Wasser bedeckt zu 71 Prozent unseren Planeten, 97 Prozent davon ist Salzwasser. Nur ein Prozent der Wasservorräte weltweit ist direkt als Trinkwasser verfügbar und extrem ungleich verteilt. Während die einen vor den Fluten fliehen, ringen die anderen um wenige Tropfen des kostbaren Nass. Bereits durch fünf Minuten Duschen verbrauchen wir mehr Wasser als vielen Menschen an einem ganzen Tag zur Verfügung steht. Wassermangel ist schon heute für einen von sechs Menschen bittere Realität. Die Lage ist insbesondere in Krisenländern verschärft, wo Kinder viermal so häufig mit unzureichender Wasserversorgung konfrontiert sind wie Gleichaltrige in anderen Ländern. Wassermangel betrifft vor allem die Ärmsten – noch. Denn die Wasservorräte sind auch dort bedroht, wo die kostbare Ressource zurzeit scheinbar noch im Überfluss zur Verfügung steht.
Ohne das Lebensmittel Nummer Eins existiert keine Landwirtschaft, keine Industrie, kein Leben. Vier Tage kann ein Mensch ohne Wasser überleben. Während Wasser in den Industrieländern meist ganz selbstverständlich jederzeit in beliebiger Menge und guter Qualität aus dem Hahn kommt, haben laut UN-Weltwasserbericht 2019 rund 2,1 Milliarden Menschen keinen Zugang zu sauberem Wasser. 4,3 Milliarden Menschen haben keine Möglichkeit, sanitäre Einrichtungen wie Toiletten zu benutzen. Das sind Bedingungen, die unser Vorstellungsvermögen sprengen. Und während der Wasserverbrauch steigt, leidet die Menschheit unter zunehmender Wasserknappheit.
Hintergrund: 20 Liter Wasser pro Tag gelten international als ausreichende Menge Wasser. Der durchschnittliche Wasserverbrauch in Europa und den USA reicht von 200 bis 400 Litern pro Tag.
Wasser – bald aus? Wo das Wasser knapp ist
Die Hälfte der Menschen weltweit mit unzureichendem Zugang zu sicherem Trinkwasser lebt laut Weltwasserbericht 2019 auf dem afrikanischen Kontinent. Nur 24 Prozent der Bevölkerung Subsahara-Afrikas haben Zugang zu Trinkwasser. Der Bericht zeigt jedoch auch auf, dass Wasserversorgung nicht nur ein Problem des globalen Südens ist: Auch in Europa und Nordamerika verfügen 57 Millionen Menschen in ihren Häusern nicht über Wasserleitungen. Nicht nur zwischen, sondern auch innerhalb betroffener Länder stellt der UN-Bericht große regionale Unterschiede fest; vor allem betroffen sind dabei diskriminierte Gruppen. Im Jahr 2015 hatten nur zwei von fünf Menschen in ländlichen Regionen Zugang zu fließendem Wasser, hingegen vier von fünf Personen in urbanen Räumen. In Slums lebende Menschen zahlen beispielsweise häufig zehn bis zwanzig Mal so viel für Wasser, wie Menschen, die in wohlhabenden Vierteln wohnen. In Städten sind laut UN-Bericht 63 Prozent der Haushalte an ein Abwassersystem angeschlossen, in ländlichen Gebieten dagegen nur 9 Prozent.
Qualitativ und quantitativ sind die Wasservorkommen vor allem im Nahen Osten und Nordafrika, Zentralasien und in Teilen Australiens bereits heute an einem kritischen Punkt. In Spanien entsteht die erste Wüste Europas, viele Seen – darunter der Aralsee – und Flüsse trocknen aus. Eine massive Zunahme der Wasserprobleme erwarten Experten in Zukunft außerdem im südlichen Afrika, in Pakistan sowie in China und Indien.
Wasser ist knapp – warum?
Infrastruktur wie Brunnen oder Wasserzisternen fehlen vor allem in Entwicklungsländern (wie in der Region Subsahara-Afrika), weswegen Investitionen in Infrastrukturprojekte unerlässlich sind, um die Bevölkerung mit Wasser zu versorgen. In vielen Regionen ist die Wasserproblematik aber nicht mehr nur ausschließlich eine Frage der Infrastruktur.
Warum Wasser immer knapper wird, lässt sich auf mehrere Faktoren gleichzeitig zurückführen:
- Übernutzung der Wasserressourcen
Wasser füllt Ozeane, Seen und Flüsse, aber auch Swimmingpools und Bewässerungsanlagen für Golfplätze. Ebenso wird Wasser massenhaft für den Anbau von Erdbeeren in Südspanien verbraucht. Die Übernutzung der Wasserressourcen ist mit Abstand die größte Gefahr für die weltweite Wasserversorgung und die treibende Kraft der globalen Wasserkrise. Ähnlich wie beim Peak-Öl haben wir laut Peter Gleick, dem ehemaligen Präsidenten des renommierten Pacific Institute in den USA, die Situation des Peak-Wassers erreicht: Der Natur wird mehr Wasser entnommen als sie wieder bereitstellen kann und das natürliche Wiederaufbereitungssystem wird an seine Grenzen gebracht.
- Bevölkerungswachstum
Faktoren wie die stetig wachsende Bevölkerung sind Trends, die den Wasserkonsum nach oben treiben. Um rund 80 Millionen Menschen wächst die Weltbevölkerung nach Schätzungen der Vereinten Nationen jährlich und mit diesen Menschen nimmt auch der Durst zu. (Bis 2050 rechnen Expert*innen gegenüber heute mit einem Anstieg um 20 bis 30 Prozent des Wasserbedarfs.) Laut des International Institute of Water Management wird allein Indien aufgrund seines Bevölkerungswachstums im Jahr 2050 rund 30 Prozent mehr Wasser benötigen als heute. Insgesamt ist der Wasserverbrauch in den letzten 100 Jahren zweimal so stark gestiegen wie die Bevölkerung gewachsen ist. Denn mit dem Bevölkerungswachstum steigen vor allem der Bedarf an Nahrungsmitteln und damit auch der Bedarf an Wasser: Die Landwirtschaft ist nach Angaben der FAO mit einem Verbrauch der Wasservorräte von bis zu 70 Prozent mit Abstand weltweiter Spitzenreiter im Wasserverbrauch. Die Produktion von Fleisch gehört mit rund 16.000 Litern pro Kilo zu den wasserintensivsten Produkten. Daneben entfallen etwa 20 Prozent des Wasserverbrauchs auf den industriellen Bereich und etwa zehn Prozent auf den kommunalen Bereich. Laut UN-Weltwasserbericht 2019 werden Umweltschäden und mangelnde Wasserressourcen bis zum Jahr 2050 voraussichtlich 45 Prozent des globalen Bruttoinlandsprodukts und 40 Prozent der weltweiten Getreideproduktion bedrohen.
- Die globale Erwärmung
Die globale Erwärmung wirkt sich auf den Wasserkreislauf aus. Sie lässt nicht nur die Regenzeit in manchen Regionen ungewöhnlich stark ausfallen, sondern auch die Trockenzeiten in vielen Regionen länger werden. Experten rechnen mit deutlich weniger Regen in ohnehin schon trockenen Regionen wie im Süden Afrikas oder Teilen von Brasilien. Zunehmende Ernteausfälle sind die Folge. Es wird prognostiziert, dass 135 Millionen Menschen in Zukunft zu Flüchtlingen aufgrund von Wasserarmut werden (umgekehrt werden bis 2050 schätzungsweise zwei Milliarden Menschen in Regionen mit Hochwasserproblemen leben). Laut dem Intergovernmental Panel on Climate Change hat sich der Anteil der Regionen, der als „sehr trocken“ klassifiziert wird, seit den 1970er Jahren mehr als verdoppelt.
- Wasserverschmutzung
Die globale Wasserkrise ist nach Meinung von Experten vor allem eine Abwasserkrise. Eines der größten Probleme ergibt sich danach aus der Verschmutzung von Wasser infolge von Verstädterung, industriellen Abwässern und Abfällen. Das führt zu Umweltschäden, die irreversibel sind und die ohnehin schon knapper werdenden Trinkwasservorräte dezimieren. Im Norden Chinas wurden über Jahrzehnte die Flüsse und Seen durch unkontrolliertes industrielles Wachstum derart verschmutzt, dass dort heute etwa 100 Millionen Menschen ohne Zugang zu sauberem Trinkwasser leben. Über 90 Prozent des Abwassers und 70 Prozent des Industrieabfalls in Entwicklungsländern werden direkt in Gewässer geleitet und kontaminieren die Trinkwasserreservoirs. Aber auch ins Mittelmeer, eines der am stärksten belasteten Meere weltweit, fließen jährlich zwei Millionen Tonnen Öl, 800.000 Tonnen Nitrate und 60.000 Tonnen Waschmittel.
Wassermangel – Die Auswirkungen
Wassermangel macht krank
Unsauberes Wasser und fehlende sanitäre Einrichtungen wie Toiletten verursachen und verbreiten Krankheiten und sind ein extrem hohes Gesundheitsrisiko. Über 500 Millionen Menschen sterben jährlich aufgrund von vermeidbaren Krankheiten, die durch unsauberes Wasser entstehen, darunter eine beträchtliche Zahl an Kindern. Bei Todesfällen durch verunreinigtes Wasser belegen ausschließlich afrikanische Staaten die oberen Plätze: Der weltweite Trend ist zwar rückläufig, doch es gibt eine Ausnahme: die Zentralafrikanische Republik. Dort stieg die Todesrate zwischen 1990 und 2017 um 14 Prozent.
Wassermangel macht auch arm. Wassermangel beeinträchtigt gar die Existenz von Staaten und Gesellschaften, denn er bedroht die menschliche Entwicklung. Vor allem Frauen und Kinder verbringen aufgrund fehlender Infrastruktur mehrere Stunden täglich mit der Beschaffung von Wasser. Zeit, die letztendlich für Hausaufgaben, den Schulbesuch oder zum Geldverdienen fehlt.
Wassermangel macht Hunger
Eine Wasserkatastrophe wird schnell zur Hungerkatastrophe. Schließlich sind die Land- und Viehwirtschaft direkt von der Wasserversorgung abhängig (vgl. oben).
Konflikte um Wasser?
Bisher sind Konflikte um Wasser weitestgehend Zukunftsszenarien. Zu politischen Disputen und lokalen Konflikten innerhalb und zwischen Staaten führt Wassermangel in einigen Regionen aber bereits heute. Wasser wird zum Wirtschaftgut und immer knapper – bei steigendem Bedarf. Experten befürchten, dass Wasser in Zukunft aufgrund ungeklärter Nutzungsrechte zunehmend zur Konfliktressource werden wird. Laut UNO gibt es 263 grenzübergreifende Wasservorkommen (Flüsse und Seen), deren Nutzungsrechte teilweise ungeklärt sind. Diese machen allerdings ca. 60 Prozent der internationalen Wasserreserven aus.
Lösung der globalen Wasserkrise
Ein nachhaltiger Umgang mit Wasser ist nötig und möglich. Das langfristige Ziel internationaler Initiativen ist es, Zugang zu Wasser zu schaffen und gleichzeitig für ein effizientes Ressourcenmanagement zu sorgen, um die Wasserkrise zu bekämpfen. Mit dem integrierten Wasserressourcenmanagement (IWRM) wollen Staaten gewährleisten, dass oberirdische Gewässer, Grundwasserleiter und Küstengewässer nachhaltig bewirtschaftet und damit schonend genutzt werden. Mehr Informationen zum IWRM und dem Nexus-Ansatz, einer gleichzeitigen Betrachtung der Ressourcen Wasser, Energie und Land, bietet das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung. Langfristig ist eine veränderte, wassersparende Agrarpolitik notwendig, die eine nachhaltige Bewirtschaftung der Wasserressourcen einschließt.
Wasser ist ein Schlüssel für nachhaltige Entwicklung
Der Zugang zu Wasser ist essenziell für nachhaltige Entwicklung und Teil der Sustainable Development Goals der UN-Generalversammlung. (Erfahre mehr zu den SDGs im RESET-Wissensbeitrag 17 Ziele – Für eine nachhaltige und gerechte Zukunft.) Ziel der internationalen Gemeinschaft ist es, bis 2030 sauberes und bezahlbares Trinkwasser für alle zu gewährleisten. Investitionen in Wasser begünstigen die wirtschaftliche und soziale Entwicklung. Der Nutzen von Wasser lässt sich sogar monetär ausdrücken. Nach einer Kosten-Nutzen-Analyse der WHO kann jeder US-Dollar, der in die Wasserversorgung und Bereitstellung sanitärer Einrichtungen investiert wird, abhängig von der Region, einen wirtschaftlichen Nutzen von 3 bis zu 34 US-Dollar erzeugen.
Ein nachhaltiger Umgang mit Wasser ist möglich
Die globale Wasserkrise zählt zu den großen Herausforderungen der Gegenwart und Zukunft. Moderne Techniken für die Förderung und Bewässerung können helfen, die kostbare Ressource zu schonen. In Usbekistan gehen durch unwirtschaftliche Baumwollbewässerung rund 70 Prozent des Wassers verloren. Nicht selten versickern und verdampfen 50 Prozent des gewonnenen Frischwassers in maroden Leitungen oder verdunsten zum Großteil direkt bei der Bewässerung der Felder. Techniken zur Wassergewinnung wie die Meerwasserentsalzung sind teuer und energieaufwendig. Lediglich ein Prozent des weltweit verbrauchten Süßwassers stammen bisher aus Entsalzungsanlagen. Derartige Wiederaufbereitungsprozesse lohnen sich oft nur in Ländern, in denen Energie günstig und der Bedarf groß ist.
Wassermangel – das kannst du dagegen tun!
Eine direkte Verbindung zwischen Europa und den weltweiten Wasserkrisen erscheint zwar nicht offensichtlich, aber es gibt sie. Länder wie Deutschland, Frankreich, Großbritannien oder die Niederlande sind nicht nur in hohem Maße von den globalen Wasserreserven abhängig, sie verstärken den Wassernotstand in den ohnehin schon trockenen Regionen durch den Import wasserintensiver Produkte wie Kaffee, Tee und Kakao. Dies lässt sich durch das Konzept des „virtuellen Wassers“ veranschaulichen. Am Ende der Kette stehen wir als Verbraucher. 2007 waren 11 Prozent der Bevölkerung und 17 Prozent der Fläche der EU von Wasserknappheit betroffen. Mittlerweile ist der akute Wassermangel schon längst nicht mehr nur das Problem weniger Regionen, sondern geht alle Europäer etwas an. Erfahre mehr zu deinem Wasserverbrauch im RESET-Artikel Dein täglicher Wasserverbrauch: Der Wasser-Fußabdruck.
Weiterführende Links
- World Water Development Report 2018 der Vereinten Nationen
- The World’s Water (Report des Pacific Institute)
- World Water Development Report 2019 der Vereinten Nationen (Vollversion)