Inseln sind besondere Orte – ihre isolierte Lage bringt Eigenheiten mit sich. Viele von ihnen sind wirtschaftlich und ökologisch fragil. Vor allem die Auswirkungen des Klimawandels, wie der ansteigende Meeresspiegel, machen sich hier stark bemerkbar. Auch wenn die Ursachen des Klimawandels globaler Natur sind, lohnt es sich, vor Ort nach Verbesserungspotenzial zu suchen. Eines der dringendsten, ökologischen Probleme auf tropischen Inseln ist die umweltbelastende Stromproduktion.
Viele tropische Inseln erzeugen ihren Strom mit großen Dieselgeneratoren, die man in ähnlicher Form bei Autos kennt. Eine typische maledivische Insel verbraucht 3.000 bis 8.000 Liter Diesel pro Tag, der natürlich erst einmal dorthin importiert werden muss. Dieselstrom ist damit nicht nur die teuerste Art der Stromgewinnung, sie ist auch dreckig und laut. Gerade Hotelanlagen, die es auf tropischen Inseln zuhauf gibt, haben einen immensen Strombedarf, z.B. durch den Dauereinsatz von Klimaanlagen.
Swimsol und der Weg zu SolarSea
Ein Umstieg auf erneuerbare Energien wäre also in mehr als einer Hinsicht sinnvoll. Aber ganz so einfach ist das leider nicht. Inseln in den Tropen sind zwar mit Sonnenschein im Überfluss gesegnet, haben aber häufig ein Platzproblem. Um ausreichend Strom zu erzeugen, wären meist mehrere Fußballfelder nötig. Die Köpfe hinter dem Wiener Unternehmen Swimsol beschäftigen sich schon seit mehr als 20 Jahren mit Solarenergie. 2014 präsentierten sie SolarSea, die welterste schwimmende Solarzelle. Wenn das Land nicht mehr genug Platz bietet, weicht man eben auf das schier unendliche Meer aus. Die Entwicklung der besonderen Zelle dauerte mehr als vier Jahre und entstand in Zusammenarbeit mit der Technischen Universität Wien und der Fraunhofer-Gesellschaft in Deutschland. Swimsol hat sich inzwischen auf Photovoltaikprojekte für tropische Inseln spezialisiert, insbesondere für die Malediven, wo die erste kommerzielle SolarSea-Anlage in Betrieb ging. Auch wenn die Anschaffung der schwimmenden Solar-Plattformen mit beträchtlichen Kosten verbunden ist, produzieren sie umweltfreundlicheren und dazu günstigeren Strom als Dieselaggregatoren.
Die Swimsol-Projekte, zu deren Kundenkreis derzeit vor allem luxuriöse Touristenressorts zählen, bestehen aus zwei Phasen. Zunächst werden Aufdach-Anlagen installiert; sobald kein Raum mehr zur Verfügung steht, werden schwimmende Anlagen errichtet, die im Vergleich sogar fünf bis zehn Prozent leistungsfähiger sind. Auf diese Weise wurden mittlerweile neun Solarprojekte mit einer Leistung von drei Megawatt Peak (Spitzenleistung) auf maledivischen Inseln umgesetzt. Es gibt sowohl große Einzelplattformen als auch modular aufgebaute Konstruktionen von SolarSea. Sie werden wie Boote im Meeresboden verankert und liefern den Strom über ein Unterwasserkabel an die Insel. Swimsol kümmert sich um die Installation und Wartung der schwimmenden Solarpaneele.
Auf den Malediven gibt es ein festes Team vor Ort. Auf Anfrage sagte das Unternehmen, dass man hier auch künftig von vielen Kundenanfragen ausgehe, denn von den fast 1.200 Inseln sind die meisten nicht größer als ein Quadratkilometer. Weiterhin stehen Südostasien und der Pazifik im Fokus.
Die Sonne scheint nicht immer
Ein Wermutstropfen: Während der Nacht muss im Regelfall weiterhin auf Dieselgeneratoren zurückgegriffen werden. Sonst benötigt man sehr große Batterien zur Speicherung der Solarenergie, die teuer sind. Dafür ist SolarSea auf Langlebigkeit ausgerichtet. Ungefähr 30 Jahre sollen die rund drei Meter hohen Aluminium- und Stahlkonstruktionen mit den Solarmodulen halten. Durch die offene Bauweise sind sie widerstandsfähig gegenüber mechanischen Belastungen durch Wellen und Wind. Bleibt noch die Frage, ob die schwimmenden Solarzellen nicht etwa Flora und Fauna beeinträchtigen, wie es oft auch bei Offshore-Windenergieanlagen heißt. Wichtig ist, dass die Paneele keine Korallen überdecken, sondern sich lediglich über Sandboden befinden. Dann können sie als neues Habitat sogar einen positiven Effekt auf die Pflanzen- und Tierwelt haben, beispielsweise als Verstecke für Fische. Auch Gäste, die auf die schwimmenden Solarzellen trotz der Installation außerhalb Hotelsichtweite aufmerksam wurden, sowie Inselbewohner hätten sich davon nicht beeinträchtigt gefühlt.
Luxuriöse Touristenressorts sollten ihren hohen Stromverbrauch jedoch ohnehin überdenken. Ebenfalls wichtig wäre eine verstärkte Zusammenarbeit mit dem öffentlichen Sektor, um auch die lokale Bevölkerung mit Ökostrom zu versorgen. Und tatsächlich soll es künftig mehr SolarSea-Projekte im lokalen Bereich geben. Schon jetzt liegt das bisher größte System von Swimsol vor der von Einheimischen bewohnten Insel Dharavandhoo. Miriam Eder von Swimsol sagte uns: „Unsere Vision ist es, ein großes SolarSea-System für die Hauptstadtinsel Malé zu errichten, um dort viele Millionen Liter Diesel im Jahr zu sparen.“