Proof of Concept: Online Charity-Shops

Mit dem stetig wachsenden Trend, unsere Einkäufe online zu tätigen, wurde eine Vielzahl an sogenannten „Charity-Shops“ ins Leben gerufen, die sich das neue Shoppingverhalten zu Nutze machen und neben dem Einkauf Spenden generieren. Die Idee ist einfach - aber funktioniert das? Wir schauen genauer hin.

Autor*in Sarah-Indra Jungblut, 06.12.15

Last-Minute-Reisen, Tablet-PCs, ein neuer Stromtarif … Fast alles ist über einen der unzähligen Shops und Dienstleister online bestellbar. Wenn wir genauso eifrig spenden würden wie wir shoppen, wäre mancher Hilfsorganisation sehr geholfen. Genau hier setzt Charity-Shopping an. Bei diesem Konzept handelt es sich um eine Möglichkeit, Onlineshopping und Spenden für soziale Einrichtungen miteinander zu verbinden. Für die Hilfsorganisationen ist dies eine Form von Fundraising, für den Nutzer ein alternativer Weg, etwas Gutes zu tun. Und das ohne mehr zu bezahlen, denn für den Endkonsumenten bleibt der Kaufpreis des gewünschten Produktes derselbe.

Werbegelder werden zu Spendengeldern

Wie das funktioniert? Statt seinen Kauf bei einem Onlineshop wie Amazon, Zalando usw. direkt durchzuführen, geht man auf Bildungspender, boost oder ein anderes Charity-Shopping-Portal und wählt dort den gewünschten Shop und die bevorzugte Hilfsorganisation, die von der Aktion profitieren soll. Von hier aus wird man zur Shop-Seite weitergleitet und kann wie gewohnt einkaufen – zu den gleichen Bedingungen und Preisen wie beim direkten Kauf. Für jeden Einkauf über das Charity-Shopping-Portal zahlt der Shop eine Provision an das Portal, die anteilig an die gemeinnützigen Organisationen fließt. Der Unterschied ist lediglich, dass die Charity-Shops die Provision nicht selbst behalten, sondern unmittelbar spenden.

Was hinter der Provision steckt? Online-Händler zahlen im Rahmen des so genannten Affiliate-Marketing Provisionen an jene, die ihnen Kunden bringen. Diese Provisionen liegen je nach Shop üblicherweise zwischen 2 und 10% des Verkaufspreises. Beim Charity Shopping verpflichten sich die Charity-Shopping-Plattformen, einen bestimmten Prozentsatz – meist liegt dieser zwischen 80 und 90% – dieser Provisionen an eine gemeinnützige Einrichtung abzuführen. Dazu ein Beispiel: Bestellt man sich Winterstiefel über z.B. Bildungsspender bei Zalando im Wert von 119 Euro, zahlt Zalando eine Provision von derzeit 6% an Bildungsspender. Davon landen 10,80 Euro beim Projekt deiner Wahl, 1,20 Euro bei Bildungsspender zum Betrieb der Plattform. Klar wird: die Summe steigt schnell. Eine über eine Charity-Plattform gebuchte Reise im Wert von 3000 Euro kann um die 180 Euro (bei 6% Provision) generieren.

Auf den Charity-Plattformen können sich alle Arten von Vereinen kostenlos registrieren, einzige Auflage ist deren nachweisbare Gemeinnützigkeit.

Eigentlich eine feine Sache, machen sich die Charity-Shops ein Marketing-Konzept zu Nutze, das so bereits existiert und eingeplante Marketingbudgets werden für einen guten Zweck umgeleitet. Allerdings stellt sich die Frage, ob das wirklich funktioniert.

Proof of Concept

Schauen wir uns die Zahlen anhand einiger ausgewählter Beispiele einmal genauer an:

PlanetHelp besteht seit 2001 und gibt an, bisher ca. 68.000 Euro generiert zu haben (Stand 11/2015). Nach einzelnen Organisation aufgelistet haben als Spitzenreiter z.B. PETA Deutschland und Ärzte ohne Grenzen ca. 5000 Euro generiert, kleinere NGOs meist nur dreistellige Beträge  (PlanetHelp Hilfsbeiträge). Boost, gegründet 2012, verweist auf seiner Seite auf einen Spendenstand von einer Million, Spitzenreiter unter den bespendeten Organisationen sind SUMA E.V. mit 50 000 Euro, Sea Shepard mit 45 000 Euro und PETA immerhin noch mit 9000 Euro, Oxfam mit knapp 6000 Euro (Boost Charities). Gooding gibt an, seit seiner Gründung 2013 knapp 700 000 gesammelt zu haben. Schulengel besteht seit 2008 und verweist auf über 2,3 Millionen Euro gesammelte Gelder (70 % werden weitergeleitet), erfolgreichste Einrichtungen haben zwischen 5000 und 8000 Euro Spenden erhalten. Bildungsspender hat insgesamt über 4 Millionen Euro seit seiner Gründung 2008 an Spenden weitergeleitet, alleine 2015 nach eigenen Angaben insgesamt über 1 Million Euro – allerdings wohl nicht ausschließlich über Onlinekäufe, sondern auch über Direktspenden.

Insgesamt lässt sich feststellen, dass große Unterschiede zwischen den Spendenplattformen und innerhalb der Spendeneinnahmen der Vereine existieren. Das mag einerseits an der Eigenwerbung der Charity-Seiten liegen. Einen weiteren Vorteil könnten Tools wie die boost-Bar bringen: Die boost-Bar ist eine Browser-Erweiterung, die dich automatisch ans boosten (an einen Einkauf über Boost) erinnert, wenn du einen Shop aufrufst, der bei Boost registriert ist. Gooding und Bildungsspender haben einen ähnlichen Mechanismus. Beides greift natürlich nur bei registrierten Nutzern.

Der Hauptgrund für die Unterschiede im Spendenvolumen mag aber vor allem darin liegen, dass die Spenden hauptsächlich von den registrierten Vereinen selbst angestoßen werden. Damit sind Charity-Shops kein Selbstläufer, bei dem nebenbei für angemeldete Vereine Spendengelder eingespielt werden, sondern die jeweiligen Vereine und NGOs müssen diese alternative Shoppingoption aktiv bewerben. Da sich Bildungsspender und Schulengel vor allem an Schulen und Kitas richten ist es nicht verwunderlich, dass diese mehr Spenden generieren: Hier besteht eine engere Bindung zu den Mitgliedern und Unterstützern. Die neue Form der Unterstützung lässt sich so leichter verbreiten. Dazu kommt, dass Charity-Shops vielleicht da am besten funktionieren, wo auch Spendenplattformen wie betterplace  etc. ansetzen: es gibt ein konkretes Projekt (ein neues Dach für Kita X, ein Garten für Schule Y), für das kurzfristig intensiv die Werbetrommel gerührt werden kann. Dies bestätigt auch Alexander Clement, Gründer von Bildungsspender: Ein Kindergarten sei der perfekte „Nutznießer“, denn hier treffen engagierte Eltern, die sich leicht ansprechen und motivieren lassen auf meistens überschaubare Ziele, die schnell zu erreichen sind.

Unser Fazit:

Konsum rettet nicht Welt und Charity-Shopping ist sicher kein ebenbürtiger Ersatz für direkte Spenden an konkrete Projekte. Charity-Shoppingplattformen machen auch aus nachhaltigen Gesichtspunkten wenig Sinn, wenn sie ein Anreiz zu mehr Konsum sind. Aber sie sind eine interessante Ergänzung in deinen philanthropischen Taten bei minimalem Aufwand. Daher: Wenn du sowieso über Shops einkaufst, die bei den Charity-Shops gelistet sind (und das sind viele!) dann lohnt sich der kleine Umweg über Bildungsspender und Co., da du so den Werbeetat für gute Zwecke weiterleitest.

Allerdings gibt es eine Einschränkung: Prämien, die für bestellte Bücher oder ähnliche Produkte gezahlt werden, dürfen leider nicht an Vereine weitergeleitet werden, da diese unter das Buchpreisbindungsgesetz fallen. Damit kannst du dich dafür entscheiden, diese Einkäufe dennoch über Charity-Shops zu tätigen und diese damit unmittelbar zu unterstützen. Oder du unterstützt den kleinen Buchladen um die Ecke. Wenn du dann noch für eine Spende für ein Projekt deiner Wahl in die eigene Tasche greifst… Daumen hoch! Wir hätten dazu ein paar Ideen.

Eine Auflistung der verschiedenen Shops und was sonst noch zu beachten ist, erfährst du in unseren Artikeln Nebenbei Spenden dank Charity-Shopping und RESET Spezial: Nachhaltiger Konsum – Wir checken, was dahinter steckt.

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Nebenbei Spenden dank Charity-Shopping

Charity-Shopping kombiniert Online-Einkaufen mit Spenden. Mit dem Einkauf über entsprechende Portale kannst du soziale Einrichtungen unterstützen.