In unseren Städten schwirren kleinste Energiemengen permanent um uns herum. Die Quellen sind vielfältig: klassische AM und FM-Radiowellen und elektromagnetische Wellen für terrestrisches Fernsehen, die wir mit Antennen auffangen. Auch Wifi und Mobilfunknetze umgeben uns und sogar Satelliten beamen Strahlung von ganz oben zu uns herunter, die von unseren Satellitenschlüsseln sorgfältig gesammelt, verstärkt und entschlüsselt werden.
Es wurden bereits viele Techniken erprobt, um diese Kleinstmengen an Energie aus der Luft zu ernten, aber selbst wenn das gelingt, bleibt die Frage, was sich damit wirklich Sinnvolles anstellen lässt. Das britische Unternehmen Drayson Technologies hat dazu eine Idee entwickelt und Freevolt getauft. Die Technologie umfasst eine Multiband-Antenne und einen Entzerrer, der Energie aus den verschiedensten Radiofrequenzen absorbieren kann. Mit dem aus den Radiowellen gewonnenen Strom können dann elektronische Geräte geladen werden, die nur wenig Energie benötigen, wie z.B. Sensoren im Internet of Things, Wearables und Blinklichter.
Strom is in the Air
Als ein erstes Produkt hat Drayson Technologies einen Sensor entwickelt, der die Luftverschmutzung misst. Der CleanSpace Tag bietet einen persönlichen, permanent laufenden Kohlenmonoxid-Monitor an, der die Daten via Bluetooth an das Smartphone sendet. Mit Hilfe der Crowd könnten die Sensoren dann die Luftqualität größerer Gebiete kartieren. Portable Sensoren, die die Luftqualität messen, sind nun nichts Neues mehr; wir haben z.B. schon über Hawa Dawa und das Pocket Lab berichtet. Was CleanSpace Tag aber auszeichnet: Die Batterie lädt sich über Radiowellen auf und muss laut Drayson weder ausgewechselt noch jemals mit irgendeiner Stromquelle verkabelt werden.
Damit ist zwar der Beweis erbracht, dass die Radiowellen-Ernte funktioniert und bereits ein erstes Produkt auf den Markt geworfen worden, doch so richtig ins Rollen ist die Sache bisher nicht gekommen. Während das Unternehmen erfolgreich fast 40 Million Britische Pfund Wachstumskapital über vier Jahre einwerben konnte, scheint es, als würde das Unternehmen in anderen Bereichen größere Fortschritte machen, wie z.B. bei den Gesundheitstechnologien. Und auch wenn Drayson auf seiner Webseite Maker und Developer motiviert, sich einzubringen und die Technologie auch für ihre eigenen Geräte aufzugreifen, gibt es keine wirklichen Informationen darüber, wie Freevolt bei anderen Unternehmen funktioniert hat – wenn es überhaupt weitere Anwendungen gibt. Das zeigt vor allem, dass die Technologie wohl nur eine sehr kleine Nische bedient.
Doch dahinter stecken einige wichtige Ansätze. So sollten wir uns angewöhnen, in Zukunft genau hinzuschauen, wo sich in unmittelbarer Nähe Energiequellen befinden und diese dann nutzbar zu machen, um lange Transportwege und Material einzusparen. Ein großes Feld ist hier z.B. auch die Nutzung von Abwärme, wie sie auf großen Serverfarmen und in industriellen Fertigungsprozessen entsteht und im Abwasser mitgeführt wird. Gleichzeitig ist es sehr wahrscheinlich, dass mit voranschreitender Digitalisierung auch immer mehr Kleinstgeräte zum Einsatz kommen, z.B. im Internet of Things, aber auch bei den Gesundheitstechnologien. Wenn dann bei Geräten, die nur minimale Energiemengen benötigen, kein Batteriewechsel mehr nötig ist, ist das nicht nur praktisch, sondern auch ein Beitrag, um Müll zu reduzieren und zu verhindern, dass noch mehr giftige Chemikalien auf Mülldeponien landen.
Dieser Artikel ist eine Übersetzung von Sarah-Indra Jungblut. Das Original erschien zuerst auf unserer englischen Website.