„Wir machen zwar Geschäfte, aber letztlich geht es darum, der Gemeinde zu helfen“

ENVenture unterstützt lokale Geschäfte bei ihrer Arbeit

Von kleinen Shops mit nachhaltigen Energieprodukten zu wiederverwendbaren Damenbinden und Bildungsangeboten: Im Interview berichtet der Gründer von Initiative Uganda, wie seine Organisation diese Entwicklung geschafft hat.

Autor*in Jasmina Schmidt, 25.02.19

Übersetzung Jasmina Schmidt:

Im ersten Teil unserer Interview-Reihe sprach Jasmina Schmidt mit Julius Mujuni von ENVenture, einem Social Enterprise, das lokale Organisationen in Uganda finanziell und mit Capacity Management unterstützt. Damit sollen Geschäfte eröffnet werden, die energiesparende Technologien in ländlichen Regionen verkaufen.

Im zweiten Teil trifft unsere Redakteurin Mukasa Nassar, den Gründer von Initiative Uganda und Fellow von ENVenture, der ihr erzählt, wie sich dieses Konzept auf die tagtäglichen Abläufe einer Community-basierten Organisation auswirkt.

Mukasa, ihr seid Fellows von ENVenture. Was ist die Initative Uganda und wie seid ihr mit dem Programm in Kontakt gekommen?

Die Initiative Uganda ist eine Community-basierte Organisation (CBO), die sich für die Verbesserung der Lebensstandards von jungen Menschen und Frauen in der Gemeinde Iganga einsetzt. Wir haben uns bereits 2008 gegründet, aber so richtig sind wir 2011 gestartet, nachdem ich die Universität beendet hatte. Ich wollte etwas Sinnvolles tun und so führten wir eine Reihe von Initiativen in den Bereichen Wasser und Hygiene, Gesundheit und HIV/Aids-Prävention durch. 2017 haben wir uns mit ENVenture in Verbindung gesetzt und uns dafür interessiert, was sie tun. Sie helfen CBOs, nachhaltige Unternehmen zu gründen. Und für uns war das ein guter Moment. Wir hatten zu der Zeit noch Probleme mit der Beschaffung von Geldern. Fundraising ist für eine kleine Organisation nicht einfach. Also haben wir uns bei ENVenture beworben, diese luden uns zum Bootcamp ein und brachten uns an vier intensiven Tagen verschiedene Dinge über grüne Energie und Business Management bei.

Wie ging es nach dem Bootcamp weiter? Und wie erfolgreich läuft euer Energie-Shop?

Nach dem Training haben sie uns mit einem Darlehen von 2.000 Dollar finanziell unterstützt, damit wir unseren Energie-Shop gründen konnten. Die CBOs bekommen auch einen Business Fellow zur Verfügung gestellt. Die Freiwillige, die uns unterstützte, war allerdings in den USA, die Kommunikation war also manchmal etwas schwierig, da das Internet hier nicht immer so stabil ist. Aber wo ein Wille ist, ist auch ein Weg. Wir haben dann also unser grünes Energieunternehmen gegründet, wobei sich unser Modell ein wenig von den üblichen Fellows von ENVenture unterscheidet. Wir hatten nämlich bereits etwas außerhalb der Stadt ein Büro angemietet und zu dieser Zeit nicht genug Geld, um einen neuen Laden in der Stadt zu eröffnen. Dafür haben wir aber eine gute Lösung gefunden: Wir arbeiten mit Frauengruppen und einzelnen Frauen mit Geschäften in der Stadt zusammen. Wir besorgen ihnen die Produkte und sie verkaufen diese dann an die Mitglieder der Gemeinde weiter. Für jedes Produkt, das sie verkaufen, zahlen wir ihnen eine kleine Provision. Das hat für uns gut funktioniert, denn wir haben so eine gute Reichweite. Wir haben unsere Vertreterinnen an Orten, für die wir uns strategisch entschieden haben und dort werden die grünen Energieprodukte verkauft, hauptsächlich Kochherde und Solarlaternen. Mit Solarlaternen richten wir uns vor allem an die ländlichen Gemeinden, die noch Kerosinlampen verwenden.

Ihr seid inzwischen aber mehr als ein Energie-Shop, sondern stellt auch wiederverwendbare Damenbinden her und verkauft diese. Wie kam es dazu?

Wir haben immer nach Wegen gesucht, wie wir unserer Gemeinde helfen können. Ein großes Problem für Mädchen und Frauen sind erstens die Kosten herkömmlicher Hygieneprodukte und zweitens deren Verfügbarkeit in abgelegeneren Regionen. So gab es in der Folge besonders in ländlichen Gemeinde einige Mädchen, die die Schule abgebrochen hatten, weil sie während ihrer Menstruation keinen Zugang zu solchen Produkten hatten. Deshalb suchten wir für diese jungen Frauen nach Ideen für ein nachhaltiges Produkt und stellen nun eben Damenbinden her, die sich einfach waschen und wiederverwenden lassen und außerdem kostengünstig sind. Wir haben bis jetzt etwa 400 bis 600 Mädchen erreicht, vor allem eben in ländlichen Gebieten. Außerdem beschäftigen wir Frauen vor Ort als Näherinnen für die Binden und verschaffen damit sozial schwachen Familien ein zusätzliches Einkommen.

Der Prozess und das Wissen für unser neues Projekt mit den wiederverwendbaren Damenbinden kam also als Ergebnis des Green Energy Business. Es ist sozusagen das „erste Kind“ des Green Energy Businesses. Einen Teil des Erfolgs unserer Initiative haben wir ENVenture zu verdanken, denn vorher wussten wir nicht, wie wir uns auf dem Markt behaupten können.

Habt ihr noch weitere Pläne für die Organisation?

Letztes Jahr haben wir ein weiteres Projekt gestartet. Eines der Ziele unserer Initiative ist die Förderung von Bildung, vor allem im ländlichen Raum. Deshalb haben wir ein kleines soziales Unternehmen gegründet, das sich mit Bildung befasst, die „Harvest Junior School“. Es ist uns gelungen, rund 20 Kinder für die erste Klasse zu registrieren. Die Kinder haben nun ein ganzes Jahr erfolgreich absolviert. Und das trotz der vielen Herausforderungen, vor allem wenn es darum geht, die Balance für den Ressourceneinsatz für die verschiedenen Projekte zu finden.

Die letzten Jahre waren also herausfordernd, aber gleichzeitig mit vielen Erfahrungen versehen und aufregend – weil wir sehen, dass die Projekte funktionieren und sich vorwärtsbewegen. Aber anfangs fehlte uns dieses Wissen. Wir dachten, um Geschäfte zu machen, müssen wir eine Menge finanzielle Mittel haben – was nicht der Fall ist. Wir haben auch schon eine Idee für ein weiteres Projekt, mit dem wir junge Erwachsene fördern wollen. Wir wollen sie darin trainieren, energiesparende Kochherde hier zu produzieren. Dafür haben wir eine kleine Förderung bekommen. In naher Zukunft wollen wir zu einem der Lieferanten von ENVenture werden und die Gemeinden mit Kochherden versorgen.

Was ist dein Fazit bei der Zusammenarbeit mit ENVenture und den Erfahrungen, die du damit gemacht hast?

Ich bin nun komplett auf grüne Lösungen aus einer Business-Perspektive fokussiert. Wir machen zwar Geschäfte, aber letztlich geht es darum, der Gemeinde zu helfen. Soziale Programme und Green-Tech-Lösungen – diese Projekte sind nachhaltig und wir wollen, dass sie weiterlaufen.

Vielen Dank, Mukasa!

MARKIERT MIT
„Es mangelt in Uganda nicht an Lösungen. Die Schwierigkeit liegt im Zugang dazu“

Wie kann ein besserer Zugang zu energiesparenden Technologien für ländliche Gebiete Ugandas geschaffen werden? Das Non-Profit ENVenture setzt genau hier an – unsere RESET-Redakteurin hat sich vor Ort umgehört.

Ecopreneurship: Unternehmergeist für eine zukunftsfähige Welt

Ihre Mission: Lösungen für den Umwelt- und Klimaschutz entwickeln und damit möglichst viele Menschen erreichen. Das Mittel: ein innovatives Geschäftsmodell.

pilot_day_1_46
Zembo
Elektromobilität in Uganda: E-Motorräder sollen die Straßen Kampalas sauberer machen

In Ugandas Hauptstadt Kampala herrscht extrem verschmutzte Luft. Das Startup Zembo will deshalb das dort beliebteste Fortbewegungsmittel elektrifizieren: die Boda-Boda. Unsere Redakteurin hat vor Ort mit einem der Gründer gesprochen.

Mit diesem Solarkoffer hat man immer Sonnenenergie zur Hand

Wie können Krankenhäuser mit unzuverlässigen Stromversorgungen eine lebensrettende Behandlung durchführen? Ein tragbares Solarstromsystem, das in einen Koffer passt, macht genau das.

M-Pesa – Mobiles Banking revolutioniert den Geldtransfer in Afrika

Geld per Post schicken oder dem Busfahrer mit ins nächste Dorf geben? Lange Zeit war dies mangels Alternativen das bevorzugte "Überweisungssystem" in Afrika - und leider ohne Garantie, dass der Betrag auch ankommt. M-Pesa, das mobile Banking per Handy, hat die Geldgeschäfte in Afrika revolutioniert. Auch unser Spendenprojekt Mobisol setzt das Bezahlsystem sinnvoll ein.

Mikrofinanzen – Finanzdienstleistungen für kleine Leute

Spätestens seit der Gründer der Grameen Bank Muhammad Yunus 2006 den Friedensnobelpreis erhielt für seine Bemühungen, die Armut in Bangladesh zu reduzieren, ist der Begriff Mikrofinanzen bzw. Mikrokredite für die meisten kein Fremdwort mehr. Doch wie hilfreich ist die Vergabe von Kleinstkrediten im Kampf gegen die Armut wirklich?