Studie belegt: CO2-neutrale Elektromobilität bis 2050 möglich

Laut einer Studie des Instituts für Energie- und Umweltforschung (ifeu) könnten Elektroautos bis 2050 CO2-neutral werden. Und das mit Einberechnung des gesamten Lebenswegs eines Elektroautos.

Autor*in Leonie Asendorpf, 22.09.20

Übersetzung Leonie Asendorpf:

Der Verkehr ist für ein Viertel der gesamten CO2-Emissionen in der EU verantwortlich. Mit Elektroautos ist die Hoffnung verbunden, Mobilität klimafreundlicher zu gestalten. Für Befürworter*innen sind Elektroautos die Zukunft klimafreundlicher Mobilität. Kritiker*innen bemängeln jedoch, dass deren Ökobilanz nur vermeintlich besser sei; gerade mit Blick auf die anfallenden CO2-Emissionen bei der Produktion und der Herstellung der Batterien seien sie nicht viel klimafreundlicher als Autos mit Verbrennungsmotor.

Eine neue Studie des ifeu zeigt nun, dass Elektrofahrzeuge bis 2050 fast CO2-frei sein könnten – und zwar unter der Berücksichtigung des gesamten Lebensweges, von der Herstellung über die Nutzung bis hin zum Recycling. Doch damit das funktioniert, muss der gesamte Strombedarf, auch in der Fahrzeugherstellung, aus erneuerbaren Energien gespeist werden. Außerdem muss die EU das Recycling von Batterien vorantreiben, so die Autor*innen.

Die Studie „Lebenszyklus-Analyse konventioneller und alternativ betriebener Fahrzeuge“ wurde von der Generaldirektion der Europäischen Kommission in Auftrag gegeben und von der britischen Firma Ricardo Energy & Environment in Kooperation mit dem ifeu – Institut für Energie- und Umweltforschung Heidelberg und E4tech durchgeführt. Für die Analyse haben die Forschenden 14 Arten der Stromerzeugung und 65 Fahrzeugantriebe für sieben Fahrzeugtypen untersucht. Somit wurde eine umfassende Ökobilanz erstellt, die politischen Entscheidungsträger*innen wie der EU-Kommission als Informationsgrundlage für Maßnahmen gegen Umweltprobleme im Verkehrssektor dienen soll.

CO2-Emissionen durch Elektroautos könnten sogar gegen Null gehen

Während ein elektrobetriebener Mittelklassewagen 2020 in der EU über seinen gesamten Lebenszyklus 120 Gramm CO2-Äquivalente je Kilometer ausstoße, könne der Wert, laut Studie, bis 2050 auf 33g CO2-Äquivalente sinken. Dafür sei es jedoch erforderlich, dass die Klimaerwärmung bis dahin entsprechend der EU-Politik und des Pariser Klimaabkommens auf 1,5 Grad begrenzt wird. Wenn in allen Bereichen des Lebenszyklus‘ erneuerbare Energien eingesetzt würden, könne der CO2-Ausstoß von Elektrofahrzeugen sogar gegen Null gehen, so die Studienautor*innen. Elektrofahrzeuge bräuchten zwar auch dann noch mehr Ressourcen als konventionelle Fahrzeuge, diese könnten jedoch größtenteils mit erneuerbaren Energien gewonnen, verarbeitet sowie weitgehend in den Kreislauf zurückgeführt werden.

Nichtsdestotrotz werden für die Herstellung von Elektroantrieben noch immer viele wertvolle und vor allem erschöpfliche Ressourcen wie Kupfer, Kobalt und Lithium benötigt, weshalb Elektroautos laut Studie auch 2050 im Bereich Ressourcennutzung noch schlechter abschneiden werden als Verbrennungsmotoren. Umso wichtiger ist also auch, dass der nachhaltige Umgang mit diesen Ressourcen und das Recycling von Batterien vorangetrieben wird. „Während wir für den Ladestrom in Europa bereits auf einem guten Weg sind, muss zukünftig der Prozess der Fahrzeug- und Batterieherstellung verstärkt in den Blick genommen werden. Nachhaltige Lieferketten und Kreislaufwirtschaft gewinnen an Bedeutung“, betont Hinrich Helms, Studienleiter am ifeu.

Bezüglich der Energienutzung geht die Studie davon aus, dass Strom aus Windenergie 2050 im Vergleich zu 2020 den größten Teil des Strommix ausmacht. Hierbei wurden die verschiedenen nationalen Strategien, Ambitionen und Technologien der einzelnen EU-Länder zu erneuerbaren Energien miteinberechnet.

Elektroautos schon jetzt weniger umweltschädlich als gedacht

Einer weiteren Studie der Technischen Universität Eindhoven zufolge sollen Elektroautos schon heute deutlich weniger CO2 verbrauchen als bisher angenommen. So stoßen aktuell verkaufte Elektroautos im Vergleich zu Verbrennern, laut Studie, deutlich weniger Treibhausgase aus – auch wenn man die Produktion der Batterie sowie den Stromverbrauch miteinrechnet. In vorherigen Studien sei davon ausgegangen worden, dass bei der Produktion einer Kilowattstunde Batteriekapazität 175 CO2-Äquivalent anfielen. Dieser Wert sei mittlerweile veraltet. Auf Basis aktueller Daten des Elektroautoherstellers Tesla gehen die Autor*innen heute von einem Mittelwert von 75 Kilogramm CO2-Äquivalent pro Kilowattstunde Batteriekapazität aus.

Die neuen Erkenntnisse liegen nicht nur an einer weniger klimaschädlichen Batterieproduktion als bisher angenommenen, sondern auch an einer längeren Lebensdauer der Autos und deren Stromspeicher. Die Wissenschaftler*innen der Technischen Universität Eindhoven gehen von einer durchschnittlichen Lebensdauer von 250.000 Kilometern für Auto und Batterie aus.

Entscheidend dafür, wie klimafreundlich Elektroautos in Europa in Zukunft wirklich sein werden, sind, über die technischen Möglichkeiten hinaus, die Regierungen der europäischen Länder und deren Maßnahmen zum Klimaschutz. Denn diese entscheiden zu einem erheblichen Teil über den Ausbau erneuerbarer Energien, die Förderung des Recyclings wichtiger Rohstoffe und nachhaltige Produktions- und Lieferketten. Denn nur wenn diese Schritte, zusätzlichen zu den nötigen Maßnahmen zur Einhaltung der Pariser Klimaziele, in Kraft treten, können auch Elektroautos klimafreundlicher werden.

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