Rund 13,5 Millionen Tonnen Altreifen werden jedes Jahr weltweit demontiert (USA: 4,4 Millionen, Europa: 3,4 Millionen) und bleiben ungenutzt zurück. Bestenfalls werden die Reifen weiterverarbeitet oder landen auf Müllhalden, schlimmstenfalls verrotten die Reifen in der Natur. Neben dem wirtschaftlichen Desaster – 164 Millionen Euro werden jedes Jahr für die Gesellschaft aufgrund des vermehrten Abfallaufkommens fällig sowie weitere 289 Millionen Euro für die benötigten Rohstoffe – ist vor allem die enorme Umweltschädigung ein eklatantes Problem. Schätzungen zufolge dauert die vollständige Zersetzung eines Autoreifens etwa 2.000 Jahre. In der Wüste Kuwaits liegen so viele Reifen gesammelt, dass die „Deponie“ auf Satellitenbildern deutlich zu erkennen ist. In den USA liegen alleine vor der Küste Fort Lauderdales circa 700.000 Altreifen auf dem Meeresgrund. Ein Projekt im Jahre 2013 des Militärs, die Reifen zu bergen, wurde aufgrund von Kostengründen und den enormen Mengen abgebrochen.
Ein variabler Ansatz
Das schwedische Unternehmen EcoRub setzt sich seit über 20 Jahren mit der Frage auseinander, wie alte Reifen verwendet werden können. Mittels einer gängigen Recyclingstrategie, auf die auch in ähnlicher Form andere Firmen und Reifenhersteller mittlerweile zurückgreifen, gewinnt das Unternehmen den Gummi und verwandelt diesen in eine neue auf Kautschuk basierende Masse: das von EcoRub patentierte TPRR – thermoplastisches Recycling-Gummi (bzw. Thermoplastic Recycling Rubber).
Das seit Juni 2010 an der schwedischen Börse notierte Unternehmen trennt die Reifen von Metall und anderen Stoffen, sodass nur Gummi übrig bleibt. Dieses wird in kleine Teile zerschnitten und im Anschluss mit verschiedenen Arten von Recyclingkunststoffen zu einem Pulver gemahlen. Die Bindung beider Komponenten, dem Gummi und den Kunststoffen, wird durch ein sogenanntes Coplymermolekül verstärkt. Die Rezeptur kann dabei in verschiedenster Weise variieren, je nachdem, welcher Härtegrad, welche Elastizität bzw. für welchen Zweck das Material eingesetzt werden soll. So kann das Endprodukt auf verschiedenste Arten verarbeitet werden, egal ob beispielsweise Stanzen bis hin zu Walzen, und in diversen Bereichen eingesetzt werden.
Ein Grundproblem bleibt weiterhin
Aktuell investiert EcoRub in die Forschung, um unter anderem im Eisenbahnbereich mit TPRR Lärm- oder Vibrationsprobleme zu beseitigen. In der Landwirtschaft wird getestet, wie das Material als Feuchtigkeitsschutz sowie als Futterringe für Tiere verwendet werden kann. Zur Leitkultur des schwedischen Unternehmens gehört dabei, sich an die UN-Nachhaltigkeitsziele zu halten.
Ein Schritt in die richtige Richtung, denn es wird zwar immer mehr Geld in Recyclingprozesse von Reifen gesteckt, doch sind die Ergebnisse nicht wirklich zufriedenstellend. So findet sich beispielsweise in Deutschland kaum Material von abgenutzten Reifen an ebenjenen in recycelter Form wieder. Lediglich ein Prozent der Sommerreifen sowie fünf Prozent der Winterreifen werden von PKWs als Reifen wiederverwendet (bei LKWs sind es mittlerweile 40 Prozent). Doch dass Reifenabrieb für Mikroplastik sorgt, ist weiterhin ein ungelöstes Problem, sodass Lösungsansätze wie von EcoRub durchaus der Anstoß für noch viel mehr sein könnten.