Von der „Stinkepanke” zum Modellprojekt: Ein Fluss wird wiederentdeckt

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Die Industrialisierung und das rasche Wachstum Berlins machten aus der Panke eine Kloake, die für ihren Gestank berühmt war. Jetzt wird die Panke renaturiert. Auf den Naturführungen lässt sich bereits lernen, über welchen Schatz die Region mit dem Fluss verfügt. 

Autor*in RESET , 15.10.10

Die Industrialisierung und das rasche Wachstum Berlins machten aus der Panke eine Kloake, die für ihren Gestank berühmt war. Jetzt wird die Panke renaturiert. Auf den Naturführungen lässt sich bereits lernen, über welchen Schatz die Region mit dem Fluss verfügt. 

Ein Gastbeitrag von Joachim Faust vom Verein panke.info zum Blog Action Day 2010. Der Blog Action Day ist eine internationale Initiative, um Aufmerksamkeit auf ein globales Problem zu lenken – in diesem Jahr geht es um Wasser.

„Schiffbauerdamm Nummer zwee fließt die Panke in die Spree“ – Was Berliner Schüler einst als Merksatz paukten, hat schon lange seine Gültigkeit verloren. Längst wird das Pankewasser über den künstlich angelegten Schönhauser Graben in den Berlin-Spandauer Schiffahrtskanal geleitet. Überhaupt muss inzwischen vieles, was der Volksmund über Berlins „zweiten Stadtfluss“ zu wissen glaubt, auf seine Richtigkeit überprüft werden. Aber das negative Bild von der „Stinkepanke“ hat sich als besonders nachhaltig erwiesen. Doch auch wenn heute das Bild einer stinkenden, durch Hinterhöfe rinnenden Kloake nicht mehr stimmt: einen seiner Bedeutung angemessenen Anblick bietet der letzte Nebenfluss der Spree wahrlich an kaum einer Stelle des 27 Kilometer langen Gewässerlaufs.

Verlauf der PankeIn den bis 1920 gültigen Stadtgrenzen flossen durch Berlin als natürliche Gewässer nur die Spree und die Panke. Der Panke-Quellort Bernau, noch im Mittelalter berühmt für sein auch aus Pankewasser gebrautes Schwarzbier, lag fernab auf den Höhen des Barnim. Inzwischen ist die Panke auf ihrer gesamten Länge vom Menschen verändert, begradigt und in Spundwände eingezwängt worden. 

Schon früh hat man sich das Gefälle der Panke von vierzig Metern zunutze gemacht, um Mühlräder anzutreiben. Bis zu 30 Färbereien, Leimsiedereien und Gerbereien haben der Panke Wasser entnommen, um es dann stark verschmutzt wieder in den Fluss zu einzuleiten.

Im 19. Jahrhundert verzehnfachte sich die Einwohnerzahl Berlins – so kam es dazu, dass die einst fast vollständig außerhalb der Stadtmauern liegende Panke heute auf ihrer gesamten Länge in einem großstädtisch oder suburban geprägten Umfeld liegt. Als in den 1890er Jahren die Rieselfelder nordöstlich Berlins angelegt wurden, um die Abwässer aus der neu angelegten Kanalisation landwirtschaftlich nutzbar zu machen, diente die Panke zur Entwässerung des intensiv genutzten Areals. 

Die Wiederentdeckung der Panke

Die großen Industriebetriebe sind heute verschwunden und auch die Rieselfelder werden seit 1986 nicht mehr mit neuen Abwässern belastet. Die Wasserqualität der Panke ist im Begriff, sich langsam wieder zu verbessern. Von biologischer Vielfalt in Flora und Fauna kann an diesem Fluss dennoch noch nicht die Rede sein. Durch den jahrzehntelangen Fokus auf Wasserableitung und Hochwasserschutz wurde die Gewässerstruktur sträflich vernachlässigt. Dass die Panke zum Modellprojekt ausgewählt, zeigt, welchen Handlungsbedarf auch die Behörden sehen. Bis zum Jahr 2015 soll ihr Verlauf renaturiert werden.

Aber auch Anwohner beginnen sich für ihren Stadtfluss zu interessieren. Im Mai 2009 hat sich in Berlin-Gesundbrunnen der Verein panke.info gegründet. Auf Radtouren, Vorträgen und Naturführungen – auch für Kinder – zeigen die Vereinsmitglieder allen Interessierten, über welchen Schatz Berlin und Brandenburg mit der Panke verfügen.

Die Panke. Foto: flickr/ Thomas Preymesser, CC-BY-NC

Es wimmelt nur so von Fischen, Insekten und Amphibien in der Panke! Rund um den Fluss gedeihen viele Pflanzen in vielerlei Arten. Manchmal braucht man nur eine fachkundige Anleitung, um die Tiere und Pflanzen finden und bestimmen zu können. Um dieses Wissen geht es bei den Naturführungen für Kinder. „Kinder, die in einer Stadt aufwachsen, haben nicht unbedingt einen einfachen Zugang zur Natur“, sagt Annika Haß. Gemeinsam mit ihrer Kommilitonin Corinna Zick hat die Naturschutzstudentin schon einige Naturführungen organisiert. Je nach Jahreszeit suchten die „kleinen Naturforscher“ im Vor- und Grundschulalter Tiere im Herbstlaub, früh blühende Pflanzen im Frühling oder Wasserbewohner im Sommer. „Wir führen die Kinder spielerisch an die Themen heran“, erklärt Corinna Zick, die an der Fachhochschule Eberswalde studiert.   

Wenn wir dazu beitragen können, dass die Panke auch als Naturraum in der Stadt wahrgenommen wird, ist schon viel geleistet.

Weiterführende Links

panke.info

Mangelware Wasser

Während wir in Deutschland im Durchschnitt rund 120 Liter reinstes Trinkwasser pro Tag für das Waschen, Putzen und Kochen verbrauchen, haben laut dem aktuellen UN-Weltwasserbericht 2,1 Milliarden Menschen keinen Zugang zu trinkbarem und durchgängig verfügbarem Trinkwasser.