Social Entrepreneurs – Reformer „von unten“

Sie sind Reformer mit sozialer Mission, denn sie finden neue, innovative Lösungen für soziale oder gesellschaftliche Fragen. Die Rede ist von Social Entrepreneurs und Social Business Entrepreneurs.

Autor*in Rima Hanano, 15.03.13

Übersetzung Rima Hanano:

Sie sind Reformer mit sozialer Mission, denn sie finden neue, innovative Lösungen für soziale oder gesellschaftliche Fragen. Die Rede ist von Social Entrepreneurs und Social Business Entrepreneurs.

Social Entrepreneurs (Soziale Unternehmer) wollen mehr als nur Gewinn! Sie wollen in erster Linie die Welt verbessern und das „von unten“ – also aus der Gesellschaft heraus. Social Entrepreneurs sind Menschen zwischen Bill Gates und Mutter Theresa, die gesellschaftliche Probleme erkennen und mit innovativen und kreativen unternehmerischen Ideen zu lösen versuchen. Die ungewöhnlichen Unternehmer engagieren sich dort, wo der Staat Hilfen kürzt oder Unternehmen wegbleiben, weil sie keine Gewinne erwarten.

Der Grund für dieses Engagement? Selbstverwirklichung mit einer Mission zu verbinden! Vielleicht aber auch einfach die Suche nach dem Job mit Sinn.

Deutschland, Indien, Afrika – Soziale Unternehmer erobern die Welt

Indien gehört nach Meinung von Klaus Schwab, Gründer des World Economic Forums und der gleichnamigen Schwab Foundation zu den Ländern, in dem die innovativsten Sozialen Unternehmer zu finden sind. Viele der Geschäftsmodelle oder einfachen Technologien, wie eine vom Barefoot College entwickelte kostengünstige Alternative, Regenwasser in Schulen zu sammeln und wieder zu verwenden, werden mittlerweile in die ganze Welt exportiert. Der indische Herzchirurg Devi Shetty zählt zu Indiens berühmtesten Herzspezialisten und ermöglicht mit Hilfe seines sozialen Unternehmenskonzepts in seinen Privatkliniken der armen Bevölkerung Zugang zu medizinischer Versorgung. Mehr als die Hälfte seiner Patienten versorgt er unter Selbstkosten oder umsonst.

NextDrop, ein Social Business, das von indischen Studenten gegründet wurde, wurde aus der Not heraus gegründet, dass in vielen Regionen Indiens kein Zugang zu einer stabilen Wasserversorgung besteht. Die meisten Inder jedoch besitzen Handys und so informiert NextDrop registrierte Mobilfunkbesitzer eben per SMS über bevorstehende Aktivierungen von Wasserleitungen. Hierdurch können die dort lebenden Menschen ihr Leben wesentlich besser planen und müssen nicht den ganzen Tag auf die zeitlich begrenzte Wasserversorgung warten. Ein weiteres Beispiel ist das brasilianische Social Business Rangri: Ein Lieferservice, der die Hälfte der Gewinne jeder Bestellung an lokale Projekte spendet, die sich im Kampf gegen den Hunger engagieren – ohne, dass dabei der Kunde extra zahlen muss. Lies das RESET-Interview mit Gründer Flavio Masson, um mehr über Rangris cleveren Ansatz zu erfahren!
Auch in Deutschland sind Unternehmer mit sozialer Mission aktiv, wie das Beispiel von Gregor Hackmack, Mitgründer der Organisation abgeordnetenwatch.de zeigt. Abgeordnetenwatch.de setzt sich in Deutschland für mehr Transparenz in der Politik ein und nutzt dafür das Potenzial von Big Data.

Berlin gilt derzeit quasi als Social-Business-Hub Deutschlands. Die Hauptstadt erarbeitete sich im Laufe der Zeit das Image, die Welt mit Social Businesses positiv und nachhaltig zu verändern. In neuen Netzwerken, Crowdfunding-Plattformen, Co-Working Spaces und mit der Unterstützung von öffentlich geförderten Stiftungen und Technologie-Inkubatoren, treffen hier Gründer, Mitarbeiter und Interessierte aus dem Social Business-Bereich aufeinander.

Was aber macht einen Social Entrepreneur aus?

Der Kern der Mission eines Social Entrepreneurs ist die Schaffung eines sozialen Mehrwertes. Hier liegt auch der zentrale Unterschied zu einem klassischen Unternehmer, dessen Fokus unabhängig vom sozialen Engagement, die Gewinnerzielung ist. Mehr zu sozial verantwortlichen Unternehmern liest du im RESET-Artikel Corporate Social Responsibility (CSR) – Die gesellschaftliche Verantwortung von Unternehmen.

Indem Social Entrepreneurs Phänomene wie Armut oder Probleme, die aus dem Klimawandel und Umweltverschmutzung resultieren, nachhaltig auf unternehmerische Art und Weise zu lösen versuchen, maximieren sie in erster Linie den gesellschaftlichen Nutzen und nicht den eigenen finanziellen Gewinn. Verbergen können sich hinter sozialen Unternehmen sowohl gemeinnützige als auch gewinnorientierte Organisationsformen.

William Drayton, der 1980 in Indien die Ashoka Initiative gründete, die zu den frühen Treibern der Bewegung des Sozialen Unternehmertums gehört, definiert einen sozialen Unternehmer als einen Unternehmer, der die Rolle eines Reformers im sozialen Sektor übernimmt, indem er u.a.:

  • eine Mission verfolgt, die einen sozialen Mehrwert (nicht nur privaten) schafft,
  • neue Wege und Möglichkeiten erkennt und anwendet, um diese Mission zu erfüllen,
  • den „Prozess“ kontinuierlich anpasst und verbessert,
  • die notwendigen finanziellen und materiellen Ressourcen anzieht.

Social Business – Problemlösung mit profitablem Modell

Auch Social Business Entrepreneurs setzen sich für den gesellschaftlichen Wandel ein. Das Konzept „Social Business“ geht aber noch einen Schritt weiter: Social Business ist soziale Problemlösung mit profitablem Modell. Der Unternehmensgewinn der erwirtschaftet wird, fällt nicht an Gesellschafter oder Shareholder (wie bei einem klassischen Unternehmen der Fall) sondern wird zu 100 % für das soziale Unternehmensziel reinvestiert. Das Unternehmen eines Social Business Entrepreneurs (auch als Social Business Enterprises“ (SBEs) bezeichnet) ist in der Regel eine gewinnorientierte private Unternehmensform.

Muhammad Yunus, der Vater des Mikrofinanzkonzepts und Gründer der Grameen Bank (erfahre mehr zum Mikrofinanzkonzept im RESET-Artikel »Mikrofinanzen – Finanzdienstleistungen für kleine Leute«) gehörte mit der Gründung der Grameen Bank zu den Pionieren des Social Business. Denn hinter Yunus verbirgt sich kein ehrenamtlicher Sozialarbeiter, sondern ein gewinnorientierter Geschäftsmann mit sozialer Mission. Yunus bezeichnet diesen Unternehmer-Typus als „Social Business Entrepreneur“ und charakterisiert ihn folgendermaßen:

„[He] is not interested in profit maximisation. He is totally committed to make a difference in the world. He is socially-objective driven. He wants to give better chance in life to people. He wants to achieve this objective through creating and supporting sustainable business enterprises”.

Social Business bedeutet aber nicht nur Mikrofinanzierung, wie die ehemalige Investmentbankerin Alicia Polak mit ihrem äußerst erfolgreichen Unternehmen Khayelitsha Cookies zeigt. In den Townships Kapstadts produziert sie seit 2006 Gebäck mit dem Ziel, Beschäftigungsmöglichkeiten für arbeitslose Frauen zu schaffen. Heute arbeiten über 500 ehemals arbeitslose Frauen in ihrem Unternehmen.

Auch Konzerne sind als Social Business Unternehmer akiv. Einer der ersten deutschen Großkonzerne, der ins Social Business einstieg, war BASF. Das eigens gegründete Joint Venture vertreibt Portionsbeutel mit Vitaminen und Spurenelementen als Nahrungsergänzung sowie beschichtete Moskitonetze als Schutz vor krankheitsübertragenden Insekten. Auch der französische Konzern Danone betreibt seit 2007 in Zusammenarbeit mit Grameen ein Social Business in Bangladesch.

Social Entrepreneurship – Eine Bewegung in Bewegung

Gerade in Krisenzeiten werden Wirtschaftsmodelle in Frage gestellt. Und es scheint, als würden immer mehr Menschen nach verantwortungsbewussten Geschäftsideen streben.
Ein Strukturwandel durch Social Entrepreneurship? In unserem RESET-Artikel Mache dich auf den Weg zum Social Entrepreneur erfährst du viele hilfreiche Tipps, wie auch du an der Bewegung teilhaben und deine sozialunternehmerischen Ideen verwirklichen kannst.

Wie aber finanzieren sich Unternehmer mit sozialer Mission? Neben der Triodos-Bank fördern hierzulande bisher nur wenige Institute wie die sozial-ökologisch orientierte GLS-Bank soziale Unternehmen. Der Investmentfonds Bonventure hat sich ausschließlich auf die Finanzierung sozialer und ökologisch wertvoller Geschäftsideen spezialisiert.

Innovation heißt Vernetzen

Das Genisis Institut in Berlin ist überzeugt, dass Social Business zu einem neuen und ausbaufähigen Wirtschaftssektor werden kann. Teilnehmer aus aller Welt treffen sich nun schon seit 2008 auf dem Vision Summit mit der Vision, Social Business zu einem neuen Sektor Wirtschaftssektor zu machen. Hier ein paar Impressionen vom letzten Vision Summit 2014.

Quellen und Links

Rima Hanano, RESET-Redaktion 2013 (überarbeitet von Simon Duprée, RESET-Redaktion/ 2015)

Mach dich auf den Weg zum Social Entrepreneur oder Ecopreneur

Du hast eine Idee, wie du die Welt mit unternehmerischem Handeln sozialer oder grüner gestalten kannst und suchst nach einer Möglichkeit, diese umzusetzen? RESET zeigt dir Wege, wie du als Social Entrepreneur oder Ecopreneur deine Ideen für eine nachhaltige Entwicklung verwirklichen kannst.

Mikrofinanzen – Finanzdienstleistungen für kleine Leute

Spätestens seit der Gründer der Grameen Bank Muhammad Yunus 2006 den Friedensnobelpreis erhielt für seine Bemühungen, die Armut in Bangladesh zu reduzieren, ist der Begriff Mikrofinanzen bzw. Mikrokredite für die meisten kein Fremdwort mehr. Doch wie hilfreich ist die Vergabe von Kleinstkrediten im Kampf gegen die Armut wirklich?

Corporate Social Responsibility (CSR) – Die gesellschaftliche Verantwortung von Unternehmen

Die freiwillige Wahrnehmung sozialer und ökologischer Verantwortung durch Untenehmen wird Corporate Social Responsibility (CSR) genannt. Das neue soziale Gewissen von Unternehmen hat in den letzten Jahren einen Aufschwung erlebt. Vor allem, weil die Öffentlichkeit, die Kunden und auch Investoren von Unternehmen verantwortungsbewusstes Handeln und nachhaltige Lösungen erwarten.