Stumm vor Armut? Ein Award gegen Klischees

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Quelle: Africa for Norway/ Facebook

Große Augen mit traurigem Blick, zerrissene Kleidung und ein trostloser Hintergrund – so sehen sie meist aus, die Bilder, mit denen große wie kleine Organisationen um Spenden werben. Was hier vor allem präsentiert wird sind Klischees. Eine norwegische NGO will das ändern – und zeichnet stereotype Clips mit einem Negativpreis aus.

Autor*in Sarah-Indra Jungblut, 09.12.13

Wir begleiten einen älteren Herrn durch einen ärmlich wirkenden Stadtteil. Er bleibt bei einem traurig in die Kamera blickenden Jungen stehen und stellt eine Frage in die Kamera: „Haben Sie die Kinder in dieser trostlosen Gegend gesehen, zu arm für Worte?“ Ja, in dem Clip sind die Kinder selbst sprachlos vor Armut. Deshalb wird für sie gesprochen: „Willst du mein Sponsor werden?“

Der beschriebene Clip ist vom ChildFund – und einer von vier Spendenclips, die für den Rusty Radiator Award nominiert sind. Die Beiträge gleichen sich in einem Punkt: Statt realer Charaktere sehen wir Stereotypen, die das Problem der Armut und auch die Lösung sehr vereinfacht darstellen. Die stereotypen Bilder verletzen Betroffene wie Spender, so der Internationale Hilfsfonds von Studenten und Akademikern (SAIH) aus Norwegen, der hinter der Kampagne steckt. Den Menschen werden entwürdigt, in dem für sie gesprochen wird und gleichzeitig wird Apathie anstatt Aktion im Rest der Welt geschaffen.

Rusty Radiator Award: Aktion statt Klischees

Zu zeigen, dass Entwicklungshilfe auch anders aussehen kann ist das erklärte Ziel des vom SAIH ausgerufenen Rusty Radiator Awards. „Wir müssen die Art, wie Fundraising-Kampagnen über Armut und Entwicklung kommunizieren ändern. Daher zeichnen wir kreative Kampagnen mit dem Golden Radiator Award aus, stereotype Kampagnen mit dem Rusty Radiator Award.“ Denn Armut ist nicht mit ein paar Cents aus dem Westen bekämpft, wie viele Kampagnen suggerieren. Und allzuoft gehen in den simplen Problemdarstellungen die komplexen Zusammenhänge von Armut verloren, nämlich dass auch westliche Länder Teil des Problems sind.

Schon 2012 bewies SAIH mit der Kampagne „Africa for Norway“ großartigen Humor. In Anlehnung an die Initiative „USA for Africa“ und den Song „We Are the World“ haben afrikanische Musikstars mit einem Video und Song dazu aufgerufen, Heizkörper für das kalte Norwegen zu spenden. Man kann ja schließlich auch an Kälte sterben.

Let´s save Afrika! – Gone wrong!

Gelungen ironisch ist auch das Video, mit dem SAIH den Award bewirbt. In der Hauptrolle: Ein vorbildlich ärmlich aussehender schwarzer Junge in kaputten Kleidern. Doch was Charity-typisch anfängt – getragene Musik, der Junge geht barfuß mit seiner Mutter durch eine karge Landschaft – wird gleich mit dem nächsten Bild gebrochen: die Frau stolpert, der Junge lacht sich kaputt. Dann kommt die Regieanweisung aus dem Off: „Cut, cut!“. Denn wir sind auf einem Filmset und der Junge, Michael, ist Spendenkampagnen-Darsteller. Und ein sehr begabter noch dazu, vor allem im traurig schauen. „Wenn diese Filmemacher aus Übersee nach Afrika kommen, bin ich die erste Person, die sie anrufen“, sagt Michael, mit Basecap im Regiestuhl. Denn er weiß, wie es läuft, das Fundraising-Business. Der Clip räumt gründlich auf mit den Klischeebilder, denn: stereotypes harm dignity – Stereotype sind entwürdigend!

Für den Rusty Radiator Award hat die internationale Jury acht Videos nominiert, der Gewinner des Negativpreises wird am 10. Dezember bekannt gegeben.

Wie gelungene Fundraising-Kampagen aussehen können? Dazu hat SAIH einige Ideen.

Auch RESET möchte mit seinen Spendenprojekten Menschen weltweit innovative Lösungen bereitstellen, um gemeinsam die Lebensbedingungen und Chancen nachhaltig zu verbessert. Linux4Afrika z.B. stattet Schulen, Universitäten und Gemeindezentren mit Computern aus, die mit der Open Source Software Linux ausgerüstet sind. Der Zugang zur digitalen Welt bedeutet Zugang zu freier Information und bessere Bildungschancen. Denn Bildung ist einer der wichtigsten Schlüssel zur Bekämpfung von Armut. Mit deiner Spende unterstützt du die Installation von Computerräumen und die Ausbildung von Computerexperten.

Das Phänomen Armut

Negative Trends wie steigende Lebensmittelpreise, Krankheitsepidemien oder klimatische Veränderungen ziehen vor allem für eine Gruppe von Menschen verheerende Konsequenzen nach sich: für die Menschen, die arm sind. Betroffen davon ist ca. ein Fünftel der Weltbevölkerung. Angesichts dieser Tatsache gilt die Bekämpfung von Armut als eine der zentralsten und schwierigsten Herausforderungen unserer Zeit.