eine gerechte Bezahlung der Mitarbeiter und die sinnvolle Verteilung und Verwendung der Gewinne an. Hierbei sollte vor allem im Reiseland selbst Gewinn erzielt werden. So kann ein nachhaltiger Tourismus die regionale Wirtschaftskraft stärken und Arbeitsplätze für Einheimische schaffen. Zusätzlich sollen kleine, lokale Anbieter unterstützt werden.

Die soziale Perspektive

Die soziale Dimension der Nachhaltigkeit im Tourismus ist sehr komplex und schwer messbar. Jedoch ist diese hier insbesondere wichtig, da Tourismus erst durch die Menschen lebt. Aufkommende negative soziale Auswirkungen des Tourismus wie Arbeitsausbeutung, Verletzung von Menschenrechten oder die Umsiedlung von Einheimischen für den Tourismus sollten bekämpft werden, indem die lokale Bevölkerung vom Tourismus profitiert. Damit ist die ökonomische Beteiligung auch ein soziales Ziel.

Zusätzlich steht im Tourismus auch der kulturelle Aspekt im Fokus. Nachhaltiger Tourismus sollte so gestaltet sein, dass die lokale Kultur erhalten oder sogar gefördert wird und ein kultureller Austausch entsteht.

Leider sind nachhaltige Reiseangebote bisher noch ein Nischenprodukt – aber die Nachfrage steigt! Es bleibt zu hoffen, dass in Zukunft nicht nur einzelne Angebote in Nischenmärkten nachhaltig sind, sondern der gesamte Tourismusmarkt nachhaltig gestaltet wird.

Für alle die es lieber visuell haben: Dieses Video fasst die Thematik noch einmal kurz und verständlich zusammen

Ein Gastbeitrag von Prof. Dr. Edgar Kreilkamp, Professor für Betriebswirtschaftslehre und Tourismusmanagement, an der Leuphana Universität Lüneburg. (27.07.2016)

Dieser Beitrag ist im Original auf Grünes Wissen, dem Wissenschaftsportal für nachhaltige Entwicklung, erschienen und wurde von der RESET-Redaktion geändert.

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