Für viele ist die Zeit des aktuellen Stillstands während der Corona-Krise auch die Zeit der Projekte, die man schon lange vor sich hergeschoben hat. Den Kleiderschrank ausmisten zum Beispiel. Und warum nicht auch alte Elektrogeräte austauschen? Nicht aus ästhetischen Gründen, sondern um Energie und damit auch Geld zu sparen. Doch ein neues Gerät hat natürlich auch seinen Preis. Ab wann hat man das Geld für die Neuinvestition durch den geringeren Stromverbrauch wieder drin? An genau diese Frage möchte das Passauer Startup Smartricity anknüpfen.
Gegründet wurde die Plattform von Sebastian Schmidt. Die Idee für Smartricity kam ihm durch ein Projekt aus Brighton. Dort konnten die Bewohner*innen einer Straße für zwei Monate ihren Stromverbrauch offenlegen und vergleichen. Angespornt durch das spielerische Element, wer es schaffen würde, am wenigsten Strom zu verbrauchen, konnte in der Straße am Ende 15 Prozent Energie gespart werden.
„Mich hat das nicht mehr losgelassen“, erzählt Schmidt gegenüber RESET. „Ich fand es eine super Idee, dass man einerseits etwas für die Gesellschaft tun kann, andererseits das Ganze sich aber auch wirtschaftlich trägt.“
Durch Vergleiche das beste Angebot finden
Doch wie genau funktioniert die Plattform Smartricity? Zunächst kann man seine Altgeräte hinsichtlich ihrer Effizienz prüfen. Dafür gibt man den Namen des Gerätes in die Suche ein. Über die Plattform erfährt man, wieviel Strom und gegebenenfalls Wasser das Gerät im Jahr verbraucht und welche Kosten das verursacht. Dann kann man entscheiden, ob und welche Alternative man kauft, die zunächst eine Investition ist. Gleichzeitig wird man über Smartricity aber auch informiert, nach wie vielen Jahren sich der Neukauf durch die geringeren Stromkosten wieder amortisiert hat. Dabei widmet sich Smartricity vor allem den großen Stromschluckern wie Kühlschränken, Öfen, Waschmaschinen oder Trocknern. Hier lassen sich mit neuen Modellen besonders viel Geld und vor allem Ressourcen sparen, was letztlich der Umwelt und dem Klima zugutekommt.
Um diese Vergleiche zu bewerkstelligen und Informationen zu präsentieren, besitzt Smartricity laut Eigenaussage die größte Datenbank für Elektrogeräte in Europa. Technisch möglich ist dies, wie Schmidt gegenüber RESET erklärt, mit eigens programmierten Webcrawlern. Das sind kleine Programme, die Webseiten nach Informationen durchsuchen und diese auch bewerten können. Dabei werden keine beliebigen Seiten nach neuen Produkten durchsucht, sondern die Shops, mit denen Smartricity eine Kooperation hat. „Wir haben ein Programm geschrieben, was diese Informationen normalisiert. Das ist sehr wichtig, denn nur so kann man die Produkte am Ende auch vergleichen“, sagt Schmidt. Das bedeutet, es werden nicht nur Informationen gesammelt, sondern auch der günstigste Preis eines Modells identifiziert.
So wächst die Datenbank von Smartricity automatisch immer weiter – aktuell sind darin laut Schmidt 140.000 Geräte enthalten – und bleibt zudem stets auf dem aktuellen Stand. Manuell könnte man diese Datenmasse an elektronischen Geräten nur schwer erfassen.
Nur wenn ein Modell gefunden wird, kann man den Stromverbrauch ermitteln
Theoretisch müsste man also leicht die Geräte aus dem eigenen Haushalt in der Smartricity-Datenbank finden können. In der Praxis scheint dies nicht immer ganz so leicht zu klappen, wie unser Test zeigt. Die größte Hürde ist das Finden der Modellbezeichnungen. Bei schweren Geräten wie Öfen oder Kühlschränken sind diese gerne an der Rückseite versteckt. Um da heranzukommen, braucht es einiges an physischer Kraft. Ist ein entsprechendes Schild doch leichter zu erreichen, zum Beispiel in der Innenseite der Spülmaschine, so kann die Beschriftung durch die Wassereinwirkung mit der Zeit verblasst sein. Hat man die Bezeichnung dann doch gefunden, ist das Modell trotz der großen Datenbank nicht immer zwingend darin vorhanden.
Des Problems der Auffindbarkeit von Modellbezeichnungen ist sich Smartricity bewusst und versucht es zu beheben. So lassen sich für die verschiedenen Kategorien, vom Herd bis zum Trockner, Anleitungen finden, wo sich die Modellbezeichnungen am wahrscheinlichsten verstecken könnten. Sollten diese nicht mehr lesbar sein oder sich an Rückseiten von schweren Geräten befinden, könnte ein zukünftiges Forschungsprojekt eine Lösung bieten: „Aktuell können wir dieses Problem nicht lösen. Aber wir arbeiten mit zwei Universitäten an einem Forschungsprojekt, um per Bilderkennung das Modell eines Elektrogerätes bestimmen zu können.“
Smartricity: eher Webseite als App
Die Webseite und auch die App sind übersichtlich gestaltet. Jedoch springt das Suchfeld beim Benutzen immer aus dem Sichtfeld, weshalb man bei Tippfehlern stets von vorne anfangen muss. Bei längeren Modellbezeichnungen kann sich dies negativ auf die Benutzer*innenfreundlichkeit auswirken. Doch Schmidt setzt den Fokus auch nicht auf Apps: „Wir haben die Erfahrung gemacht, dass die Menschen eher unsere Website als unsere App nutzen. So einen Großeinkauf wie einen neuen Kühlschrank macht man auch eher selten an seinem Smartphone.“ Zudem würden die Deutschen generell immer seltener Apps herunterladen. „Der Trend geht also ganz klar wieder Richtung Websites.“ An dieser Aussage zeigt sich, dass für das Startup die Wirtschaftlichkeit einer Sache zentral ist. Diese dann mit Umweltschutz zu verbinden, ist der Grundgedanke von Smartricity.
Die Seite finanziert sich über ihre Partner. Gelangen die Nutzer*innen über Smartricity auf die Seite eines Shops und kaufen innerhalb eines Monats ein Elektrogerät, geht ein Anteil des Kaufpreises an das Startup.
Dabei hat es natürlich einen gewissen Beigeschmack, dass das Unternehmen nur verdient, wenn Nutzer*innen auf Empfehlung von Smartricity neue Elektrogeräte kaufen. Nicht immer ist ein Neukauf auch tatsächlich umweltschonender. Neue Geräte bedeuten gleichzeitig immer neue Ressourcen, die zunächst verbraucht werden müssen. Außerdem muss bei vielen Elektrogeräten von einer geplanten Obsoleszenz ausgegangen werden, das heißt, dass von Herstellern ganz bewusst Bugs oder minderwertige Materialien eingebaut werden, um die Lebensdauer ihrer Produkte zu verkürzen – damit diese pünktlich nach Ablauf der Garantie defekt gehen. Um diesem Vorwurf entgegenzuwirken, möchte Smartricity auch auf die Reparierbarkeit von Geräten hinweisen und gibt detaillierte Anleitungen dazu.
Vergleichsportale gibt es viele. Einen ganz ähnlichen Ansatz wie Smartricity hat zum Beispiel die bei RESET vor einigen Jahren vorgestellte App EcoGator, die allerdings nur rund tausend Geräte in der Datenbank führt und offenbar leider auch nicht mehr aktualisiert wird. Ein Vergleichsportal für energieeffiziente Elektrogeräte im Umfang von Smartricity ist neu. In Zukunft will das Passauer Startup auch kleinere Geräte wie Föne oder Mikrowellen in die Datenbank aufnehmen. Wird der Aspekt der Energieeffizienz mit in die Kaufentscheidung eingebunden, kann dies nicht nur Kund*innen überzeugen, mehr Strom und Wasser zu sparen, sondern auch die Konzerne dazu anhalten, priorisiert Geräte zu entwickeln, die genau diesen Aspekt verstärkt berücksichtigen.
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