Sind mikrobielle Proteine die nachhaltigen Lebensmittel der Zukunft?

Laut einer Studie sind mikrobielle Proteine aus Solarenergie effizienter und nachhaltiger als andere Nahrungsmittel. Aber hat die Welt Appetit auf Proteine in Pulverform?

Autor*in Ciannait Khan:

Übersetzung Sarah-Indra Jungblut, 06.10.21

Wie können wir angesichts des weltweiten Bevölkerungswachstums sicherstellen, dass alle Menschen genug zu essen haben? Ernährungsunsicherheit ist ein immer dringlicheres Problem. Dazu kommt, dass die herkömmliche Landwirtschaft in vielerlei Hinsicht kritisiert wird, u. a. wegen ihrer hohen CO2-Emissionen, des übermäßigen Flächenverbrauchs und der fragwürdigen Tierethik. Doch laut einem kürzlich erschienenen Paper gibt es eine effizientere und umweltfreundlichere Alternative: mikrobielle Biomasse.

Mikrobielle Biomasse, auch mikrobielles Protein oder einzelliges Protein (SCP) genannt, ist reich an Proteinen und anderen Nährstoffen. In der neuen Arbeit, die in PNAS veröffentlicht wurde, analysierten die Forschenden, wie effizient der Nutzung von Sonnenenergie zur Herstellung von SCP ist und stellten fest, dass dieses Verfahren wichtige Nutzpflanzen wie Weizen, Reis und Sojabohnen deutlich übertrifft.

Wohlgemerkt klingt „Mikrobielle Biomasse“ nicht gerade nach einem schmackhaften Gericht – aber sie entwickelt sich zu einer beliebten Quelle nachhaltigen Proteins. Mehrere Unternehmen verwenden bereits aus Algen, Pilzen und Bakterien gewonnenes SCP, um Lebensmittel für Mensch und Tier zu produzieren. Und tatsächlich sind solche Produkte schon seit Jahrzehnten auf dem Markt: Quorn beispielsweise, ein beliebter Fleischersatz, verkauft fleischfreie Nuggets und Lasagne aus Mykoprotein.

Der Analyse der Forschenden zufolge kann SCP im Vergleich zu anderen Grundnahrungsmitteln pro Flächeneinheit mehr als das Zehnfache an Proteinen und mindestens das Doppelte an Kalorien liefern. Zu den Grundnahrungsmitteln gehören Mais, Weizen und Reis, und die Forschenden haben die effizientesten von ihnen – Sojabohnen und Zuckerrüben – als Grundlage für ihren Vergleich herangezogen.

Bei der in der Studie untersuchten Methode zur Herstellung von SCP wurden Sonnenkollektoren, Land, Nährstoffe und Kohlendioxid aus der Luft verwendet. Die proteinreiche Biomasse, die durch komplexe Prozesse entsteht (siehe unten), kann dann zu einem essbaren Pulver verarbeitet werden. Die Forschenden untersuchten den Energiebedarf für jeden Schritt dieses Prozesses und fanden heraus, dass die Mikroben für jedes Kilogramm erzeugtes Protein nur 10 Prozent der Fläche benötigten, die die proteinreichste Pflanzenart, die Sojabohne, benötigt.

Die Ergebnisse gelten auch für nördliche Klimazonen mit weniger Sonnenschein und die Produktion könnte genauso in Regionen stattfinden, die bisher für den Lebensmittelanbau ungeeignet waren, wie etwa Wüsten.

Die Forschenden stellen fest, dass sich SCP besser als Ersatz für einige Kulturen besser eignet als für andere. Soja zum Beispiel ist ein idealer Kandidat, da es in erster Linie als Tierfutter angebaut wird. Mais hingegen wird nicht nur als Nahrungsmittel, sondern auch zur Erzeugung von Bioenergie verwendet.

Damit sind mikrobielle Proteine ein vielversprechender Ansatz, um die Ernährungsunsicherheit zu bekämpfen, ohne verheerende Folgen für die Umwelt zu haben. Allerdings hängt die Einführung von SCP in den Mainstream jedoch von einer Reihe von Faktoren ab, darunter die wirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit und die Attraktivität für Verbraucher*innen.

Während SCP für Menschen essbar ist, gehen viele davon aus, dass die Proteine vor allem  bei der Ernährung von Nutztieren an Bedeutung gewinnen werden. Denn während Tiere wie Kühe, Fische und Insekten Eiweiß für den Menschen liefern, müssen diese Nutztiere auch mit eiweißreicher Nahrung gefüttert werden. Doch auch ein zunehmendes Bewusstsein für die Folgen der auf tierischen Proteinen basierten Ernährung und politische Maßnahmen gegen den Klimawandel könnten die Nachfrage nach mikrobiellen Proteinen ankurbeln…

Dieser Artikel ist eine Übersetzung von Sarah-Indra Jungblut und erschien im Original zuerst auf unserer englischsprachigen Seite.

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