QTrees will Berliner Stadtbäume mithilfe von KI besser vor dem Klimawandel schützen

QTrees dashboard
© QTrees

Ein Berliner Projekt setzt auf maschinelles Lernen, um das Monitoring und die Pflege leidgeprüfter Stadtbäume zu erleichtern.

Autor*in Lana O'Sullivan:

Übersetzung Sarah-Indra Jungblut, 18.03.24

Stadtbäume leiden sowieso schon unter den Stressfaktoren, die das Leben in einer urbanen Umgebung mit sich bringen. Mangelnder Platz und Schadstoffe in der Luft machen ihnen – genauso wie den meisten Menschen – zu schaffen. Dazu kommen nun die Folgen des Klimawandels, die auch in Berlin zu spüren sind. Ihre langsame genetische Anpassung bedeutet, dass sie besonders von immer häufigeren Dürreperioden und steigenden Temperaturen betroffen sind. Könnte QTrees, ein multidisziplinäres Projekt, das sich das maschinelle Lernen zunutze macht, wichtige Erkenntnisse über ihre Pflege liefern?

Warum Stadtbäume leiden

Bäume gedeihen seit 300 Millionen Jahren auf unserem Planeten. Doch in den letzten Jahren wächst die Bedrohung durch steigende Temperaturen und unregelmäßige Niederschläge – und die Situation verschlechtert sich immer weiter.

Vor allem Stadtbäume haben zusätzlich mit einer Reihe anderer Probleme zu kämpfen, wie unzureichend bemessene Baumgruben, Luftverschmutzung, Hundepipi und Streusplitt von den Straßen. Dies zeigt sich auch an den Berliner Bäumen, die bereits 2018 und 2022 von den Dürreperioden betroffen waren. Laut dem Baum-Report des BUND vom Februar 2021 verliert Berlin jedes Jahr eine erhebliche Anzahl seiner Stadtbäume. Zwischen 2012 und 2019 sank der gesamte Straßenbaumbestand von 439.971 auf 431.101 Bäume, ein Nettoverlust von fast 9.000 Bäumen. Das bedeutet, dass jeder neu gepflanzte Baum in Berlin 2,4 Bäume ersetzen muss, die aus verschiedenen Gründen gefällt wurden.

Könnte maschinelles Lernen ein Teil der Lösung sein?

Das von der Technologiestiftung Berlin gemeinsam mit der KI-Agentur Birds on Mars und in Zusammenarbeit mit den Bezirken Mitte und Neukölln entwickelte Projekt QTrees (Quantified Trees) startet 2021 für eine zunächst zweijährige Testphase, um dem Baumsterben nachhaltig entgegenzuwirken. Das KI-basierte Prognosesystem nutzt dabei eine Vielzahl privater und öffentlicher Daten, um akut von Trockenheit bedrohte Stadtbäume frühzeitig zu identifizieren und die Bewässerung von Stadtbäumen zu optimieren.

Auf einer Konferenz, die im Januar 2024 in der Heinrich-Böll-Stiftung stattfand, erläuterte Myrian Rigal, Senior Project Manager bei der Technologiestiftung Berlin, dass die treibende Kraft hinter QTrees die dringende Notwendigkeit war, die immer größeren Herausforderungen anzugehen, denen sich Stadtbäume angesichts des Klimawandels und der Stadtentwicklung gegenübersehen. Der Ansatz ist stark interdisziplinär ausgerichtet und Expert*innen aus verschiedenen Bereichen wurden einbezogen, um effektive Lösungen zu entwickeln.

QTrees mockup
© Baumblick/QTrees

Solche Projekte sind in der Theorie nicht neu; mehrere andere Städte auf der ganzen Welt haben ebenfalls digitale Methoden zum Schutz der städtischen Umwelt entwickelt. Anstatt also das Rad neu zu erfinden, führte das Team umfangreiche Untersuchungen und Konsultationen durch, um die Komplexität des Problems besser zu verstehen.

Ein kollaborativer Ansatz für ein komplexes Problem

Die Stadt Berlin nutzt bereits Sensordaten, zum Beispiel von Wasserzeichensensoren, um den Zustand der Bäume besser zu verstehen. Das ist zwar ein guter Anfang, aber an jedem der 800.000 Bäume der Stadt einen Sensor anzubringen ist natürlich weder nachhaltig noch kosteneffizient.

Aufbauend auf diesen bestehenden Bemühungen zur Überwachung der Baumgesundheit führte QTrees einen Ansatz ein, bei dem verschiedene Datensätze, darunter Wettermuster, Sensormesswerte und Baummerkmale sowie zeitnahe Erkenntnisse über den Feuchtigkeitsbedarf der Stadtbäume mit maschinellem Lernen zusammengeführt wurden. Die Daten wurden dann in ihr treffend benanntes „Random Forest“-Regressionsmodell eingespeist, um genaue Prognosen des Wasserbedarfs zu erstellen.

Das Ergebnis war die Entwicklung von zwei digitalen Anwendungen: Einem Dashboard, das auf die Grünflächenämter zugeschnitten ist, um die Bewässerungsaktivitäten zu optimieren, und „Baumblick„. Die App soll die Öffentlichkeit über die Baumgesundheit informieren. Sie dient dabei einerseits als Plattform, um auf die städtische Baumpflege und die Bedeutung der Bewässerung von Bäumen aufmerksam zu machen. Gleichzeitig regt die App aber auch zur aktiven Teilnahme an und soll das Engagement der Gemeinschaft fördern. Das wiederum kann die Wirksamkeit des KI-Modells steigern.

QTrees prediction model
© Baumblick/QTrees
QTrees Vorhersage-Modell.

Die wichtigsten Erkenntnisse aus den zwei Jahren Projektlaufzeit seien, so Rigal, dass erstens KI „kein Allheilmittel“ sei. Sie müsse interdisziplinär eingesetzt werden, in Zusammenarbeit mit Expert*innen und Menschen, die über nachweisliche Erfahrung auf diesem Gebiet verfügen. Zweitens, und in Erweiterung dieses Punktes, „ist die Vorhersage nur so gut wie die Daten selbst“. So würden die Sensordaten zwar gut auf die Regenmengen reagieren, aber gelegentlich ausfallen. Außerdem seien die Daten zuweilen inkohärent. Und wenn die Daten falsch oder unvollständig sind, wird auch die KI-Ausgabe falsch sein. Daher sei die Beteiligung von Expertinnen unerlässlich.

Schließlich sind die Beteiligung und Unterstützung von Entscheidungsträger*innen für die Integration dieser Lösungen unerlässlich. Ohne sie ist der Fortschritt einfach nicht skalierbar. Die Projektbeteiligten wünschten sich zum Beispiel, dass QTrees berlinweit und nicht nur in den Bezirken Mitte und Neukölln eingeführt wird, aber „letztendlich liegt diese Entscheidung in den Händen der öffentlichen Verwaltungen“. In diesem Sinne prüft QTrees ab 2024, ob sich die Beantragung einer Anschlussförderung lohnt.

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