In immer mehr Haushalten weltweit werden Smart Meter installiert, da viele Regierungen, wie auch die USA und EU, neue Richtlinien einführen, um Verbraucher anzuregen, von analogen auf digitale Strommessungen umzusteigen. Fürsprecher der Smart Meter argumentieren, dass das System dabei hilft, über Echtzeitdaten den Energieverbrauch präziser nachzuvollziehen, zu analysieren, wie Konsumgewohnheiten verändert werden können, Stromkosten zu sparen und das Risiko von Stromausfällen zu reduzieren.
Doch die zunehmende Verbreitung neuer digitaler Systeme hat bei einer Gruppe niederländischer Entrepreneurs die Frage aufgeworfen, welchen Einfluss der Wechsel zu den smarten Messgeräten auf unseren Planeten hat. Denn auch wenn jüngst Fortschritte darin gemacht wurden, die Produktionsketten fairer und gerechter zu gestalten (wie z.B. die Vermeidung von Konfliktmineralien aus bestimmten Elektrogeräten), ist die Elektronikindustrie alles andere als nachhaltig. Aus diesem Gedanken heraus wurde die Fair Meter Initiative geboren. Die Initiative will zeigen, dass es möglich ist, Smart Meter aus sozial korrekten Materialien und unter fairen Arbeitsbedingungen herzustellen, die zusätzlich die Daten der Nutzer schützen und CO2-Emissionen minimieren.
Mit Hans Nooter von der Fair Meter Initiative haben wir über diese Mission gesprochen.
Was hat euch veranlasst, die Fair Meter Initiative zu starten?
Die anstehende massive Einführung von smarten Energiemessgeräten wird zu einer Massenproduktion der elektronische Geräte führen und auch dazu, dass viele alte Strommesser ausgedient haben werden. Da die Produktion von Elektrogeräten massive soziale und ökologische Auswirkungen hat haben wir uns entschieden, auf dieses Problem aufmerksam zu machen.
Wie wollt ihr nachhaltig produzierte Fair Meter aus Mineralien, die unter fairen Bedingungen gewonnen wurden, entwickeln?
Als eine Initiative, die von niederländischen Netzbetreibern ins Leben gerufen wurde, sind unsere Prozesse ein wichtiger Weg, um „gute Elektrogeräte“ zu fordern. Neben der Entwicklung eines fairen Smart Meters haben wir auch eine Reihe von Workshops veranstaltet und einen Infostand auf der Amsterdam European Utility Week 2012 und 2013 betreut, wo wir Fragen aufgeworfen haben und in einen Dialog mit der Öffentlichkeit getreten sind.
Letztes Jahr haben eine Reihe Partner den von uns entworfenen sogenannten „Green Deal“ unterzeichnet, unter anderem auch das niederländische Ministerium für Wirtschaft, Umwelt und Infrastruktur, drei holländische Netzbetreiber, die Smart City Amsterdam und die Waag Society. Außerdem arbeiten wir an einem Label für Rohmaterialien und innovative Pilotprojekte.
Auf eurer Webseite erwähnt ihr, dass ihr bei der Entwicklung der Ideen Input von externen Quellen erhalten habt – wie wichtig waren diese Kollaboration?
Von Anfang an waren Kollaborationen ein wesentliches Element in diesem Prozess. Nicht nur mit den ersten Stakeholdern, sondern auch mit Partnern, die sehr verschiedene Möglichkeiten und Perspektiven mit in den Prozess einbringen. Unserer Meinung nach ist es wichtig, einen Dialog mit Partnern aus der Wirtschaft und den Lieferketten zu initiieren, um innovative und nachhaltige Lösungen zu finden und dann auch umzusetzen. Ich sehe das so: Man muss selbst Teil des Wandels werden, den man bewirken will.
Was waren die größten Herausforderungen der Fair Meter Initiative und wie habt ihr sie gelöst?
Faire und nachhaltige Entwicklung in einen Business Kontext zu integrieren und die richtige Balance zwischen der Weiterentwicklung der Initiative und ersten Businessprozessen zu finden und diese zu integrieren ist eine Herausforderung. Die Fair Meter Initiative zielt nicht nur darauf ab, einen Stromzähler zu entwickeln. Mit der Aufstellung von Kriterien für faire Messgeräte will die Initiative ein Verständnis dafür schaffen, wie wichtig und machbar ‚good electronics‘ sind. Diese Veränderung im Mindset durch die Entwicklung eines Messgeräts zu kommunizieren war und ist die hautsächliche Herausforderung.
Die Entwicklung des physikalischen Messgeräts ist ein greifbarer Prozess, aber neue Businessmodelle mit dem Konzept der Zirkularität – wobei hier der Fokus auf der maximalen Wiederverwendung des Produkts und der Materialien liegt – sind sehr abstrakt. Diese verschiedenen Abstraktionsebenen im Blick zu haben und greifbare Ergebnisse zu erreichen ist eine Herausforderung.
Wie war bisher die Reaktion auf eure Initiative?
Wie auch bei anderen Initiativen, die sich für faire Lieferketten engagieren, haben die Menschen keine klare Vorstellung von den potentiellen Einflüssen von Elektronik. Wir stehen in Kontakt mit kleinen NGOs, der Kreativindustrie und Zulieferern, die ihre Perspektiven und Kompetenzen beisteuern.
Was für einen langfristigen Einfluss könnte die Fair Meter Initiative auf die Industrie haben?
Wir hoffen, einen Einfluss auf die Industrie zu haben indem wir zeigen, dass nachhaltige Praktiken nahtlos in wirtschaftliche Ansätze übertragen werden können. Es wäre auch großartig, wenn die Transparenz in Bezug auf soziale und ökologische Einflüsse entlang der kompletten Lieferkette Aufmerksamkeit seitens Wirtschaft und Öffentlichkeit bekommt. Und vielleicht wird unser Ruf nach fairen Produkten auch dazu beitragen, wie wir über Form und Funktionalität unserer Messgeräte und der Bedeutung eines nachhaltigen Energiesystems denken.
TATENDRANG ist das Interviewformat von RESET. Wir wollen wissen, wie unsere Interviewpartner zu ihren spannenden, innovativen und einzigartigen Projekten und Ideen aus den Bereichen Umwelt und globale Gerechtigkeit kamen, warum sie sich für genau das Thema einsetzen und wie schwer oder einfach sich das Projekt durchführen ließ. Damit wollen wir Ideen streuen, Projekte präsentieren und zu Aktionen anregen. Wir denken: Die Welt verändern kann jeder! Alle Interviews findest du hier: TATENDRANG