Zwar kam die Blockchain-Technologie zuerst im Finanzsektor bzw. im Feld digitaler Währungen auf, aber sie kann durch ihren dezentralen Charakter auch im öffentlichen Sektor, gerade in der Verwaltung, viel bewegen und verändern. Ein großer Teil der Abläufe in der Verwaltung bestehen derzeit darin, über Mittler-Institutionen Vertrauen zwischen den verschiedenden Parteien zu bilden. Dies würde mit einer (guten) Blockchain-Lösung wegfallen, da sie selbst mithilfe einer technischen Lösung das Vertrauen schafft: durch das Verifizieren von Identität, das Nachverfolgen von Objekten bzw. Assets und das Zertifizieren von Transaktionen.
Die Blockchain kann außerdem Konsumenten in die Lage versetzen, bewusstere Kaufentscheidungen zu treffen, da sie eine sichere Nachverfolgung von Gütern ermöglicht und so Transparenz in die Lieferketten bringt. Insbesondere bei Lebensmitteln legen Verbraucher Wert auf eine faire und nachhaltige Produktion – entlang der gesamten Lieferkette. Das Zertifizieren verschiedener Abschnitte von Lieferketten war allerdings bisher sehr zeit- und kosteninntensiv. Die Blockchain hingegen macht eine Verschlankung des Prozesses und zugleich eine nachvollziehbare und transparente Dokumentation möglich: Jeder einzelne Schritt von Produzenten, Zertifizierern und weiterverarbeitenden Unternehmen wird in der Blockchain gespeichert. Diese Vorgänge sind dann nicht mehr veränderbar oder manipulierbar.

Das Unternehmen Provenance hat für den Fischfang bereits ein solches Blockchain-Projekt gestartet und auch für das Tracking nachhaltiger Kaffeebohnen wird bereits die Blockchain genutzt. Aber nicht nur bei Nachrungsmitteln, auch bei Elektronikgeräten kann die Technologie sinnvoll sein, da so Unternehmen nachweisen können, dass sie auf den Einsatz sogenannter Konfliktmineralien verzichten und nur fair geförderte Materialien für die Produktion von Smartphones, Tablets und Co nutzen.
Spenden und Hilfsleistungen transparent nachvollziehen
Das Verfolgen von Transaktionen ist einer der wesentlichen Vorteile der Blockchain und kann damit auch Hilfsorganisationen einen großen Gewinn bringen. Gerade wenn es um Spenden und Hilfsleistungen und damit auch um Vertrauen geht, ist die Nachvollziehbarkeit der Gelder ein extrem wertvolles Gut. Geldtransfers sind besonders anfällig für Korruption. Was bei wem am Ende tatsächlich ankommt – oder auch nicht – kann auf herkömmlichem Wege schwer nachgeprüft werden. Damit Menschen spenden, benötigt es also einen Vetrauensvorschuss. Wer den beteiligten Organisationen und Akteuren nicht vertraut bzw. Zweifel an deren Vetrauenswürdigkeit hat, spendet in der Regel auch nicht. DLTs können hier Abhilfe schaffen. Es gibt bereits einige Vorstöße und konkrete Projekte, bei denen daran gearbeitet wird, Spenden und Hilfsleistungen per Blockchain nachvollziehbar zu machen.
Eines davon ist GiveTrack, ein Spendenportal der US-amerikanischen Non-Profit-Organisation BitGive. Damit will die Organisation den Weg einer einzelnen Spende bis hin zur Umsetzung verfolgbar machen, statt nur pauschal zu erfahren, wofür eine Wohltätigkeitsorganisation ihre Spendeneinnahmen ausgegeben hat. Spendenorganisationen sollen so in die Lage versetzt werden, ihre Projekte schnell und transparent zu realisieren. Aber nicht nur für Privatspenden, sondern auch in Bezug auf Entwicklungshilfsgelder kann die Blockchain-Technologie einiges leisten. Aid:Tech arbeitet derzeit an einer ganz ähnlichen Lösung.
Für gerechte Landverteilung, gegen Korruption
Die Blockchain kann außerdem dazu beitragen, die Datenverwaltung traditioneller Bürokratien zu verschlanken und Datensilos zu überwinden. Sie könnte sich auch als wirksames Tool gegen Korruption erweisen, da sie ein hohes Maß an Sicherheit für die Informationen und die Integrität der verwalteten Aufzeichnungen bietet und deren Authentizität gewährleistet – Daten zu fäschen wird schwierig bis unmöglich.
Aufgrund der Eigenschaften der Technologie eignet sich der Einsatz der Blockchain v.a. für die Registrierung von Vermögenswerten und insbesondere für Grundbucheintragungen. Dort, wo die gerechte Verteilung von Land ein Problem darstellt, könnten verteilte, sichere Datenbanken dazu beitragen, gegen Betrug vorzugehen und zugleich die Menschen in armen Communitys ermutigen, ihren Landbesitz registrieren zu lassen. Getestet werden bzw. wurden solche Blockchain-Register u.a. in Schweden, Georgien, Kolumbien, der Ukraine, Kenia und Ghana – teils mit Erfolg, teils sind diese Projekte aber auch bereits gescheitert. Es zeichnet sich dabei ab, dass die Blockchain vor allem bestehende Registersysteme stärken kann. Voraussetzung für den Erfolg von Blockchain-basierten Registern ist somit, dass vorhandene Systeme bereits eine entsprechende Legitimität und Stärke besitzen – ein bloßes „Überstülpen“ der neuen Technologie dort, wo es keine ausreichenden Strukturen gibt oder Korruption herrscht, ist mit großer Wahrscheinlichkeit zum Scheitern verurteilt.
Was bleibt vom Hype?
Blockchains und DLTs könnten Bürokratien verschlanken, den Verwaltungsaufwand reduzieren und Prozesse effizienter gestalten. Aufgrund der Eliminierung von Manipulationsmöglichkeiten hat die Technologie ein großes Potenzial, Korruption bei Geldtransfers oder Registrierung von Besitz zu verhindern und Transparenz in Lieferketten und Märkte zu bringen. Für all diese Bereiche braucht es jedoch Regulierungen und vor allem starke Akteure bzw. Institutionen, die bestimmte Regeln einhalten, damit die angestrebte Verlässlichkeit und Nachvollziehbarkeit der Daten auch zustandekommt. Der Einsatz der Technologie in einem durch und durch korrupten System würde sehr wahrscheinlich keine Früchte tragen, hier müsste zunächst die Korruption bekämpft werden.
Die Blockchain und andere Distributed-Ledger-Technologien haben aber auch in anderen Bereichen das Potenzial, nachhaltige Veränderungen anzustoßen, zum Beispiel in der Sharing Economy oder im Bereich Digitaler Identitäten.
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