Kreislauf statt Abfall – das ist Circular Economy. Der Green Alley Award zeichnet Gründer aus

Die Bewerbungsphase für den Green Alley Award läuft in wenigen Tagen an. Der Preis richtet sich an Gründer, die mit ihrer Unternehmung auf Kreislaufwirtschaft setzen. Wir haben mit Christina Drechsel darüber gesprochen, wo die Kreislaufwirtschaft aktuell steht.

Autor*in Sarah-Indra Jungblut, 22.05.19

Abfall oder Müll – gibt es nicht. Sondern nur in einem Kreislauf zirkulierende Ressourcen, die wieder und wieder verwendet werden. Das ist die Idee hinter der Kreislaufwirtschaft, auch Circular Economy genannt. Der ausgedehnte Materialkreislauf soll dafür sorgen, dass sämtliche Wirtschaftsbereiche einen kleinstmöglichen Fußabdruck in unserer Umwelt hinterlassen. Ein riesiger Schritt, wenn man bedenkt, dass jeder Mensch in Deutschland im Durchschnitt mehr als 16 Tonnen Metall, Beton, Holz und andere Rohstoffe pro Jahr verbraucht.

Doch es gibt mehr und mehr Unternehmungen, die sich aufgemacht haben, mit nachhaltigen Materialien, einem cleveren Recycling und einem bewussten Einsatz von Rohstoffen die lineare Wirtschaft in eine Kreislaufwirtschaft zu verwandeln. Bereits seit 2014 zeichnet der Green Alley Award jährlich europäische Gründer und Startups aus, die mit ihren innovativen Geschäftsideen die Abfall- und Recycling-Industrie vorantreiben. Wie hat sich die Kreislaufwirtschaft in Europa in den letzten Jahren verändert und in welchen Bereichen gibt es noch Luft nach oben?

Darüber haben wir uns mit Christina Drechsel unterhalten, die als Marketing-Managerin der Landbell Group für den Green Alley Award verantwortlich ist.

Den Green Alley Award gibt es seit 2014. Könnt ihr feststellen, dass sich in den letzten Jahren im Bereich Kreislaufwirtschaft etwas verändert hat?

Ganz sicher sogar! Das Thema wird immer wichtiger. Für mich lässt sich dies auf verschiedene Gründe zurückführen, zum einen auf die steigenden Kundenanforderungen. – nicht zuletzt durch die Generation Y. Sie hat ein starkes Nachhaltigkeitsbewusstsein, wie Studien von Nielsen und Deloitte gezeigt haben, und repräsentiert zudem einen einflussreichen und noch dazu schnell wachsenden Konsumentenmarkt. Ein weiterer Grund, warum etablierte Unternehmen und Startups zunehmend auf die Kreislaufwirtschaft setzen: die gesetzliche Entwicklung. In Deutschland ist Anfang des Jahres zum Beispiel das Verpackungsgesetz (VerpackG) in Kraft getreten. Hier werden die Unternehmen dazu angehalten, Verpackungen zu fördern, die besonders gut recyclingfähig sind oder aus Rezyklaten oder nachwachsenden Rohstoffen hergestellt werden.  

Auf europäischer Ebene naht das Verbot für Einwegplastik ab 2021. Plastikgeschirr oder -strohhalme sollen dann der Vergangenheit angehören. Einer unserer Gewinner des Green Alley Awards, das finnische Startup Sulapac, hat bereits eine tolle Alternative für Einwegstrohhalme entwickelt – einen zu 100 Prozent biologisch abbaubaren Halm, der auf Holzbasis und natürlichen Klebstoffen basiert.

Ist die Anzahl der Einreichungen beim Green Alley Award in den letzten Jahren gestiegen?

Ja, vor allem in den ersten Jahren ist die Bewerberzahl deutlich gestiegen – von 2014 auf 2016 hat sie sich beispielsweise von knapp 100 auf 200 verdoppelt. Im vergangenen Jahr haben wir 215 Bewerbungen erhalten. Da wir wissen, dass neue Ideen auch Zeit benötigen, erwarten wir keine stetige Kurve nach oben. Wichtig sind uns vielmehr die Qualität und der Ideenreichtum der Bewerbungen.

Gibt es Bereiche, in denen ihr besonders viele Bewerbungen erhaltet? Und solche in denen ihr euch mehr Bewerbungen wünschen würdet?

Ein Schwerpunkt in den letzten Jahren war sicherlich der Bereich Lebensmittelverschwendung. Angesichts der ca. 88 Millionen Tonnen an Lebensmitteln, die in Europa jährlich im Abfall landen, sehen wir hier großes Zukunftspotential. Mittlerweile haben zahlreiche Startups Apps auf den Markt gebracht, die Lebensmitteln eine zweite Chance geben – beispielsweise durch Rabattaktionen für Produkte nahe dem MHD.

Mehr Bewerbungen wünschen wir uns insbesondere im Bereich der digitalen Lösungen. Ein großes Potenzial liegt hier vor allem in der Analyse großer Datenmengen, mit deren Hilfe Lieferketten transparenter und nachhaltiger gestaltet werden können. Neue Recyclingprozesse oder wiederverwertbare Verpackungslösungen sind ebenfalls immer sehr spannend für uns!

Wie ist es den Gewinnern der letzten Jahre ergangen, verfolgt ihr das weiter?

Der Kontakt zu unseren ehemaligen Gewinnern ist uns sehr wichtig. Wir berichten auch Monate später noch über die Entwicklungen innerhalb der Startups und promoten diese über unsere Kanäle. Erst kürzlich investierte beispielsweise die französische Luxusmarke Chanel in Salupac, unser Gewinner Startup 2017, das zusätzlich zu den oben erwähnten Halmen auch eine holzbasierte Alternative zu Plastiktigeln für die Kosmetikindustrie anbietet.

Sehr erfolgreich entwickelt sich auch das finnische Startup RePack mit seiner wiederverwendbaren Versandtasche für den Online-Handel. Das Startup verzeichnet nicht nur steigende Kundenzahlen in Europa, sondern ist mittlerweile sogar in den USA aktiv.

Unser Gewinner aus dem letzten Jahr, Aeropowder, kommt aktuell der steigenden Nachfrage nach seinem nachhaltigen Isoliermaterial „Pluumo“ aus Abfallfedern nach. Dies wurde erst durch die Investition des Preisgeldes von 25.000 Euro des Awards in eine neue Maschine möglich.

Danke für das Gespräch!

Am 25. Mai geht die nächste Bewerbungsphase los, der Einsendeschluss ist der 25. Juni. Mehr Informationen findest du unter www.green-alley-award.com

Hinter dem Preis steckt die Landbell Group mit Unterstützung eines Expertennetzwerks für die Circular Economy und das europäische Startup-Business, darunter Seedmatch, das britische Accelerator-Programm Bethnal Green Ventures für technologieorientierte Startups im Umwelt-und Sozialbereich sowie R2Pi, ein von der EU gefördertes Horizon 2020-Projekt.

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