Wer am digitalen Leben teilnehmen möchte, benötigt noch immer ein Notebook oder einen Desktop-PC. Doch während neue Technik in den letzten Jahren immer günstiger geworden ist und Rabatt-Aktionen wie der Black Friday die Einstiegsschwelle immer weiter senken, werden die CO2-Emissionen der Produktion, der Ressourcenverbrauch und Elektroschrott zu einem immer größeren Problem.
Einige Hersteller machen immerhin erste Schritte in Richtung Nachhaltigkeit. So geben Unternehmen wie Dell, Lenovo, HP und Apple an, bei manchen ihrer Produkte Recycling-Materialien zu verwenden. Außerdem gibt es Ansätze, die Verpackungsgrößen zu reduzieren und den Einsatz von Plastik in Kartons zu reduzieren. Schauen wir uns diese Maßnahmen an, scheinen die Hersteller damit aber das eigentliche Problem zu umgehen.
Warum nachhaltige PCs oft nicht nachhaltig sind
Mit dem Release des Mac Mini im Jahr 2024 hat Apple beispielweise nach eigenen Angaben seinen ersten CO2-neutralen Desktop-Computer herausgebracht. Der Mini-PC ist laut ihres Nachhaltigkeitsberichts so gebaut, dass er in der Produktion und auf dem Weg auf den heimischen Schreibtisch möglichst wenig Kohlendioxid verursacht. Die Menge an CO2, die anfällt, kompensiert der Hersteller über Zertifikate. So sollen Kund:innen ein möglichst nachhaltiges Produkt erhalten, wenn sie den Mac Mini kaufen. Für diese Strategie erhielt Apple durchaus Lob in der Öffentlichkeit.
Auffällig ist jedoch, wie Apple seine Mac-PCs und Notebooks konstruiert. Seit das Unternehmen im Jahr 2020 auf eine eigene Chip-Architektur gewechselt ist, können Kund:innen immer weniger Komponenten austauschen. Beim angeblich CO2-neutralen Mac Mini ist das SoC – eine Einheit aus Rechenkernen, Grafikkernen und neuralen Kernen für KI-Anwendungen – fest mit dem Mainboard verlötet. Dasselbe gilt für den Unified-Memory, der ein wenig mit dem Arbeitsspeicher herkömmlicher PCs zu vergleichen ist. Und selbst die für den Massenspeicher verwendete SSD müsste erst mit einem Adapter verlötet werden, bevor sie sich mit dem Mainboard verbinden lässt. Alternativ kann man sich teurere Ersatzteile bei Apple oder bei Drittanbietern kaufen.
Nach dem Kauf eines neuen Mac Minis ergibt sich für Kund:innen daher folgende Situation: Weder der Chipsatz noch der Arbeitsspeicher oder der Massenspeicher lassen sich ohne technisches Know-how und spezielle Werkzeuge austauschen. Reicht die Leistung also nach längerem Gebrauch oder bei geänderten Anforderungen nicht mehr aus, sind keine nachträglichen Upgrades der Hardware möglich. Und auch bei Defekten wird der neue Mac Mini schneller zu Elektroschrott, als dass er reparierbar wäre.
Der Mac Mini ist in seiner Konstruktion also alles andere als nachhaltig. Und ist damit ein Symptom eines allgemeinen Trends in der Technikwelt. Philippe Arradon von Commown erklärte uns im Gespräch, warum der Trend bei Consumer-Technikprodukten allgemein hin zu weniger Reparierbarkeit geht.
Commown: Technik mieten statt kaufen
Commown ist eine Kooperative für nachhaltige Elektronik aus Frankreich. Statt Smartphones, Notebooks oder PCs zu kaufen, können Kund:innen die benötigte Technik hier mieten. Der Fokus liegt dabei auf modularer und nachhaltiger Technik wie etwa dem Fairphone, dem Shiftphone oder den Framework-Notebooks.
Commown wurde im Jahr 2018 als Genossenschaft gegründet und eröffnete im Juni 2021 die erste Niederlassung in Berlin.
Warum es in der Regel nachhaltiger ist, Technik zu mieten statt sie zu kaufen, erklären wir im verlinkten Artikel ausführlicher!
Der Technikmarkt ist schon lange gesättigt
„Für mich ist Nachhaltigkeit unkompatibel mit Apples Geschäftsmodell“, sagt Philippe im Gespräch mit RESET. „[Der Hersteller] macht kleinere Aktionen, damit die Geräte ein bisschen langlebiger sein werden. Apple wird sich aber niemals komplett verändern, um die Geräte richtig langlebig zu machen.“ Diese Entwicklung ist weniger einer bösen Absicht geschuldet, viel mehr sei der Technikmarkt seit einigen Jahren gesättigt. Die meisten Kund:innen verfügen bereits über die benötigten Geräte – warum sollen sie also neue kaufen?
Gut erkennen ließe sich das an den Galaxy-Handys von Samsung. Sie gelten als Technologieträger in der Welt der Smartphones. Während das unabhängige Reparaturportal iFixit die Reparierbarkeit des Galaxy S4 aus dem Jahr 2013 noch mit 8 von 10 Punkten bewertete, fiel der Repair-Score in nur drei Jahren auf 3 von 10 beim Galaxy S7. Der Grund: Die Absätze der Smartphones stagnierten Analysen zufolge nach dem ersten Smartphone-Boom. Durch die geringere Haltbarkeit der neueren Modelle lasse sich nach dem Jahr 2015 wieder ein Anstieg der Absatzzahlen erkennen.
Nachdem sich die meisten Menschen also ein Smartphone zugelegt haben, gab es für sie keinen Anreiz mehr, unmittelbar ein neues Produkt zu kaufen. Zudem waren frühere Modelle noch reparierbar und somit haltbarer. Und so führten Hersteller laut Philippe Arradon drei Arten der Obsoleszenz ein.
Drei Arten der Produktobsoleszenz
Geräte werden seit vielen Jahren nicht mehr so entwickelt, dass sie möglichst haltbar sind. Wenn sie dann aufgrund dieser eingeschränkten Haltbarkeit kaputt gehen, schränken Hersteller die Verfügbarkeit von Ersatzteilen ein. Oder sie halten die Dokumentation darüber, wie man sie repariert, unter Verschluss.
Apple führte vor einigen Jahren zwar ein Reparaturprogramm für Kund:innen ein, bei dem diese sich Ersatzteile und das benötigte Werkzeug vom Hersteller beschaffen können. Für Philippe Arradon sind aber auch derartige Programme unsinnig, wenn sie für Kund:innen mit hohen Risiken verbunden seien. „In einem mir bekannten Fall wollte ein Kunde sein iPhone mit dem Apple-Programm reparieren. Dafür musste er eine ganze Kiste an Werkzeugen von Apple mieten. Die Miete betrug 49 US-Dollar – die Kaution allerdings 1.200 US-Dollar. Das ist verrückt, nur so konnte er sein iPhone selbst reparieren.“
Wie der Berliner Verein Topio zeigt, können Kund:innen die Laufzeit ihrer Geräte über Google-freie Betriebssysteme verlängern. Selbst hier können wir aber den Trend beobachten, dass Hersteller ihre Geräte für fremde Betriebssysteme sperren.
In Berlin betreibt Topio einen Marktstand, den wir kürzlich besucht haben. Mehr Infos im verlinkten Artikel!
Zusätzlich zur eingeschränkten Reparierbarkeit beschreibt Philippe Arradon eine softwareseitige Obsoleszenz. Geräte erhalten mitunter wenige Jahre nach ihrer Veröffentlichung keine Aktualisierungen mehr. Beim iPhone betrage der Update-Zeitraum fünf bis sechs Jahre. Bei einigen chinesischen Herstellern seien es hingegen nur zwei oder drei Jahre.
Die Betriebssysteme an sich, so Philippe Arradon weiter, würden zudem immer anspruchsvoller. Eine Installation von Windows 95 war vor genau 30 Jahren noch 568 Megabyte groß. Windows 11 hingegen ist mit knapp 5,4 Gigabyte mehr als 10 mal so groß. Die Fähigkeiten und der Funktionsumfang der Betriebssysteme sind aber keineswegs 10 mal größer als vor 30 Jahren. Statt Software also so zu entwickeln, dass sie für möglichst viele Geräte kompatibel bleibt, wird sie unnötig komplex gemacht. So lässt sie sich nicht mehr auf älterer Hardware nutzen.

Nachhaltige Software: Wie freie Lizenzen helfen, unsere Ressourcen zu erhalten
Software ist eine systemrelevante Ressource unserer Gesellschaft geworden. Freie Lizenzen garantieren ihre langfristige Verfügbarkeit. Darüber hinaus kann der Einsatz freier Software auch direkt und indirekt natürliche Ressourcen schonen.
Als dritte Form der Obsoleszenz beschreibt Philippe Arradon ein Altwerden über Marketing-Mechanismen. Werbung weist uns überall auf Funktionen hin. Trends sorgen dafür, dass aktuelle Geräte alt wirken. Beim iPhone 13 etwa veränderte Apple die Anordnung der Kameras. Die beiden Linsen waren nun nicht mehr vertikal angeordnet, sondern horizontal. Apple begründete diese Entscheidung mit einem höheren Platzbedarf der besseren Kameras. Für viele Nutzer:innen hieß die neue Anordnung allerdings auch, dass ihr älteres Gerät nun direkt als solches erkennbar war. Folglich entstand ein Anreiz, sich ein neues Modell zu kaufen. Das Vorgehen hat Apple auch im Jahr 2024 wiederholt – die horizontalen Kameras sind beim neuesten Modell wieder in der Vertikalen angeordnet.
Haben nachhaltige Computer Nachteile?
Computer, Handys und Tablet-PCs sind in den letzten Jahren aber auch leistungsstärker und schlanker geworden. Wir wollten daher von Philippe Arradon wissen, ob es Nachteile gibt, wenn wir einen möglichst nachhaltigen Computer kaufen möchten.
Aus dem Onlineshop von Commown nennt Philippe die Framework-Notebooks als Positivbeispiel. Der Hersteller spezialisiert sich auf nachhaltige Notebooks. Dabei verwendet er über Generationen hinweg dasselbe Grundgerüst. So können Kund:innen ältere Modelle mit neuen Komponenten aufrüsten, statt ein neues Modell zu kaufen.
In deren Konstruktion sieht Philippe keinen wirklichen Nachteil. Die Modelle seien nicht dicker als normale Notebooks. Um Technik reparierbar und modular zu machen, müsse man die Geräte verschrauben, statt sie zu verkleben. Und das brauche nicht unbedingt mehr Platz.
Dass sich Hersteller durchaus an den Anforderungen der Kund:innen orientieren, sehe man an Business-Notebooks. Laptops, die für Geschäftskunden angeboten werden, seien in der Regel reparierbarer als Consumer-Modelle. Business-Modelle von HP seien bis auf eine verklebte Tastatur „ziemlich reparierbar“. Philippe Arradon vermutet, dass Unternehmen seltener Laptops kaufen würden, die nicht reparierbar sind. Firmen beschäftigen zudem ausgebildetes IT-Personal oder greifen bei der IT-Versorgung häufiger auf Leasing-Angebote zurück.
Daher setzt auch Commown auf Mietverträge statt auf eine herkömmliche Verkaufsstrategie. Kund:innen erhalten dabei Rabatte, wenn sie Geräte möglichst lange nutzen. Nach mehreren Jahren der Nutzung erhalten sie dabei einen Rabatt von bis zu 60 Prozent.
Dieses Geschäftsmodell sei laut Philippe Arradon der Schlüssel für die nachhaltige Ausrichtung des Onlineshops. Denn für Commown entsteht so ein wirtschaftliches Interesse daran, dass Geräte lange genutzt werden. Nachhaltigkeit werde so zu einem Unternehmensziel, da es unwirtschaftlicher wird, neue Geräte zu verkaufen.
Alternative: Refurbished-Angebote
Eine weitere gute Möglichkeit, möglichst nachhaltige Technik zu kaufen, sind wiederaufbereitete Gebrauchtkäufe. Vor allem Business-Modelle, die ja in der Regel reparierbarer und robuster sind, gibt es in sogenannten Refurbished-Shops als Gebrauchtprodukte. Vor dem Weiterverkauf prüfen Mitarbeiter:innen die Technik auf ihre Unversehrtheit. Seitens der Händler gibt es zudem eine Garantieerweiterung, wodurch Kund:innen weniger Risiken eingehen.
Ältere Produkte am Leben zu halten und weiter zu nutzen, ist immer nachhaltiger als eine Neuproduktion. Selbst dann, wenn neue Produkte zu Teilen aus Recycling-Materialien bestehen. Eine konsequente Kreislaufwirtschaft wäre, wie in fast allen Sektoren, auch in der Technik wünschenswert.
Wie sehen Lösungen für eine nachhaltige Digitalisierung aus?
Die digitale Welt wird zu einem immer größeren Problem für Umwelt und Klima. Doch es gibt viele Lösungen für eine ökologische und faire Digitalisierung – wir haben sie recherchiert!So schrumpfst du deinen digitalen CO2-Fußabdruck und trägst zu einer zukunftsfähigen digitalen Welt bei: Digital und grün
Daher ist es auch durchaus positiv, dass große Hersteller wie Samsung, Apple oder Dell gebrauchte Geräte in ihren Onlineshops anbieten. Und ein weitere Argument für die Art, wie zukünftige Technik gestaltet werden sollte: Modular, reparierbar und für zukünftige Einsatzzwecke aufrüstbar.
Mehr Druck könnten Hersteller zukünftig durch Lieferkettengesetze und Ökodesign-Richtlinien erhalten. Ab Juni 2025 soll es etwa erstmals ein EU-Energielabel geben, das Kund:Innen vor dem Kauf über die Reparierbarkeit von Produkten informiert. Auf einer Skala von A-E müssen Hersteller dann bei Smartphones und Tablets angeben, wie gut sich ihre Geräte reparieren lassen. Das Land Berlin, aber auch Thüringen und Sachsen, will Kund:innen zudem über einen Reparaturbonus zur Weiterverwendung ihrer Geräte ermutigen.

Dieser Artikel ist Teil des Dossiers „Digital und grün – Lösungen für eine nachhaltige Digitalisierung“, in dessen Rahmen wir Lösungen für eine ökologische und faire Digitalisierung vorstellen. Wir danken der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU) für die Projektförderung!
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