Solarenergie gilt als einer der wichtigsten Bausteine für eine CO2-freie Zukunft. Solarstrom unterliegt jedoch auch Einschränkungen, vor allem durch die periodische Natur seiner Energiequelle. Solarenergie ist einerseits durch den Tag-Nacht-Zyklus der Sonne begrenzt, andererseits ist sie abhängig von einer günstigen geografischen Lage und den Wetterbedingungen – Faktoren, die sich allesamt auf die Zuverlässigkeit von Solarenergie als Energielieferant auswirken.
Chinesische Ingenieure wollen diese begrenzenden Faktoren jedoch überwinden und mit Solarkraftwerken an die letzte Grenze vorstoßen: in den Weltraum. Solarenergie im Weltraum ist zwar nicht neu, schließlich sind alle Satelliten, Raumstationen und Raumschiffe für ihre Stromversorgung darauf angewiesen. Die Hürde für weltraumgestützte Solaranlagen ist jedoch die Übertragung der Energie zurück zur Erde. Bislang konnte niemand dieses Problem (auf bezahlbare) Weise lösen. Auch die chinesischen Ingenieure erwarten, dass ihr Verfahren mindestens 30 Jahre Forschung und Entwicklung in Anspruch nehmen wird.
Kommt jetzt das Weltraumzeitalter für Solaranlagen?
Laut NBC plant China die Errichtung einer speziellen Testanlage in der südwestlichen Stadt Chongqing. Die genauen Details der Pläne wurden nicht öffentlich gemacht, aber Fachleute, die sich ebenfalls mit der Thematik befassen, sind in der Lage, begründete Annahmen bezüglich der Technologie hinter dem Projekt zu treffen.
Frühere Konzepte, wie das oben illustrierte, basieren auf der Verwendung von Spiegeln, um Sonnenlicht in eine mittig angeordnete Schale zu leiten, die die Energie zurück zur Erde strahlt. Der NASA-Physiker John Markin, der in den 90er Jahren an ähnlichen Projekten gearbeitet hat, ist der Ansicht, dass auch Schwärme von Solarsatelliten verwendet werden könnten, die zu riesigen Netzwerken zusammengeschlossen würden. Mit modernen Photovoltaikmodulen könnten sie die Solarenergie in Strom umwandeln, bevor sie zu riesigen Empfänger-Anlagen auf der Erde zurückgestrahlt würden. Diese Anlagen – bestehend aus gigantischen, bis zu sieben Kilometer breiten Drahtnetzen – würden wahrscheinlich in Wüsten, auf Seen und Meeren sowie auf landwirtschaftlichen Flächen errichtet und von dort aus in das normale Energienetz eingespeist werden.
Mankin schätzt, dass ein solches Konzept eine Leistung von 2.000 Gigawatt erreichen könnte. Die größten Solarparks auf der Erde erzeugen unter idealen Bedingungen selten mehr als 1.800 Gigawatt. Ein solcher Ertrag, so Markin, könnte der Schlüssel für die Bewältigung unserer langfristigen Energieversorgung sein.
Ein riesiger technologischer Sprung wäre nötig
Weltraum-Solarparks wären der Sonneneinstrahlung viel länger ausgesetzt und würden nicht von Wetter- oder Witterungseinflüssen beeinflusst. Laut Ali Hajimiri, Professor für Elektrotechnik am California Institute of Technology und Direktor des dortigen Space Solar Power Project, könnten Solarparks im All acht bis neun Mal effizienter sein als selbst die größten terrestrischen Anlagen.
Allerdings müssten Weltraumsolarzellen noch leichter werden, ohne dass dabei ihre Effizienz beeinträchtigt wird. Und die Errichtung erdbasierten Empfänger-Anlagen würden ebenfalls viel Können von Ingenieuren und Architekten, außerdem große Landflächen – und vor allem Geld. Zusätzlich müssten auch ausgeklügelte und schnelle Trägerraketen entwickelt werden, um die erforderliche Anzahl von Satelliten zu installieren.
Mankin schätzt, dass selbst ein klein angelegter Test etwa 150 Millionen US-Dollar kosten würde – und ein funktionierender Prototyp seines Schwarmsatelliten-Konzepts voraussichtlich mehr als zehn Milliarden US-Dollar. Nichtsdestotrotz wären diese Kosten laut der National Space Society viel niedriger als beispielsweise das militärische Engagement der USA im Persischen Golf und auch geringer als die steigenden Kosten des Klimawandels, mit denen in Zukunft zu rechnen ist.
So oder so, das Konzept einer weltraumgestützten Solaranlage wird nicht so bald realisiert werden. Die chinesischen Behörden erklärten, dass sie bis 2050 eine funktionale Version in Betrieb nehmen wollen. Bis dahin dauert es also noch eine Weile – und welche technischen, wirtschaftlichen und politischen Entwicklungen es bis dann geben wird, ist jetzt noch nicht abzusehen…
Dieser Artikel ist eine Übersetzung von Lydia Skrabania. Das Original erschien zuerst auf unserer englischsprachigen Website.