UrbanSky: Luftaufnahmen mit Ballons liefern wichtige Informationen für die Katastrophenhilfe

Ein US-amerikanisches Startup will mit seinen "Microballoons" Luftaufnahmen für eine Vielzahl von Nutzenden - Wohltätigkeitsorganisationen, Landwirt*innen und Rettungskräfte - bereitstellen.

Autor Mark Newton:

Übersetzung Sarah-Indra Jungblut, 19.01.22

Nach einer Katastrophe brauchen die Rettungskräfte oft als Erstes Informationen darüber, welches Gebiet betroffen ist, wie viele Menschen Hilfe brauchen und welche Infrastrukturen bei der Rettung helfen können. Doch in sehr agilen Situationen voller Panik und Chaos kann das eine große Herausforderung sein. Neue Technologien könnten jedoch diese wichtigen Informationen detailliert, schnell und kostengünstig liefern.

Eine kommt von dem in Colorado ansässigen Startup UrbanSky: Mithilfe preiswerter, wiederverwendbarer Ballons werden Kameras in die Stratosphäre geschickt, um hochwertige Luftaufnahmen zu machen. Damit sollen die Informationen aus Vogelperspektive für verschiedene Gruppen, die traditionell Schwierigkeiten haben, eigene Fotos zu finanzieren, leichter zugänglich werden – kleinere Unternehmen, zivilgesellschaftliche Akteure, Hilfsorganisationen und Landwirt*innen.

Normalerweise werden für Luftaufnahmen Satelliten, Flugzeuge und Drohnen eingesetzt, aber jedes dieser Flugobjekte hat Vor- und Nachteile. Satelliten geben einen umfassenden Überblick, aber die Bildqualität nimmt ab, wenn kleinere Details sichtbar werden sollen. Außerdem brauchen sie Zeit, um ihre Position einzunehmen, und die archivierten Fotos können Jahre veraltet sein. Drohnen dagegen sind optimal für Luftaufnahmen aus nächster Nähe, dafür aber weniger für eine größere Perspektive geeignet. Und Flugzeuge können diese Zwischenfunktion übernehmen, aber sie sind mit enormen Kostenbarrieren und Treibstoffbeschränkungen verbunden.

UrbanSky dagegen setzt Mikroballons ein. Das sind heliumgefüllte Ballons mit einem Durchmesser von 5,5 Metern, die mit maßgeschneiderter Kamera- und Sensorausrüstung ausgestattet werden können. Am Boden ist der Ballon teilweise mit Helium gefüllt und steigt von seinem mobilen Startplatz auf. Zu diesem Zeitpunkt ist der Ballon mit etwa 2,5 Metern noch kleiner, so dass er leicht transportiert und entfaltet werden kann. Sobald er die gewünschte Höhe in der Stratosphäre erreicht hat – in der Regel etwa 18.000 Meter – kann der Ballon durch Entlüftungsöffnungen Gas absaugen, um seine Position zu halten.

Während er sich durch die Luft bewegt, rotiert die Kamera und nimmt Fotos auf. Diese werden dann zusammengefügt, um ein einziges zusammengesetztes Foto eines bestimmten Gebiets zu erstellen. Laut UrbanSky sind seine 10 cm GSD-3-Band-Luftbilder besser als die höchstauflösenden kommerziellen Satellitenbilder, die auf dem Markt erhältlich sind.

Sobald der Mikroballon seine Aufgabe erfüllt hat, löst die Crew das Kameramodul, wodurch der Ballon auf den Kopf gestellt wird, das restliche Gas entweicht und ein freier Fall einsetzt. In geringerer Höhe wird dann ein Fallschirm ausgeklinkt und die Kamera und der Ballon kehren sicher zur Erde zurück. Nach Angaben von UrbanSky können so rund 1.000 Quadratkilometer pro Stunde fotografiert werden.

Als kommerzielles Unternehmen will UrbanSky verschiedenste Kund*innen ansprechen. Abgerechnet wird nach erkundeter Fläche, aktuell rund 5 USD pro Quadratkilometer. Großflächige Aufnahmen weden damit zunehmend teurer, aber sie sind immer noch weitaus günstiger als der Einsatz von Flugzeugen zu diesem Zweck – oder der Unterhalt eines Satelliten.

Das Startup hofft, dass die Preisspanne den Mikroballon für Organisationen und Einzelpersonen erschwinglich macht, die bisher keinen Zugang zu dieser Art von maßgeschneiderten Informationen haben, wie zum Beispiel zivilgesellschaftliche Akteure, die Umwelt- oder Stadterhebungen durchführen wollen, oder staatliche Umweltbehörden, die natürliche Ressourcen überwachen. UrbanSky hat bereits einen Vertrag mit der US-Luftwaffe abgeschlossen, um seine Mikroballons für die Echtzeitüberwachung von Waldbränden einzusetzen.

UrbanSky bewirbt seine Mikroballoons auch in der Katastrophenhilfe, denn sie könnten ene wertvolle Unterstüzung sein, wenn es darum geht, schnell einen strategischen Überblick über ein betroffenes Gebiet zu erhalten. Damit könnten sich die Mikroballons bald in das wachsende Instrumentarium digitaler und innovativer Technologien einreihen, die Rettungskräften und Wohltätigkeitsorganisationen zur Verfügung stehen, wie zum Beispiel schwimmende „Bojen“ für ein Internetnetzwerk oder von Freiwilligen entwickelte digitale Karten der HumanitarianOpenStreetMap-Community.

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