Obwohl man manchmal am liebsten sein Geld unters Kissen packen würde – ein Bankkonto hat eigentlich jeder von uns. Doch da liegt es nicht nur herum. Unser Geld „arbeitet“ wie man so schön sagt. Nur leider ziemlich oft mit Dingen, die wir mit unserem Gewissen eigentlich nicht vereinbaren können. Nahrungsmittelspekulationen, Investitionen in die Rüstungs- und Kohleindustrie – Dinge, die wir in anderen Bereichen ablehnen. Doch warum machen wir bei unserem Konto eine Ausnahme? Weil wir nicht sehen, was damit passiert? Möglich. Aber das wissen wir bei anderen Produkten auch nicht und entscheiden uns trotzdem dagegen. Weil uns das Finanzwesen so unglaublich kompliziert und undurchsichtig erscheint? Vielleicht. Weil es gar nicht so viele Kreditinstitute gibt, die grüne Alternativen bieten? Auch das ist ein Punkt. Nun reiht sich in die überschaubare Auswahl ein neuer Spieler ein – Tomorrow.
Seit Mitte November ist Tomorrow am Start mit einem mobilen, nachhaltigen Girokonto. Momentan wird eine Warteliste abgearbeitet (man kann sich aber noch eintragen lassen) und jeden Tag werden mehrere hundert Kundinnen und Kunden aufgenommen. Voraussetzung fürs Konto ist ein Smartphone, da alles über eine App abgewickelt wird. Da das Basis-Konto zunächst einmal kostenlos sein soll, ist sonst auch nicht viel mehr nötig. Somit sollen möglichst viele Menschen die Gelegenheit bekommen, bei Tomorrow mitzumachen. Mit dem Konto erhält man eine Mastercard, mit der drei Abhebungen pro Monat kostenlos sind. Später soll es noch eine Premium-Version des Kontos geben, bei der die Kunden einen monatliche Grundgebühr zahlen, dafür aber auch mehr Services erhalten.
Was ist nachhaltiges Anlegen?
Doch was bedeutet „nachhaltig“ im Zusammenhang mit einem Girokonto? Das Startup aus Hamburg hat einen „Negativ-Kriterien-Katalog” für Dinge, in die nicht investiert wird. Das geht von Waffen- und Rüstungsunternehmen über Atom-, Kohlekraftwerke und Fracking bis hin zu industrieller Tierhaltung und Nahrungsmittelspekulation. Stattdessen werden erneuerbare Energien, ökologische Landwirtschaft oder Mikrokredite unterstützt. Außerdem sollen die Kundinnen und Kunden über das Impact Board einsehen können, welche Summe in ökologische und soziale Projekte fließen. Transparenz und Mitbestimmung sind weitere Stichpunkte, die Tomorrow von anderen Fintech-Unternehmen abheben soll. Über den öffentlich zugänglichen „Maschinenraum“ – eine Trello-Seite – können die Zukunftspläne des jungen Unternehmens eingesehen werden. Dabei kann und soll auch mitgeredet und abgestimmt werden.
Die Gründer von Tomorrow sind übrigens keine Unbekannten. Hinter all dem stecken Inas Nureldin, Michael Schweikart und Jakob Berndt. Nureldin ist Mitbegründer der Software Muddy Boots, die über die Cloud Transparenz in die Wertschöpfungsketten der Lebensmittelbranche bringt. Schweikart baute bereits die Plattform jobs4refugees mit auf und Berndt ist als Gründer des Social Business Lemonaid & ChariTea bekannt. Allesamt also mit Erfahrungen mit sozialen und ökologischen Unternehmen, aber niemand mit einem Banking-Hintergrund. Das ist vielleicht auch gut so, um ein bisschen out-of-the-box zu denken. Die nötige Banklizenz kommt von dem Berliner Technologie-Unternehmen solarisBank, das Startups mit eben dieser ausstattet. Bisher gibt es nur das Girokonto mit einer Mastercard. Aber schon die hat einen positiven Impact. Die Transaktionskosten, die beim Benutzen einer Kreditkarte für den Händer anfallen und an die Bank gezahlt werden, werden von Tomorrow nicht als Einnahmequelle genutzt, sondern in Klimaschutzprojekte gesteckt. Shoppen für den Regenwald sozusagen.
Und was kommt morgen?
Auf lange Sicht will Tomorrow aber mehr als nur ein Girokonto anbieten. Alle möglichen Finanzprodukte sollen in Zukunft erhältlich sein – nachhaltig und mit einem positiven Impact. Versicherungen, Crowdfunding, Sparpläne, nachhaltige Fonds. Die Ideen sind da. Und auch die Möglichkeit, sich als Kundin oder Kunde einzubringen und Ideen und Wünsche zu äußern. Nachhaltigkeit rentiert sich, das wissen wir. Nun kann das auch unser Bankkonto.