Socialbnb: Bei NGOs übernachten – und so wirkungsvoll Unterstützung leisten

Was wäre, wenn du an einem Ort wie diesem in Nepal übernachten und so gleichzeitig einer lokalen NGO helfen könntest?

Eine neue Buchungsplattform für Unterkünfte verbindet NGOs mit Menschen, die lokale Projekte unterstützen wollen, während sie reisen.

Autor Ana Galán Herranz:

Übersetzung Ana Galán Herranz, 26.03.19

Neue Orte und Kulturen zu entdecken ist heute einfacher denn je, mit erschwinglichen Transportmöglichkeiten (ganz zu schweigen von dem Wahnsinn der billigen Flüge), was bedeutet, dass immer mehr von uns sich immer weiter von unseren Herkunftsorten entfernen, sowohl für die Arbeit als auch zum Vergnügen. Der Tourismus ist einer der am schnellsten wachsenden Wirtschaftsbereiche und derzeit ist er für acht Prozent der globalen Treibhausgasemissionen verantwortlich, Tendenz steigend. Umso wichtiger ist es daher, bei Reisen auf Nachhaltigkeit zu achten – nicht nur in Bezug auf Umweltbelastungen, sondern auch auf soziale Auswirkungen.

Eine Plattform, die von einer Gruppe von Kölner Studierenden aufgebaut wurde, ermöglicht nun eine neuartige, nachhaltige Alternative zur Unterbringung: Socialbnb. Ähnlich wie ein Airbnb für NGOs ermöglicht die Plattform es den Nutzern, ein Bett oder ein Zimmer in den Räumlichkeiten einer NGO zu reservieren, was der betreffenden Organisation eine zusätzliche Einnahmequelle eröffnet und ihre Abhängigkeit von Zuschüssen und Spenden verringert.

Die Idee für das Projekt entstand vor zwei Jahren, als Ergebnis einer Erfahrung, die ein paar der Gründungsmitglieder auf Reisen in Südostasien machten. In Kambodscha trafen sie einen Einheimischen namens Herrn Thy, der eine Schule gründen wollte, die Englischunterricht für Kinder aus der Region anbietet. Aber er hatte Schwierigkeiten, die notwendige Finanzierung zu bekommen. Das Socialbnb-Team schlug vor, dass er doch einige der freien Zimmer im Gebäude neben seinem Haus an Reisende vermieten könnte. In nur drei Monaten konnten sie etwa 20 Reisende willkommen heißen, und mit dieser neuen Einnahmequelle konnte Herr Thy seine Schule eröffnen, einen Englischlehrer für die Klasse bezahlen und auch in Computer und Bücher investieren.

Das Team erkannte schnell, dass Herr Thy nicht der Einzige in einer solchen Situation war. Nach einigen Recherchen stellten sie fest, dass über 60 Prozent der kleinen lokalen NGOs mit dem gleichen Problem zu kämpfen haben: Sie sind stark von Spenden abhängig und haben einfach nicht genug Geld, um ihre Projekte zu realisieren. Zurück in Deutschland trafen sie sich mit einer Gruppe von Kommilitonen, um ihre Idee des NGO-Hostings weiterzuentwickeln. Und im April 2018 wurde die erste Version der Socialbnb-Website präsentiert.

Die Plattform arbeitet derzeit mit 21 NGOs auf der ganzen Welt zusammen, von Marokko bis Peru. Und jede Woche werden es mehr. Derzeit befinden sich die meisten Ziele in einkommensschwachen Ländern des Globalen Südens, wo es eine große Anzahl von NGOs mit ungenutzten Einrichtungen gibt. „Es ist ein Prozess, der lange dauert, aber wir hoffen, bis Ende des Jahres unser Netzwerk auf 100 NGOs auszuweiten“, berichtet Louisa Hain, Teil des Socialbnb-Teams.

Der Preis der Unterkunft ist abhängig vom Land und das Angebot reicht von einfachen Unterkünften, wie z.B. nur einem Bett, bis hin zu luxuriösen Privatunterkünften. Für Reisende gibt auch die Möglichkeit, zusätzlich hausgemachte Speisen zu erhalten und an verschiedenen lokalen Touren und Erfahrungen teilzunehmen, aber nichts davon ist obligatorisch. Die Reisenden können frei entscheiden, ob sie sich in die Aktivitäten der NGOs einbringen oder den Raum nur als Schlafplatz nutzen wollen. Fast der gesamte Gewinn fließt in die Finanzierung der NGO selbst, wobei nur ein kleiner Teil Socialbnb zukommt: die Bezahlung für die Entwicklung einer App, die Verbesserung der Website und den Ausbau des Projektes. Das Team dahinter, derzeit 12 Studierende, arbeitet momentan noch komplett ehrenamtlich für Socialbnb.

Warum kein Freiwilligendienst?

Obwohl viele NGOs auf die Unterstützung von (oft internationalen) Freiwilligen angewiesen sind, um ihre Arbeit ausführen zu können, hat das Team aus Köln einen anderen Ansatz gewählt: Mit Socialbnb haben sie sich von Freiwilligenprogrammen entfernt und stattdessen auf die direkte finanzielle Unterstützung von NGOs konzentriert.

„Freiwillige können NGOs wichtige Unterstützung bieten, aber oft bleiben sie nur für eine begrenzte Zeit bei ihnen. Das kann auch negative Folgen haben. Wenn es zum Beispiel um ehrenamtliche Englischlehrer geht, glauben wir nicht, dass es dem Lernen der Kinder hilft, wenn sie sich alle paar Wochen an neue Lehrer gewöhnen müssen (die vielleicht nicht professionell ausgebildet werden)“, erklärt Louisa Hain. „Wenn NGOs über die Socialbnb-Plattform zusätzliches regelmäßiges Einkommen erzielen können, wird ihnen das helfen, finanzielle Unabhängigkeit zu erlangen und nicht mehr so abhängig von Freiwilligen oder Spenden zu sein, um zu überleben.“

Du gehst demnächst auf Reisen? Dann schau dir doch mal die ganze Vielfalt der verschiedenen Unterkünfte auf der Website von Socialbnb an – vielleicht kannst du ja direkt eine NGO unterstützen…

Dieser Artikel ist eine Übersetzung von Lydia Skrabania. Das Original erschien zuerst auf unserer englischsprachigen Website.

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