Plastikbeutel sind wie Eintagsfliegen – bzw. eher wie Minutenfliegen. Denn ihre Lebensdauer ist so kurz, dass sie oft nach nur kurzem Gebrauch direkt wieder im Müll landen. Oder vielmehr in unserer Natur, in Flüssen und Meeren. Was jedoch so fix weggeworfen ist, braucht seine Zeit um zu verrotten. Je nachdem, aus welchem Kunststoff die Plastiktüten hergestellt sind, kann es mehrere hundert Jahre dauern bis sie sich vollständig zersetzen. Diese Zeit will das ägyptische Mode-Label Up-fuse sinnvoller überbrücken und kreiert aus dem Plastikmüll ausgefallene Rucksäcke und Accessoires.
Das Startup wurde von den Produktdesignerinnen Yara Yassin und Rania Rafie gegründet. Von der anfänglichen Warnung einiger Freunde, besser nicht in das Business mit Müll einzusteigen, ließen sich die beiden Gründerinnen nicht abbringen und so zählt Up-fuse mittlerweile zu einem der führenden Öko-Labels in Kairo. „Wir können es uns nicht länger leisten, die Ressourcen unsere Erde zu verschwenden und im Überfluss und Saus und Braus zu leben“, sagt Gründerin Yara Yassin. Der starke Wille, die Welt ein Stück zu verbessern, ist nach eigenen Angaben ständiger Begleiter in der täglichen Arbeit der beiden Frauen.
Vom Müll zum Unikat
Was Up-fuse für seine Kollektionen an Material benötigt, findet das Startup auf den Mülldeponien des Landes oder in Fabriken, die Plastikbeutel produzieren. Denn auch bei der Produktion dieser Tüten fallen Mängelexemplare mit Produktionsfehlern an, die für den Handel so nicht verwendet werden können. Up-fuse sammelt diese Materialien und bringt sie anschließend zum Reinigen, Sortieren und Upcycling in die eigene Minifabrik. Anschließend werden von den lokalen Arbeitskräften in Handarbeit Rucksäcke und Accessoires gefertigt, die sich lediglich in der Form ähneln. Denn die verschiedenfarbigen Plastiktüten werden zu immer neuen Kombinationen verschmolzen, wodurch ein ausgefallener Mix an Mustern und Farben entsteht. Jedes Produkt ein Unikat – damit schafft Up-fuse sein Markenzeichen.
Das Social Startup unterstützt nicht nur die lokale Wirtschaft, sondern arbeitet auch eng mit NGOs vor Ort zusammen. In Kooperation mit der Organisation Rouh El Shabab werden beispielsweise Schülern aus Kairo unterschiedliche Recycling-Methoden beigebracht. Dieses Programm soll einerseits ein Bewusstsein für die Plastikmüllproblematik schaffen, andererseits sollen die Jugendlichen motiviert und in ihrem schulischen Werdegang unterstützt werden. Zusätzlich können die Schüler für ein kleines Einkommen sorgen und so ihre Familien im Alltag unterstützen.
Up-fuse möchte sein soziales Engagement aber auch über das Bildungsprogramm hinaus ausweiten. Gründerin Yara Yassin fokussiert sich derzeit auf die Gesundheitsversorgung ihrer weiblichen Arbeitskräfte. Die Frauen im Alter von 20 bis 40 Jahren haben keinerlei Absicherungen oder Krankenversicherungen. In Ägypten ist dies der Normalzustand, Yassin möchte das in ihrem Unternehmen ändern. Was sich die Gründerin für die Zukunft des Modelabels noch vorstellt? „Der langfristige Plan ist es, auch andere Materialien neben Plastik wiederzuverwenden“, so die junge Ägypterin. Ob es neben Rucksäcken und Accessoires noch andere Produkte unter diesem Label geben wird, ist jedoch ungewiss. Vielmehr möchte sie die Energien darin bündeln, höchste Qualitätsstandards zu erreichen, die bei der Produktion von Taschen aus Plastiktüten möglich sind.
Ist die Circular Economy der Schlüssel für nachhaltiges Wirtschaften? Mehr dazu findest du hier!
Gastautorin: Sarah Kricke