Satellitenaufnahmen könnten ein wichtiger Schlüssel sein, um Moorgebiete besser zu schützen

Moore und andere Feuchtgebiete spielen eine wichtige Rolle beim Klimaschutz

Moorgebiete wurden lange Zeit achtlos ausgebeutet, wodurch das gespeicherte CO2 freigesetzt wurde. Mit Hilfe von Satellitenaufnahmen hoffen Forscher*innen nun, die Vitaldaten dieser Ökosysteme genauer messen und sie so besser schützen zu können.

Autor*in Mark Newton, 04.08.21

Übersetzung Mark Newton:

Moorgebiete wurden lange Zeit achtlos ausgebeutet, wodurch das gespeicherte CO2 freigesetzt wurde. Mit Hilfe von Satellitenaufnahmen hoffen Forscher*innen nun, die Vitaldaten dieser Ökosysteme genauer messen und sie so besser schützen zu können.

Moore und andere Feuchtgebiete spielen eine wichtige Rolle beim Klimaschutz
Die tropischen Regenwälder unseres Planeten werden oft als die „Lungen der Erde“ bezeichnet. Unterstrichen wird damit ihre wichtige Rolle als CO2-Speicher. Es gibt jedoch noch andere Ökosysteme, die diesen Namen vielleicht noch mehr verdienen, nämlich Moore und Torfgebiete.

Bis vor kurzem wurde die Rolle dieser wichtigen Lebensräume jedoch übersehen, unterschätzt und zu wenig erforscht. Nun soll ein neues Satellitenprogramm Aufschluss darüber geben, wie genau Moore – zumindest die in Schottland – „atmen“.

Teams der University of the Highlands and Islands, der University of Nottingham und Forestry and Land Scotland wollen in Zusammenarbeit mit NatureScot ein satellitengestütztes interferometrisches Radar mit synthetischer Apertur (InSAR) einsetzen, um Verschiebungen und Bewegungen der Oberfläche von Mooren und Torfgebieten in Schottland zu erfassen. Durch die Beobachtung der Moore von oben hofft das Team, die Einflüsse besser zu verstehen, die sich auf die „Atmung“ der Moore auswirken, wie zum Beispiel Niederschlag, Wasserstand, Vegetationszusammensetzung, Mikrotopografie und Landmanagement.

Die vom Sentinel-1-Satelliten der Europäischen Weltraumorganisation (ESA) gelieferten Bilder werden mit der Technologie von Terra Motion kombiniert, einem aus der Universität Nottingham ausgegründeten Unternehmen zur Vermessung von Landbewegungen. Terra Motion hat APSIS (Advanced Pixel System using Intermittent SBAS) entwickelt, ein System, mit dem winzige Landverschiebungen – von Millimetern bis Zentimetern – auf Satellitenbildern erkannt werden können.

Normalerweise wären derartige Veränderungen mit bloßem Auge oder durch Messungen am Boden nur sehr schwer zu erkennen, vor allem, wenn man bedenkt, wie schwierig es ist, Moorgebiete zu durchqueren. Die Forschenden hoffen, dass sie mit diesen Informationen die bedrohten Moorgebiete detaillierter bestimmen und genauere Wiederherstellungssarbeiten durchführen können.

Bedrohte Moorgebiete

Bei Torf handelt es sich im Wesentlichen um sich zersetzendes Pflanzenmaterial, das in einer sauerstoffarmen Umgebung, wie zum Beispiel wassergesättigten Feuchtgebieten oder Sümpfen, eingeschlossen wurde. Unter diesen Bedingungen kann das Moor große Mengen an CO2 speichern und einschließen. Kommt der Torf mit Sauerstoff in Berührung, wird das CO2 freigesetzt. Die Erhaltung und der Schutz von Mooren könnte daher eine wichtige Methode zur Reduktion von Kohlenstoffemissionen sein.

Traditionell werden Torfmoore jedoch entweder als Ressource betrachtet, die es auszubeuten gilt, oder als natürliches Hindernis, das abgetragen werden muss. Torf wird von verschiedenen Industrien abgebaut und als Brennstoff oder als Bestandteil von Pflanzenerde in der Landwirtschaft und im Gartenbau verwendet. Andernorts wird er entwässert, um oft sehr fruchtbares Ackerland zu gewinnen. Bei all diesen Aktivitäten wird jedoch CO2 freigesetzt. Nach Angaben der IUCN trägt die Zerstörung von Torfmooren mit schätzungsweise 1,3 Gigatonnen CO2 pro Jahr zu etwa 10 Prozent der Treibhausgasemissionen aus dem Landnutzungssektor bei. Derzeit sind etwa 15 Prozent aller Feuchtgebiete weltweit entwässert oder zerstört worden.

Diese Schäden haben auch weitere Umweltauswirkungen. Die Trockenlegung oder Verringerung von Torfgebieten schadet der biologischen Vielfalt, erhöht das Brand- und Überschwemmungsrisiko und verschlechtert die Trinkwasserqualität.

Nationale Regierungen und internationale Organisationen wie die Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) führen zunehmend Programme und Gesetze ein, um die verbleibenden Torfgebiete der Welt zu schützen. Im Vereinigten Königreich zum Beispiel will die Regierung bis 2024 Torf als Bestandteil von Kompost für Hobbygärtner verbieten und rund 35 000 Hektar Torfland wiederherstellen. Anderswo geht die Zerstörung jedoch weiter. In Indonesien wurden Torfgebiete für die Anlage von Palmölplantagen gerodet (siehe Bild oben).

Unsere Moore zu erhalten bleibt also eine große Herausforderung, doch das Wissen darum, wie sie funktionieren, könnte bei der Durchsetzung von Schutzmaßnahmen helfen.

Dieser Artikel ist eine Übersetzung von Sarah-Indra Jungblut und erschien im Original zuerst auf unserer englischsprachigen Seite.

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