Sind virtuelle Server nachhaltig? Open-Source-Tool „aether“ misst ihren Stromverbrauch

Wie misst man den Stromverbrauch von virtuellen Diensten? Das Unternehmen "re:cinq" hat genau dafür ein Open-Source-Tool entwickelt. "aether" berechnet dabei den Stromverbrauch virtueller Server.

Autor*in Benjamin Lucks, 09.09.24

Übersetzung Kezia Rice:

Den Stromverbrauch der eigenen technischen Geräte zu überwachen, ist recht einfach. Entweder zieht man die Herstellerangaben zum Stromverbrauch zu Rate. Oder man schaltet ein Strommessgerät zwischen Steckdose und Gerät. Da viele Unternehmen ihre Server-Infrastrukturen inzwischen allerdings auslagern, gehen diese Informationen verloren. Und genau das möchte „re:cinq“ mit dem Open-Source-Tool „aether“ ändern.

Anbieter wie Amazon mit seinen Amazon Web Services (AWS) und Google mit der eigenen Cloud sind hinsichtlich des Energieverbrauchs ihrer Dienste intransparent. Hier soll „aether“ Nutzer:innen mehr Kontrolle über den verursachten Energieverbrauch zurückgeben. Denn „wie sollen wir die CO2-Emissionen verringern“, so Gabi Beyer von „re:cinq“ in einem Blog-Eintrag, wenn wir sie überhaupt nicht messen können?

Wie arbeiten virtuelle Server überhaupt?

Um eigene Webseiten und Dienste im Netz anzubieten, müssen Unternehmen Server nutzen. Während man diese früher noch in zu heißen Räumen im eigenen Betrieb betreiben musste, können Unternehmen inzwischen Server mieten und ihre Infrastruktur auslagern. Um etwa diesen Artikel im Netz sichtbar zu machen, nutzen wir für unsere Webseite RESET.org den grünen Cloud-Anbieter Hetzner. Dort mieten wir ein festes Kontingent an Speicherplatz, um ein Content-Management-System zu betreiben.


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Anbieter wie Amazon und Google bieten virtuelle Server an, die je nach Traffic und benötigter Speicherplatzgröße wachsen können. „Scalable Hosting Services“ bieten viele Vorteile für Nutzer:innen. Entsteht beispielsweise plötzlich sehr viel Traffic, können virtuelle Server sich automatisch vergrößern und diesen entsprechend auffangen. Hierdurch laufen Anwender:innen aber auch Gefahr, dass ihre eigene Online-Präsenz sehr viel Energie und Wasser zur Kühlung verbraucht.

Die Servernutzung mag Unternehmen und Endverbraucher:innen quasi immateriell erscheinen. Doch Hosting-Unternehmen verarbeiten die Daten in physischen Rechenzentren und Serverfarmen. Während Unternehmen den Energieverbrauch ihrer IT-Infrastruktur im eigenen Betrieb überwachen und optimieren können, stellen Anbieter wie AWS und Google derartige Informationen jedoch nicht direkt zur Verfügung. Aus diesem Grund ist „aether“ eine interessante Hilfestellung für Unternehmen, die im Sinne einer Corporate Digital Responsibility nachhaltig agieren wollen.

„aether“ rüstet einen virtuellen Stromzähler nach

Der Quellcode von „aether“ steht Interessierten kostenfrei über die Plattform Github zur Verfügung. Clever ist dabei, dass die Anwendung ohne zusätzliches Zubehör oder spezielle Bauteile auf Serverseite auskommt. Der Chip-Hersteller Intel etwa verbaut in seinen Chipsätzen Bauteile, die den Energieverbrauch der gesamten Platinen messen können. Ein Running-Average-Power-Limit-Reporting, kurz RAPL, muss bei der Nutzung von „aether“ nicht vorhanden sein.

Um das Vorhandensein oder auch den Zugriff auf spezielle Hardware zu umgehen, wählten die Entwickler:innen von „aether“ einen rechenbasierten Ansatz. Bei diesem werden zuerst die vCPU-Stunden berechnet – also die Gesamtzahl der Nutzungsstunden, die mit der Anzahl virtueller Prozessoreinheiten gegengerechnet wird. Deren Energieverbrauch kalkulieren die Entwickler:innen mithilfe der CPU-Auslastung und den Angaben zum Stromverbrauch, der in sogenannten Teads-Datensätzen steht. Hierbei handelt es sich um Informationen, die Anbieter von virtuellen Servern angeben.

Aus diesen Informationen kann „aether“ dann mithilfe weiterer Faktoren die ungefähren CO2-Emissionen berechnen, die CPU-Einheiten virtueller Server bei der benötigten Auslastung verursachen. Zu diesem Richtwert müssten die Entwickler:innen eigentlich auch noch den Stromverbrauch zusätzlicher Komponenten miteinbeziehen. Den Energieverbrauch von GPUs und Speicherkomponenten möchte das Team von „re:cinq“ daher in zukünftigen Versionen integrieren.

In ihrem Blog-Eintrag weist Gabi Beyer aber ausdrücklich darauf hin, dass die Genauigkeit der Informationen aktuell noch an der Intransparenz der Cloud-Anbieter selbst scheitert.

Wie kann man den Stromverbrauch virtueller Server senken?

Zu wissen, wie viel Energie ein gemieteter Server ungefähr verbraucht, ist hilfreich – es löst das Problem energiehungriger Serverfarmen aber noch nicht. Eigene Server ließen sich mit energieeffizienteren Komponenten aufrüsten oder auf die benötigte Leistung reduzieren. Bei virtuellen Servern haben Kund:innen jedoch in der Regel keinen Einfluss auf die Hardware.

Wir haben das Team von „re:cinq“ daher gefragt, wie sich der Stromverbrauch virtueller Server senken lässt. Dabei schlägt „re:cinq“ auf Anwenderseite vor, Wert auf eine nachhaltige Programmierung zu legen. Über „Big O Notation“ ließe sich die Energieeffizienz geschriebener Codezeilen noch während der Entwicklung abschätzen.

Warum verbrauchen Rechenzentren Wasser?

Rechenzentren sind im Grunde genommen große Hallen, in denen unzählige Computer stehen. Bei deren Betrieb entsteht nicht nur ein hoher Stromverbrauch, sondern auch viel Hitze.

Damit die Geräte nicht überhitzen, müssen Rechenzentren aufwändig gekühlt werden. Und das geschieht in der Regel über wasserbasierte Kühlsysteme.

Wegen ihres Bedarfs an Wasser und Energie stehen Rechenzentren daher immer wieder in der Kritik. Denn sie befinden sich häufig in weniger dicht besiedelten Regionen, in denen die Wasserversorgung häufig zu gering ist. Friederike Röhde vom IÖW verrät im Interview mehr über die Probleme, die Rechenzentren verursachen können.

Zusätzlich zur Optimierung des Codes können Server auch ohne Änderungen der Hardware auf Energieeffizienz optimiert werden. In einem Blog-Eintrag zeigt das Team von „aether“ beispielsweise, wie es möglich ist, die Node-Größen an die benötigte Anwendung anzupassen. Dadurch sinkt der Stromverbrauch, da die Hardware nur die Komponenten beansprucht, die für eine reibungslose Wiedergabe benötigt werden.

Zusätzlich gibt es bei Servern das Phänomen, dass die Hardware-Auslastung und der Energieverbrauch nicht linear verläuft. Ist ein Server etwa zu 10 Prozent duch eine Anwendung ausgelastet, verbraucht er 10 Watt pro Stunde. Kommen 10 Prozent durch eine zusätzliche Aufgabe dazu, steigt der Energieverbrauch um weniger als 10 Watt. Server also maximal auszulasten, führt langfristig zu einem geringeren Stromverbrauch als der Betrieb mehrerer Server. Rechenzentren sollten ihre Systeme also auf „Energy Proportionality“ hin optimieren.

Nachhaltige Hosting-Anbieter als grüne Alternative

Die Entwicklung von „aether“ zeigt, wie schwer es ist, ausgelagerte IT-Infrastrukturen in der Effizienz zu optimieren. Denn die Optimierung von Node-Größen und „Energy Proportionality“ müssen auf Serverseite erfolgen. Um Unternehmen eine nachhaltige Nutzung ihrer Dienste ermöglichen, müssen Unternehmen wie Google oder AWS transparenter werden.

Als Alternative gibt es allerdings auch viele grüne Cloud- und Hosting-Anbieter wie Windcloud oder Manitu im Netz. Diese setzen auf 100 Prozent Ökostrom und optimieren ihre Server-Infrastruktur hinsichtlich Energieeffizienz. Weitere Möglichkeiten, den eigenen digitalen Fußabdruck zu verringern, haben wir im Artikel „So verkleinerst du deinen digitalen Fußabdruck“ zusammengefasst.

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