Wer klimafreundlich reisen will, nutzt Fahrrad oder Bahn statt Auto und Flugzeug. Soweit das gängige Verständnis. Was viele nicht wissen: Über ein Drittel der von der Deutschen Bahn genutzten Züge werden nicht schadstoffarm über Stromleitungen, sondern mit Dieselmotoren betrieben. Hier will die Bahn künftig auf durch Brennstoffzellen angetriebene Wasserstoffzüge setzen. Der erste Probelauf beginnt ab Dezember 2016 in Niedersachsen: zwei der emissionsfreien Züge verbinden dann die Städte Cuxhaven und Bremerhaven. Bis 2020 sollen dann bereits 14 Wasserstoffzüge die Dieselloks ersetzen.
Brennstoffzellen bringen den Zug ins Rollen
Die neuen Züge wurden von dem deutschen Schienenfahrzeughersteller „Alstrom“ entwickelt und der Öffentlichkeit im September auf der Fachmesse InnoTrans unter dem Namen „Coradia iLint“ vorgestellt. Der Coradia iLint wird nicht mit einem herkömmlichen Verbrennungsmotor betrieben, sondern durch eine Wasserstoff-Brennstoffzelle angetrieben. Die Brennstoffzelle erzeugt durch eine chemische Reaktion von Sauerstoff und Wasserstoff elektrische Energie. Die „Abfallprodukte“ dieses Prozesses sind lediglich Wasserdampf und Kondenswasser, somit ist der Energiegewinn vollständig emissionsarm.
Praktisch sind die Züge mit einem Wasserstofftank auf dem Dach und einer Brennstoffzelle sowie Batterien im Boden ausgestattet. Sie erreichen eine Höchstgeschwindigkeit von maximal 140 Stundenkilometern und können laut Hersteller mit einer Tankladung Wasserstoff rund 800 Kilometer zurücklegen. Dieser wird vorerst von Industrieanlagen aus der Chemieindustrie bezogen. Langfristig möchte Alstom eigene Elektrolyseanlagen in Betrieb nehmen um den Treibstoff selbst zu produzieren.
Wirtschaftlichkeit des Systems begünstigt Umstellung
Anreiz zur Umstellung bietet nicht nur die Klimaverträglichkeit der neuen Züge, sondern auch wirtschaftliche Erwägungen: Die Brennstoffzellen sind wartungsärmer als herkömmliche Motoren und auch die Erwartung steigender Ölpreise macht den Verzicht auf Diesel reizvoll. Außerdem wird das Programm im Rahmen des „Nationalen Innovationsprogramm Wasserstoff und Brennstoffzelle“ vom Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) mit knapp 8 Millionen Euro gefördert.