Um 30 Prozent effizienter: Neuer Code reduziert Energieverbrauch von Linux

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Das Betriebssystem Linux ist Grundlage für viele Server. Eine neue Codezeile soll nun für mehr Effizienz sorgen – und könnte den weltweiten Energieverbrauch von Rechenzentren um fünf Prozent senken.

Autor*in Kezia Rice:

Übersetzung Benjamin Lucks, 31.03.25

Professor Martin Karsten beschreibt seine Entdeckung wie folgt: „Fast jede einzelne Dienstanfrage, die im Internet gestellt wird, könnte dadurch positiv beeinflusst werden.“ Karsten ist stellvertretender Direktor an der Cheriton School of Computer Science. Seine Endeckung ist eine Codezeile, die nun in das Betriebssystem Linux aufgenommen wird.

Linux wird unter anderem von Unternehmen wie Amazon und Google zum Betrieb ihrer Serverplattformen verwendet. Ob wir uns dessen bewusst sind oder nicht: wir alle haben täglich unzählige Male mit Linux zu tun. Und Professor Karstens neuer Code kann die Energie, die für den Zugriff auf diese Websites benötigt wird, um bis zu 30 Prozent reduzieren. Diese eine Codezeile könnte dadurch zu einer fünfprozentigen Reduzierung des weltweiten Energieverbrauchs von Rechenzentren führen.

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Erneuerbare Energiequellen, innovative Lösungen und natürlich die Optimierung der Betriebssysteme sind allesamt Möglichkeiten, die Emissionen von Rechenzentren zu reduzieren.

Wie die Codezeile entdeckt wurde

Von 2022 bis 2023 arbeitete Karsten mit seinem ehemaligen Masterstudenten Peter Cai zusammen. Zu ihren Forschungsarbeiten gehörte die Analyse von Leistungsbeobachtungen in Literatur über zur Netzwerkstack-Verarbeitung auf Benutzerebene. Das ist ein Setup, bei dem Daten den Kernel-Netzwerkstack umgehen und stattdessen als Teil der Anwendung implementiert werden. „Während dieser Arbeit entdeckten wir, dass dabei ein bestimmtes Verarbeitungsmuster sehr vorteilhaft ist“, erklärte Karsten gegenüber RESET. „Uns wurde klar, dass wir diesen Mechanismus auch auf den Linux-Kernel anwenden können.“

Die Lösung, die sie entwickelt haben, heißt Interrupt Request Suspension oder IRQ Suspend. Sie ermöglicht es Linux, sich an die Menge des eingehenden Datenverkehrs anzupassen. Das Betriebssystem schläft sozusagen, wenn es nicht benötigt wird. Und das senkt den Energieverbrauch von Rechenzentren. Laut Karsten ist: „Das Ergebnis ist das Beste aus beiden Welten. Hohe Effizienz und Leistung während der Spitzenzeiten und Energieeinsparungen während der Leerlaufzeiten.“

Linux hat Code bereits eingebunden

Um den Code zu finalisieren, arbeitete Karsten mit dem Fastly-Ingenieur Joe Damato zusammen. Nachdem er den Code im November 2024 bei Linux zur Prüfung eingereicht hatte, wurde er nun in die neueste Kernel-Version 6.13 übernommen. Da zwischen der Veröffentlichung und dem Vertrieb eine gewisse Zeit vergeht, gibt es noch keine konkreten Daten über die Auswirkungen des neuen Codes. „Aber was ich bisher gehört habe, klingt sehr ermutigend“, sagt Karsten.

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Effizientere Systeme haben allerdings eine Gefahr: Sie können dazu führen, dass wir unseren Verbrauch steigern. In diesem Falle würden die eigentlichen Vorteile der Einsparungen zunichte gemacht. Karsten räumt ein, dass dieses „Jevons-Paradoxon“ genannte Phänomen auch auf das neue effizientere Linux-System zutreffen könnte.

Karsten betont dahe die Notwendigkeit eines achtsamen Umgangs mit digitalen Werkzeugen und der Effizienzoptimierung. „Krypto-Mining ist ein Paradebeispiel für teure und nutzlose Berechnungen, die Energie für absolut keinen Nutzen verschwenden.“ In der Zwischenzeit müssen viele andere Ineffizienzen in moderner Software angegangen werden. „Diese zu untersuchen, wird in absehbarer Zukunft mein wichtigstes Forschungsthema sein.

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