Ja, Airbnb hat mit einer ziemlich guten Idee begonnen. Das Konzept, an vielen Orten weltweit „wie ein Einheimischer zu leben“ und das meist günstiger als in einem Hotel, war verlockend. Und für viele Einwohner von Städten wie Barcelona, London oder Paris ist die Plattform eine Möglichkeit, die überteuerten Mieten auszugleichen und mit ihrer eigenen Wohnung oder einem Zimmer zusätzliches Geld zu verdienen. Aber aus dieser einfachen Idee ist mittlerweile ein „Sharing Economy Imperium“ geworden. Längst werden nicht mehr nur Unterkünfte von Menschen vermietet, die verreist sind oder ihre Wohnungen aus anderen Gründen für ein paar Tage oder Wochen nicht nutzen. Mittlerweile vermieten viele der Anbieter*innen eigens dafür angemietete Immobilien das ganze Jahr über an Touristen – und davon oft mehrere gleichzeitig.
Das Problem dabei: Weil die Einnahmen über Airbnb ein einträgliches Geschäft sind, sind diese Anbieter*innen bereit, weit mehr Miete für die Wohnungen zu zahlen als langfristige Mieter*innen. Es ist schwer, die genauen Auswirkungen von Airbnb zu messen, aber viele Städte werfen dem Unternehmen vor, die Gentrifizierung zu beschleunigen, für einen unverhältnismäßig hohen Anstieg an Mieten verantwortlich zu sein und ein nicht nachhaltiges Niveau des Tourismus gefördert zu haben.
Zwar sind all diese Kritikpunkte dem Silicon-Valley-Unternehmen bekannt, doch bisher hat Airbnb wenig getan, um die kommerzielleren Akteur*innen (die den Großteil seiner „Superuser“ ausmachen) einzuschränken. Bestimmte Schlupflöcher – wie die Verweigerung der Weitergabe von Airbnb-Daten an die jeweiligen Kommunalverwaltungen – erschweren es, das Verhalten der Gastgeber im Auge zu behalten. Das schadet nicht nur der lokalen Bevölkerung selbst, sonderen zudem rückt Airnbnb mit seinem Geschäftsgebahren die gesamte Sharing Economy in ein schlechtes Licht.
Airbnb in fair
Der Stadtplaner Sito Veracruz aus Amsterdam möchte den Einheimischen die Kontrolle über ihre Stadt zurückgeben. Amsterdam ist ein besonders beliebtes Reiseziel auf Airbnb, der Einfluß der Plattform auf diese Stadt ist groß. „Der Wohnraum hier ist knapp“, sagte er 2016 gegenüber der Zeit. „Studenten und Bewohner mit einem geringen Durchschnittseinkommen finden kaum ein Zimmer, geschweige denn bezahlbare Wohnungen. Gleichzeitig sind 41 Prozent der gesamten auf Airbnb gelisteten Wohnungen für mehr als 150 Tage im Jahr vermietet, obwohl das gesetzliche Maximum 60 Tage im Jahr beträgt. Und obwohl Airbnb jetzt Angebote löschen will, die das Limit überschreiten, sind diese Einschränkungen bisher nicht wirksam.“
Veracruz hat nicht per se etwas gegen Airbnb. Aber er ist überzeugt, dass das Konzept besser gemacht werden könnte – und fairer. Daher haben er und seine Mitbegründer*innen eine alternative Plattform ins Leben gerufen: Fairbnb. Denn das Wachstumsmodell von Airbnb sei nicht nachhaltig, so Veracruz: „Wir wollen kein profitables Startup sein. Wir wollen eine eigene Plattform aufbauen, die als Kooperative funktioniert und eng mit den städtischen Verwaltungen zusammenarbeitet.“ In der Praxis bedeutet das, eine völlig transparente Plattform zu sein, die mit Bürgern und den städtischen Behörden zusammenarbeitet. Die Beschränkung jedes Gastgebers auf ein Angebot (das jeweils nur für bis zu 60 Tage pro Jahr vermietet werden darf) und die tatsächliche Durchsetzung dieser Einschränkungen wird dazu beitragen, das ursprüngliche Versprechen von Airbnb zu erfüllen, das den Bewohnern und nicht den Vermietern zugute kommt.
Stadtentwicklung mit allen Beteiligten
Fairbnb-Mitbegründer Damiano Avellino erklärte, warum der wirtschaftliche Ansatz, der Airbnb zugrunde liegt, so problematisch ist: „Es ist eine extraktive Wirtschaft – oft unbesteuert, mit wenig Rückfluss in die Gemeinschaft.“ Im Falle von Fairbnb wollen die Gründer mit den Städten zusammenarbeiten (betonen aber, dass sie es vermeiden wollen, Teil einer politischen Agenda zu werden).
Die Projektgründer mussten sich mit zahlreichen Faktoren auseinandersetzen, wie zum Beispiel Datenschutzgesetzen (wie können die Daten der Nutzer mit der Stadt geteilt und zugleich geschützt sein?), erhöhter staatlicher Verantwortung und der Finanzierung. Mit Hilfe von vielen Unterstützenden, lokalen Behörden und zwei erfolgreichen Crowdfunding-Aktionen wurde eine erste Beta-Version von Fairbnb gelauncht: Seit Anfang des Jahres ist es möglich, über die Plattform in Pilotstädten – Amsterdam, Barcelona, Valencia, Barcelona, Bologna, Genua und Venedig – Unterkünfte zu buchen. Diese Standorte wurden ausgewählt, da sie durch die ungebrochene Popularität von Airbnb besonders belastet waren; so hat sich die Bevölkerung in der historischen Stadt Venedigs zum Beispiel seit 1980 mehr als halbiert. Der offizielle Start der Plattform ist für das Frühjahr 2020 angekündigt.
Dieser Artikel ist eine Übersetzung von Indra Junglut. Das Original erschien zuerst auf unserer englischsprachigen Seite.