TATENDRANG: Elektroschrott rein, Bargeld raus!

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EcoATM

Wir plauderten mit EcoATM Gründer, Mark Bowles, über innovative Wege mit Elektroschrott umzugehen und darüber, wie der Hauptbestandteil des E-Mülls - Technologie - sinnvoll weiter verwendet werden kann!

Autor*in Hanadi Siering, 03.02.14

Wir sind umweltbewusst, trennen Müll, tauschen Kleider, statt sie neu zu kaufen, und bepflanzen Freiflächen in der Stadt. Aber es gibt eine Sache, die leider nur ein Punkt ganz weit unten auf unserer To-Do-Liste ist: das Recycling von Elektroschrott. Wahrscheinlich recherchieren die meisten nur im seltensten Falle, wie und wo der anfallende E-Schrott recycelt werden kann. Gut, dass es Menschen gibt, die sich genau darüber Gedanken machen.

Einer davon ist Mark Bowles, der sich EcoATM ausgedacht hat – ein Automat, der (im Moment nur in den USA) kleinere kaputte Elektrogeräte wie Handys, MP3 Player oder Tablets annimmt. Der Automat schätzt den Wert des Gerätes auf Grundlage des Modelltyps und des Zustandes. Der „Gerätegeber“ kann dann entscheiden, ob er lieber seien Elektroschrott zurückhaben oder den berechneten Wert ausgezahlt bekommen möchte. Sozial ist das Projekt aber auch in anderer Hinsicht. Statt sich das Geld komplett auszahlen zu lassen, kann es auch für verschiedene soziale Projekte gespendet werden. Der ganze Prozess dauert nicht länger als ein paar Minuten.

Gründer und Marketingchef Bowels, der vor EcoATM schon fünf andere Start-Ups (mit-)gründete, ist auf die Idee gekommen nachdem er „…2008 eine Umfrage gelesen (hat), die ergab, dass nur drei Prozent der Mobiltelefone weltweit recycelt werden. Unglaublich, aber in diesem Jahr wurden etwa eine Milliarde Handys versandt. Ich realisierte, dass ich etwas tun muss, um die Handy-Recycling-Rate zu erhöhen. Ich mochte die Idee, Technik für die Lösung eines Problems, welches durch Technik erst entstand, einzusetzen. Die Idee zu EcoATM war geboren.

Check das Video aus, um zu sehen, wie EcoATM funktioniert:

Alles oder nichts

Es ist keine Neuigkeit, dass E-waste ein wichtiges Thema ist. Daten, die von der Step Initiative der Vereinten Nationen (der Zweig der UN, der sich mit dem Problem des Elektroschrotts beschäftigt) 2013 veröffentlicht wurden, machen deutlich, dass sowohl Bürger als auch Regierungen unbedingt größere Anstrengungen für Recycling von Elektrogeräten und -teilen unternehmen sollten. Laut einem Bericht wurden 2012 ingesamt 50 Millionen Tonnen Elektroschrott produziert. Das entspricht etwa 7 Kilogramm Müll für jede Person auf der ganzen Welt. Tatsächlich ist es so, dass E-Schrott die am schnellsten wachsende Art von Müll ist. Es wird geschätzt, dass bis 2017 der E-Müllberg auf 67,4 Millionen Tonnen anwachsen wird, wenn wir weiterhin jedem neuesten elektronischen Gadget nachrennen, bevor unser altes überhaupt seinen Geist aufgegeben hat.

EcoATM in der Mall

Bowels fasst zusammen, dass es zwei Schlüsselfaktoren, die für das Wachstum des Elektromülls führen, gibt: „Die schnell-wachsende Zahl von Mobiltelefonen und der Aufstieg einer globalen Mittelklasse, die immer mehr Geräte haben will, machen E-waste zu einem ernsten Problem.“ Deswegen ist es eine Herkukulesaufgabe, die Menschen von der Funktionalität der EcoATMs zu überzeugen.

Es sei wahrlich nicht einfach gewesen, Investoren für das Projekt zu finden. Bowles sagt: „Es dauerte Jahre, bis EcoATM voll finanziert war… Aber ich habe es durchgezogen, weil ich von dem Konzept überzeugt war – auch wenn 40 mögliche Kapitalgeber nicht nur meinten, dass es nicht funktionieren würde, sondern auch dass ich albern sei, wenn ich die Idee weiterverfolge.“ Überzeugt davon, dass seine Idee durchschlagen wird, setzte er sein Haus und seine Ersparnisse aufs Spiel, nur um das Projekt am Laufen zu halten.

Bis jetzt hat sich der Handel ausgezahlt. Immer mehr Menschen nutzen EcoATMs. „Die Leute sind gegenüber EcoATM unglaublich aufgeschlossen. Wir haben in den USA derzeit mehr als 800 solcher Automaten. Der Wille der Amerikaner zum Recycling wächst stetig. So konnten wir in nur neun Monaten die Zahl der produzierten Automaten verdoppeln.“ Sie hätten erst kürzlich das 2 Millionste Gerät recycelt, nachdem im April 2013 die Millionengrenze erreicht worden wäre, erzählt Bowels. „Wir haben Millionen Dollar zurück in die Taschen der Konsumenten gebracht und wir haben Städten im ganzen Land gezeigt, welchen positiven Einfluss sie auf die Umwelt durch Elektroschrott-Recycling haben können.

Nichts wird verschwendet, nicht einmal Zeit

Die meisten Geräte, die durch das EcoATM gesammelt werden, können wiederverwendet werden. Die, die nicht mehr gebrauchsfähig sind, werden sorgfältig und ordentlich entsorgt. EcoATM arbeitet dafür mit ausgewählten Entsorgungs-Partnern zusammen, die strikte behördliche Standards erfüllen müssen. Sie müssen die kaputten Geräte sammeln, sicher auseinander nehmen und in ihre Einzelteile (Kupfer, Blei, etc.) zerlegen, die widerum weiterverwendet werden. Dabei muss sichergestellt sein, dass nichts davon in die Erde oder ins Grundwasser gelangt. Dies geschieht leider viel zu oft, wenn alte Geräte nicht ordnungsgemäß entsorgt werden.

Die EcoATM Geschäftsidee zeigt als Vorzeigemodell, wie einfach mit Elektromüll umgegangen werden kann: ohne viel Lauferei für den Besitzer wird der Recyclingprozess in Gang gesetzt und das gesamte Nutzungskonzept um zwei Hauptfelder – finanzielle Belohnung und Bequemlichkeit – strukturiert.

Wir glauben, dass es ein Weg in die richtige Richtung ist, neue und innovative Wege zu finden, Recycling in den Alltag der Menschen zu integrieren,“ sagt Bowles. „Beispielsweise haben wir EcoATM so entworfen, dass die Leute den Automaten während ihres Einkaufs im Shoppingcenter oder an anderen hochfrequentierten Orten nutzen können, um ihr altes Telefon loszuwerden und ein bisschen Bargeld dafür zu bekommen.

Einen finanziellen Anreiz für die Abgabe der Altgeräte zu bieten, hat zum Vorteil, dass auch diejenigen sich angesprochen fühlen, die sonst nie auf die Idee gekommen wären, ihre alten Geräte zu recyceln. „Als eine Gesellschaft können wir aus diesen Prinzipien lernen, mehr einfache Lösungen zu entwickeln, die Teil unseres Alltags werden könnten und die uns ermutigen, mehr positiven Aktionswillen für die Lösung des e-waste Problems zu entwickeln,„meint Bowles.

Technik mit Technik zu bekämpfen – EcoATMs schlägt das Elektromüllproblem mit seinen eigenen Waffen. Unsere Gewohnheit, den neuesten elektronischen Geräten hinterher zu jagen, sobald es auf dem Markt ist, überschreitet leider den derzeitigen Stand des E-Waste-Recyclings. Smarte Ideen, wie EcoATM, können die Prozesse für Endnutzer vereinfachen und umweltfreundliches und positives Verhalten ermutigen. Sie können dazu beitragen, auf der Gemeindeebene große Umweltprobleme zukunftsweisend anzupacken.

Viele unserer heutigen Probleme, von E-Schrott zu Umweltzerstörung jeglicher Art, sind Resultate der Technologieentwicklung. Aber Technologie kann uns auch dabei helfen, Lösungen für diese Probleme zu finden. Das ist das, was wir in EcoATM sehen,“ sagt Bowels. „Wir denken, wir machen es anderen ehrgeizigen Eco-Entrepeneurs vor, wie man mit ein paar der größten Probleme unserer Erde umgehen kann.

Mehr Infos über EcoATM findest du auf ihrer Website.

Das Interview führte Anna Rees. (Übersetzung aus dem Englischen. Den Original-Artikel findest du auf RESET International)

TATENDRANG ist das Interviewformat von RESET. Wir wollen wissen, wie unsere Interviewpartner zu ihren spannenden, innovativen und einzigartigen Projekten und Ideen aus den Bereichen Umwelt und Humanität kamen, warum sie sich für genau das Thema einsetzen und wie schwer oder einfach sich das Projekt durchführen ließ. Damit wollen wir Ideen streuen, Projekte präsentieren und zu Aktionen anregen. Wir denken: Die Welt verändern kann jeder!

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