Laut einer aktuellen EU-Studie werden bis 2025 jeden Tag 78 Millionen Batterien mit meist giftigen Bestandteilen im Müll landen. Durch ihren Einsatz in unzähligen Geräten werden Batterien sicherlich nicht so schnell verschwinden. Die weltweite Nachfrage nach diesen wichtigen Energiequellen steigt aktuell sogar rapide an und wird bis 2030 vermutlich um das 14-fache zunehmen. Allein die EU wird mit rund 17 Prozent zu dieser Zahl beitragen – und das trotz der Batterieverordnung von 2023, die sicherstellt, dass Batterien während ihres gesamten Lebenszyklus nachhaltig und kreislauffähig sein sollen. Es versteht sich von selbst, dass die Suche nach umweltfreundlicheren Alternativen zu Batterien uns dabei helfen würde, einen Großteil dieser potenziell giftigen Abfälle zu vermeiden.
Ein neuartiger mechanischer Sensor, der vom Forschungsteam um Marc Serra-Garcia und ETH-Geophysikprofessor Johan Robertsson entwickelt wurde, könnte eine solche Alternative darstellen.
Stromversorgung durch Schallwellen
Sensoren, insbesondere solche, die für medizinische oder infrastrukturelle Zwecke verwendet werden, laufen in der Regel rund um die Uhr mit Batterien. Diese Batterien sind irgendwann leer und werden entsorgt. Der von Serra-Garcia und Robertsson entwickelte schallbetriebene Sensor hingegen „funktioniert rein mechanisch und benötigt keine externe Energiequelle. Er nutzt einfach die in den Schallwellen enthaltene Schwingungsenergie“, erklärt Robertsson.
Alle Töne werden durch charakteristische Schallwellen erzeugt. Diese sind einzigartig, ähnlich wie ein Fingerabdruck. Dieser Sensor funktioniert, indem er ihre spezifischen Merkmale erkennt und dann darauf reagiert. Immer wenn ein bestimmtes Wort gesprochen oder ein bestimmtes Geräusch erzeugt wird, versetzt die ausgestrahlte Schallwelle den Sensor in Schwingung. Die dabei entstehende Energie ist stark genug, um einen winzigen elektrischen Impuls zu erzeugen, der ein elektronisches Gerät einschaltet.
Der Sensor kann zum Beispiel zwischen den Schallwellen der Wörter „drei“ und „vier“ unterscheiden. Das Wort „vier“ könnte ein Gerät einschalten oder weitere Prozesse auslösen, während bei „drei“ nichts passieren würde.
Neuere Varianten des Sensors sollen in der Lage sein, zwischen bis zu zwölf verschiedenen Wörtern zu unterscheiden – zum Beispiel Standard-Maschinenbefehle wie „ein“, „aus“, „auf“ und „ab“.
Eine einzigartige Struktur ist für die Funktionalität des schallgesteuerten Sensors entscheidend
Das Geheimnis der Funktionalität des Sensors liegt in seiner komplexen Konstruktion. Er besteht aus Dutzenden von unterschiedlich strukturierten Stäben und Platten, die durch winzige Stäbe verbunden sind, die wie Federn wirken. Obwohl es sich um ein rein analoges Design handelt, haben die Wissenschaftler:innen mithilfe von Computermodellen herausgefunden, wie die Stäbe und Platten am besten miteinander verbunden werden können, um durch bestimmte Schallquelle den Sensor in Bewegung zu setzen.
Während der Prototyp anfangs etwa handtellergroß war, haben die neueren Versionen etwa die Größe eines Daumennagels und sind damit viel kompakter. Und die Forschenden wollen sie noch weiter vereinfachen und verkleinern.
„Unser Sensor besteht nur aus Silikon und enthält weder giftige Schwermetalle noch seltene Erden, wie es bei herkömmlichen elektronischen Sensoren der Fall ist“, sagt Serra-Garcia.
Dieser einfache Sensor könnte großen Einfluss auf die Nutzung von Geräten haben
Sensoren sind allgegenwärtig und haben unzählige Einsatzmöglichkeiten. Batterielose Sensoren könnten beispielsweise zukünftig registrieren, wenn in einem Gebäude ein Riss entsteht, der eine bestimmte Schallwelle verursacht. Die Tatsache, dass die Batterie nicht ständig laufen muss, um ein ganz spezielles und seltenes Geräusch zu erkennen, könnte große Mengen an Energie und zahlreiche Batterien sparen.
Ein weiterer wichtiger Anwendungsfall könnte die Überwachung stillgelegter Ölbohrungen sein. Aus Lecks in Bohrlöchern kann Gas austreten, das ein charakteristisches Zischen erzeugt. Ein mechanischer, schallbetriebener Sensor könnte das spezifische Zischgeräusch erkennen und dann einen Alarm auslösen – ohne dass ein ständiger Stromverbrauch erforderlich ist. Dies ist nicht nur billiger im Betrieb und eine energiesparende Lösung, sondern würde auch den Wartungsaufwand verringern.
Das Forschungsteam hat weitere Anwendungsbereiche in medizinischen Geräten identifiziert. So könnten mit Hilfe der schallgesteuerten Sensoren Cochlea-Implantate in Hörprothesen für Gehörlose eine konstante Stromversorgung liefern. Diese benötigen normalerweise alle zwölf Stunden eine neue Batterie.
Die Entwickler:innen haben bereits ein Patent für ihre Batteriealternative angemeldet und das Prinzip in der Zeitschrift Advanced Functional Materials vorgestellt.
Ihr Ziel ist es, bis 2027 einen soliden Prototyp des schallgesteuerten Sensors auf den Markt zu bringen. Die Wissenschaftler:innen rechnen schon jetzt damit, dass es schwierig werden könnte, ausreichende Finanzmittel aufzutreiben. Dennoch gibt es einen Plan, um das Projekt voranzutreiben: „Wenn es uns bis dahin nicht gelingt, das Interesse anderer zu wecken, gründen wir vielleicht unser eigenes Startup“.