Recycling-Kreislauf für Solarpaneele entwickelt

Solarmodule haben im Schnitt nur eine Nutzungsdauer von 25 bis 30 Jahren. Aber was passiert danach damit? Das französische Startup ROSI forscht an einer Recycling-Lösung gegen die drohende Müllproblematik.

Autor*in Lana O'Sullivan:

Übersetzung Luisa Ilse, 28.06.23

Im Kampf gegen den Klimawandel sind wir auf erneuerbare Energien wie die Sonnenenergie angewiesen. Doch auch wenn der daraus gewonnene Strom komplett emissionsfrei ist, so sind die Solarmodule alles andere als umweltfreundlich. Mit der zunehmenden Nachfrage nach Solarenergie steigt auch deren Produktion und damit die Abfallmenge. SolarPower Europe schätzt, dass die Produktion von Solarmodulen in Europa im Jahr 2022 um 47 Prozent gestiegen ist. In diesem Jahr wurden in der EU rekordverdächtige 41,4 Gigawatt an Solaranlagen installiert, was ungefähr der Stromversorgung von 12,4 Millionen Haushalten entspricht.

Obwohl es zweifelslos die richtige Entscheidung ist, Solarpaneele zu installieren und mehr erneuerbare Energie zu erzeugen, bedeutet dies auch, dass Milliarden von Paneele irgendwann entsorgt und ersetzt werden müssen. Und das Problem wird zukünftig noch zunehmen. Schätzungen zufolge werden bis zum Jahr 2030 acht Millionen Tonnen Solarpaneele das Ende ihrer Nutzungsdauer erreicht haben. Eine Zahl, die laut Nat. Energy 2020 bis 2050 auf 80 Millionen Tonnen ansteigen wird.

Das wachsende Abfallproblem der Solarenergie

Dies stellt ein enormes Umweltproblem dar. Die aus Edelmetallen, Glas und vor allem kristallinem Silizium hergestellten Solarpaneele enthalten auch giftige Materialien wie Blei, die die Umwelt verschmutzen können, wenn sie nach Ablauf ihrer Nutzungsdauer auf einer Deponie entsorgt werden. Sie enthalten aber auch wertvolle Materialien, die wiederverwendet oder recycelt werden können – doch bis jetzt bleiben diese Ressourcen überwiegend ungenutzt.

Energieexpert*innen aus verschiedenen Bereichen fordern dringend Maßnahmen von der Politik, um der drohenden Müllproblematik entgegenzuwirken. „Bis 2050 werden wir einen Müllberg haben, wenn wir nicht sofort Recycling-Ketten in Gang setzen […] Wir produzieren immer mehr Solarmodule, was großartig ist – aber wie werden wir mit dem Abfall fertig“, fragt Ute Collier, stellvertretende Direktorin der Internationalen Agentur für erneuerbare Energien.

Das Versickern von Deponien in Flüsse, Grundwasser und Böden ist ein großes Problem für die Umwelt.

Die gegenwärtigen Kapazitäten der Branche sind auf die zu erwartende Flut von Solarpaneelabfälle nur unzureichend vorbereitet. Und wie üblich ist Geld ein Hauptthema. Die Paneele enthalten zwar geringe Mengen an wertvollen Materialien wie Silber, aber weitaus mehr Glas, das einen geringen Wert hat und schwierig und teuer zu transportieren ist. Das bedeutet, dass der finanzielle Anreiz, in das Recycling von Solarmodulen zu investieren, seit jeher gering ist. Um das Ganze in die richtige Perspektive zu rücken: Verschiedenen Quellen zufolge kostet das Recycling eines Solarpaneels schätzungsweise 20 bis 30 Dollar, während die Entsorgung desselben Paneels auf einer Mülldeponie nur ein bis zwei Dollar kostet.

Ohne staatliche Unterstützung und Finanzierung könnte dieses Preisgefälle die Wettbewerbsfähigkeit der Branche stark beeinträchtigen und die Suche nach Lösungen für das Recycling von Solarmodulen wirtschaftlich unattraktiv machen. Andere Branchen der erneuerbaren Energien haben in diesem Bereich bereits Erfolge erzielt. Im Jahr 2021 rief das Unternehmen WindEurope dazu auf, bis zum Jahr 2025 europaweit keine stillgelegten Windturbinenblätter mehr zu deponieren. Und es hat geklappt – die europäische Windindustrie verpflichtet sich nun, 100 Prozent der ausgemusterten Flügel wiederzuverwenden, zu recyceln oder zu verwerten. Diese Verpflichtung kam ins Spiel, nachdem mehrere branchenführende Unternehmen auf diesem Gebiet ihre eigenen ehrgeizigen Pläne für das Recycling von Rotorblättern sowie ein Deponieverbot angekündigt hatten, das „die Entwicklung nachhaltiger Recyclingtechnologien für Verbundwerkstoffe weiter beschleunigt“.

Lichtblick im Solarrecycling: Das Projekt Ramp-Photovoltaik von ROSI

Glücklicherweise birgt ein Projekt vom französischen Startup ROSI viel Potenzial im Bereich Solarrecycling. Im Rahmen des Projekts Ramp-Photovoltaik wird ein Verfahren entwickelt, das die Rohstoffe aus Solarmodulen am Ende ihrer Nutzungsdauer recycelt. Das zweijährige Projekt, das mit 700.000 Euro von Horizon, dem EU-Förderprogramm für Forschung und Innovation, unterstützt wurde, verhalf dem Unternehmen dabei, weltweit führend in der Wiederverwendung von Silizium und Silber aus Photovoltaikabfällen zu werden und hat sogar den ersten „Industry of the Future Award“ der EU dafür erhalten.

Bislang wurden innerhalb des Projekts Verfahren und Technologien zur Gewinnung hochreiner Materialien aus Photovoltaikabfällen entwickelt, um sie in Schlüsselindustrien, darunter auch in der Solarbranche, wiederzuverwenden. Die erste Recyclinganlage dieser Art soll Anfang 2024 im französischen Grenoble eröffnet werden, bevor bald darauf weitere Anlagen in Deutschland, Italien und Spanien aufgebaut werden sollen.

Grenoble, Frankreich – Standort der ersten Recyclinganlage für Solarmodule von ROSI.

In diesem Jahr werden in der französischen Anlage voraussichtlich rund 3.000 Tonnen Solarpaneele recycelt, wobei 90 Tonnen Silizium, 30 Tonnen Kupfer und 2,5 Tonnen Silber rückgewonnen werden. Bis 2025 soll die Recyclingkapazität der Anlage auf 10.000 Tonnen steigen. Das zurückgewonnene Siliziums wird in neuen Solarpaneelen verbaut, wobei auch andere Verwendungsmöglichkeiten wie Halbleiter und Batterien in Betracht gezogen werden. Das zurückgewonnene Kupfer und Silber wird in einer Vielzahl anderer Industriezweige verwendet, wodurch der EU wichtige Einnahmen zufließen.

Die finanziellen Aspekte des Projekts gehen in beide Richtungen. „Ohne die Unterstützung der EU wären wir nicht so schnell so weit gekommen. Ramp-Photovoltaik hat es uns ermöglicht, Versuche mit neuen Geräten durchzuführen und unseren gesamten Geschäftsplan zu beschleunigen“, sagt Yohan Parsa, Forschungsdirektor bei ROSI.

Geld und Politik stehen im Mittelpunkt nachhaltiger Lösungen

Dieses für beide Seiten vorteilhafte Projekt zeigt deutlich, wie wichtig gezielte Förderungen im Bereich Nachhaltigkeit sind. Abgesehen von den Auswirkungen auf die Umwelt trägt das im November 2020 gestartete Projekt durch die Reduzierung von Industrieabfällen gleichzeitig dazu bei, dass die europäische Wirtschaft durch die Wiederverwendung teurer Materialien zirkulärer wird.

Angesichts zunehmender politischer Spannungen erfüllt es auch eine Reihe wichtiger politischer Ziele der EU. Ramp-Photovoltaik hat das Potenzial, die strategische Autonomie Europas zu stärken, indem es die heimische Verfügbarkeit wertvoller Rohstoffe für die Solarindustrie sowie für Elektronik und Batterien ausweitet und so die Abhängigkeit von Energie aus anderen Ländern verringert.

Wie so oft, spielt die Politik eine wesentliche Rolle bei der Erreichung der globalen Klimaziele sowie bei der Entwicklung von möglichst nachhaltigen erneuerbaren Energien. Ohne sie können innovative Startups wie ROSI ihre Ideen nur schwer verwirklichen und es würde an Antrieb fehlen, die Lösungen konsequent verfolgen und umsetzen zu können. Dank der Entwicklung der effizienten Recyclingtechnologie durch das Ramp-Photovoltaik-Projekt können zukünftig voraussichtlich viele Tonnen Kohlenstoffdioxid pro Jahr eingespart werden, die uns dem Erreichen der Klimaziele ein Stück näher bringen.

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