Obwohl der Onlinehandel in Deutschland im Jahr 2023 erstmals einen Rückgang in den Gewinnzahlen verzeichnen musste, bleibt das Einkaufen im Internet beliebt. Im Jahr 2022 wurden 13,4 Prozent der Einkäufe über Smartphone, Tablet oder PC abgewickelt – und laufen somit Gefahr, deutlich mehr Emissionen, Abfälle und Lieferwege zu verursachen, als das Aufsuchen lokaler Geschäfte und Einkaufszentren.
Vor allem die inzwischen weit verbreiteten Angebote für Express- oder Sofort-Versand, fehlgeschlagene Zustellversuche sowie Rücksendungen lassen den CO2-Fußabdruck beim Einkaufen im Netz massiv ansteigen. Allerdings lässt sich Onlineshopping mit ein wenig Rücksicht deutlich nachhaltiger gestalten. Onlineshopping ist also nicht zwingend umweltschädlicher als der Einkauf im Einzelhandel.
Wie können Verbraucher*innen ihr Shopping-Verhalten im Netz nachhaltiger gestalten?
Deutschland ist Spitzenreiter bei Retouren
Eines der größten Probleme der Nachhaltigkeit im Onlinehandel ist das Zurücksenden gekaufter Artikel. Deutschland ist im europäischen Vergleich das Land, in dem am meisten Waren wieder zurückgeschickt werden. Unter anderem liegt das daran, dass Retouren in der Regel kostenfrei und unbürokratisch angeboten werden. Was für Endverbraucher*innen bequem ist, verursacht allerdings nicht nur zusätzliche Lieferwege und neuen Verpackungsaufwand. Retouren werden oftmals gar nicht wieder aufbereitet und weiterverkauft.
Zalando, dem europaweit größten Online-Händler für Mode, wurden eigenen Angaben zufolge im Jahr 2021 die Hälfte der 250 Millionen Bestellungen wieder zurückgeschickt. Das Unternehmen verlangt für Retouren keine Gebühren und wirbt auf seiner Homepage damit, dass 97 Prozent der zurückgesandten Kleidungsstücke wiederverkauft würden. Eine Recherche des SWR-Formats Vollbild zeigte allerdings, dass zurückgesandte Waren bei Zalando erst nach extrem langen Lieferwegen durch ganz Europa an Großhändler verkauft wurden. Zehn Kleidungsstücke, die für die Recherche mit einem GPS-Tracker ausgestattet wurden, legten zusammengerechnet 29.000 Kilometer zurück, nachdem sie von den Forscher*innen als Retoure zurück an Zalando gegeben wurden.
Das Zurücksenden von Waren lässt sich schon dadurch vermeiden, darauf zu verzichten, Kleidungsstücke in mehreren Größen zum Anprobieren zu bestellen. Immer mehr Modehändler im Internet bieten darüber hinaus Hilfestellungen zur Auswahl der richtigen Größen an. Das Startup Presize etwa nutzt eine künstliche Intelligenz, um Kund*innen bei der Produktwahl die passende Größe vorherzusagen. Die Daten stammen dabei nicht nur von Schnittmustern, sondern auch aus Erfahrungen und Messwerten echter Kund*innen, die das jeweilige Produkt bereits getragen haben.
Nachhaltige Produkte im Internet finden
Neben dem Aufspüren passender Produkte gibt es im Netz auch Hilfsmittel, um die Nachhaltigkeit von Produkten zu prüfen. Neben spezialisierten Onlineshops mit Fokus auf nachhaltige Produkte sind es vor allem Siegel wie der Blaue Engel, das Bio-Siegel für Lebensmittel oder das EU-Energielabel für Elektrogeräte, anhand derer Verbraucher*innen Produkte auf ihre Nachhaltigkeit prüfen können.
TOP-Umweltsiegel im Überblick
Gerade bei Elektronikprodukten und bei Bekleidung empfiehlt es sich zudem, nicht zwingend auf den Kauf von Neuwaren zu vertrauen. Der Kauf von Gebrauchtwaren oder Refurbished-Produkten erfolgt in der Regel mit erweiterten Garantieleistungen und beugt besonders effizient dem Aufwand an Ressourcen vor, der bei der Produktion von Neuwaren anfällt. Spezialisierte Onlineshops für Refurbished-Waren warten zudem mit einer großen Produktvielfalt sowie ausführlichen Informationen und genauen Bebilderungen zu Mängeln oder Verschleißerscheinungen auf.
Lieferwege möglichst effizient gestalten
Neben der Auswahl von Produkten und deren Herstellung sind Transportwege ein weiterer Bereich, in dem der Onlinehandel Gefahr läuft, weniger nachhaltig zu sein als der Einkauf im Einzelhandel. Dabei ist die Zustellung von Paketen mitunter sogar nachhaltiger als der Weg mit dem Auto in die Innenstadt. Grund dafür sind einerseits die hohen Auslastungen der Lieferfahrzeuge. Andererseits bietet DHL in 50 Prozent seiner Zustellbezirke bereits CO2-freie Zustellungen an.
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Allerdings erfolgt die Zustellung bestellter Waren nur dann effizient, wenn diese beim ersten Versuch erfolgreich zugestellt werden können. Um zusätzliche Transportwege durch erneute Zustellversuche zu vermeiden, bieten Versanddienstleister immer häufiger Möglichkeiten an, Waren direkt in Postfilialen oder sonstige Lager senden zu lassen. Wer seine Pakete dann noch mit dem Fahrrad oder mit öffentlichen Verkehrsmitteln abholt, der spart auch auf der eigenen letzten Meile noch einmal Emissionen ein.
Auch der Verzicht auf Express- oder Sofortlieferungen, die sich gerade zu Zeiten des Corona-Lockdowns großer Beliebtheit erfreuten, ist Teil eines bewussteren Shoppingverhaltens im Netz. Denn der Wunsch nach einer kürzeren Lieferzeit nimmt Paketdienstleistern die benötigte Zeit, um Pakete zu sammeln und gemeinsam in das nächste Warenlager zu schicken. Werden Artikel also besonders schnell benötigt, ist der beste Weg nach wie vor der Weg in den Einzelhandel.