Für eine erfolgreiche Energiewende braucht es Speicherlösungen, damit eine konstante Energieversorgung gewährleistet ist. Die Kapazitäten vieler Speichersysteme sind jedoch (noch) begrenzt oder die Speichertechnologien sind schlichtweg zu teuer. Siemens Gamesa Renewable Energy, ein internationaler Herrsteller für Windkraftanlagen, will eines der Schlüsselprobleme der Energiewende angehen: die Entkopplung der Stromerzeugung von ihrer Nutzung. Das Unternehmen hat gemeinsam mit Wissenschaftlern des Instituts für Thermofluiddynamik der TU Hamburg und dem Energieversorger Hamburg Energie eine interessante Speichertechnologie entwickelt: Das Prinzip der Anlage beruht auf Energie, die in Steinen gespeichert wird. Nach Unternehmensangaben senkt dieser elektrothermische Energiespeicher (ETES) die Bau- und Betriebskosten auf einen Bruchteil des sonst für Batteriespeicher üblichen Niveaus senkt. Die relativ niedrigen Bau- und Betriebskosten sollen sich dabei im Strompreis niederschlagen: Im kommerziellen Einsatz ist ein Speicherpreis von unter zehn Cent je Kilowattstunde angestrebt.
Speicherkapazität für energieintensive Industrien
Und so funktioniert der Energiespeicherungssprozess: Rund 1.000 Tonnen Gestein werden über ein Heizgebläse auf 600 Grad erwärmt und in Form von Hitze gespeichert. Bei der Umwandlung der elektrischen Energie in einen Heißluftstrom kommen Lüfter und Heizelemente zum Einsatz. Die Rückverstromung erfolgt über einen hochdynamischen Dampfkessel: Lüfter saugen die heiße Luft aus dem Steinspeicher und leiten sie an eine Dampfturbine weiter, die wiederum einen Generator antreibt, um Strom zu produzieren. Die Turbine bringt es nach angaben von Siemens Gamesa auf 1,4 Megawatt Leistung und kann mit der gespeicherten Hitze rund 24 Stunden lang betrieben werden.
Mit der so gespeicherten Energie ließe sich ein Vierpersonenhaushalt rund neun Jahre lang versorgen oder umgerechnet der Tagesenergiebedarf von 1.500 Haushalten decken. Gleichzeitig soll die hohe Speicherkapazität des ETES das bedarfsgerechte Lastmanagement für energieintensive Industrien ermöglichen. Gegenüber RESET erklärte Siemens Gamesa, die Entladedauer des Steinspeichers in Zukunft von 24 Stunden auf eine ganze Woche ausbauen zu wollen.
Die Anlage des Projekts, das vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie gefördert wird, wurde am 12. Juni im Hamburger Hafen eröffnet. Der Demonstrator ist zunächst zu Forschungszwecken errichtet worden, nach Angaben von Ödzdem ist jedoch auch ein Betrieb am Day-ahead-Markt und am Sekundärregelenergiemarkt durch Hamburg Energie geplant.
Steinspeicher als Zukunft stillgelegter Kraftwerke?
Aus nachhaltiger Perspektive hätte die Speichertechnologie einen weiteren Vorteil: Durch das Prinzip der Wärmerückgewinnung ist der Steinspeicher nach Unternehmensangaben optimal anschlussfähig bei der Umwandlung stillgelegter konventioneller Kraftwerke in leistungsfähige grüne Energiespeicher. Hasan Ödzdem, Head of Technology Management & Projects bei Siemens Gamesa, erklärte gegenüber RESET:
„Ein Großteil der bestehenden Kraftwerktechnik (Dampfturbine, Generator, Netzanschluss) könnte erhalten bleiben. Das ist der Vorteil. Nicht mehr nötig wäre die Verbrennungsanlage. An ihre Stelle würde dann der Speicher treten.“
Einen ganz ähnlichen Ansatz hat RESET übrigens bereits vorgestellt: Das schottische Startup Gravitricity will alte Minenschächte in Energiespeicher umwandeln.