Die Millenniums-Generation gilt oft als Vorreiterin für den Klimaschutz, auf der anderen Seite sind es vor allem die Millenials, die auf internationale Reisen gehen. Laut BusinessInsider sind sie die Gruppe, die das größte Wachstum in der Reisebranche vorantreibt, auch in Hinsicht auf CO2-Emissionen von Flügen und anderen Transportmitteln. Diese beiden Wünsche – die Umwelt zu schützen, aber auch die Welt zu bereisen – scheinen nicht miteinander vereinbar. Oder doch?
Genau hier setzt ein kalifornisches Startup an: Project Wren hat eine neue Plattform für Millennials entwickelt, die es ihnen ermöglichen soll, die (negativen) Auswirkungen ihres Lebensstils – einschließlich ihres Reiseverhaltens – vollständig zu erfassen und durch eine monatliche Spende an umweltfreundliche Projekte zu mildern, ihre CO2-Emissionen so also zu „kompensieren“.
In der App von Project Wren können CO2-Emissionen, die durch Reisen, Ernährung, Konsum und anderen Aspekten des täglichen Lebens entstanden sind, aufgezeichnet werden. Monatlich wird in dem Tool dann ein Preis für die Kompensation ermittelt. Diese Summe kann über die App direkt an einen der Partner gespendet werden, die sich für den Umweltschutz einsetzen. Dazu gehören Projekte zur Aufforstung, Workshops für Landwirte in Ostafrika, der Vertrieb von umweltfreundlichem Brennstoff zum Kochen für Geflüchtete in Uganda oder auch ein Projekt in Zusammenarbeit mit lokalen indigenen Gemeinden in Peru, bei dem Drohnen und Satellitendaten zum Einsatz kommen, um frühzeitig Anzeichen von Entwaldung erkennen zu können.
Projekt Wren achtet nach eigenen Angaben darauf, nur solche Projekte zu unterstützen, die messbare Auswirkungen haben und transparent sind. Die Nutzer erhalten alle zwei Wochen detaillierte Informationen über die von ihnen unterstützten Projekte – in Form von Satellitenbildern und Fotos – und haben Zugriff auf alle verfügbaren Daten des Projekts, um zu überprüfen, ob sich die Dinge wirklich wie geplant entwickeln.
Was steckt hinter CO2-Kompensation?
Die Kompensation von Treibhausgasemissionen ist an sich nichts Neues: Inzwischen hat sie sich zu einer globalen Branche entwickelt, die einen Wert von rund 200 Millionen US-Dollar pro Jahr ausmacht. Im Wesentlichen werden die CO2-Emissionen einer Person oder eines Unternehmens berechnet und anschließend wird ein monetärer Wert zum Ausgleich vorgegeben. Durch die Zahlung werden dann Maßnahmen finanziert, die, in der Theorie, den CO2-Gehalt in der Atmosphäre reduzieren und auf den gleichen Stand bringen sollten wie zuvor.

In der Vergangenheit waren es vor allem große Unternehmen, die ihre Treibhausgasemissionen kompensierten, z.B. Ölkonzerne, Fluggesellschaften oder Finanzinstitute, die häufige Flugreisen in Anspruch nahmen. Zunehmend orientiert sich die Kompensation von CO2 jedoch auch am Verbrauchermarkt. Bereits seit einigen Jahren ist es möglich, Flugreisen zu kompensieren, in jüngster Zeit nehmen jedoch auch Kompensations-Angebote für verschiedenen Arten von Produkten und Dienstleistungen zu, die sich zum Teil an Millenials richten, wie beispielsweise Konzertkarten.
Project Wren will dies nach eigenen Angaben weiter ausbauen, damit Verbraucher mehr Eigenverantwortung für ihr Handeln übernehmen könnten. Der Mitbegründer von Project Wren, Ben Stanfield, ist der Ansicht, dass es das Versäumnis der Regierungen sei, Klimafragen sinnvoll anzugehen, was ihn schließlich dazu motivierte, die Dinge selbst in die Hand zu nehmen. Gegenüber Bloomberg erklärte er:
„Es gibt eine große Nachfrage der Verbraucher nach bezahlbaren Maßnahmen gegen den Klimawandel, die nicht durch traditionellen politischen Aktivismus erreicht werden. Viele Leute sind frustriert darüber, wie lokale und nationale Regierungen mit dem Problem umgehen.“
Laut der Website von Project Wren hat das Startup aktuell rund 1.000 Nutzer, die zusammen bisher die Menge an Kohlenstoff ausgleichen konnten, die die Beseitigung von 3.547 Autos ergeben hätte.
Ist CO2-Kompensation eine Form von Greenwashing?
Die Kompensation von Treibhausgasemissionen zum Schutz des Klimas kann nur Teil einer umfassenderen Lösung sein. Grundsätzlich ist es weitaus wirkungsvoller, die Erzeugung von Kohlenstoff von vornherein zu verhindern, als zu versuchen, den Schaden im Nachhinein zu beheben. Tatsächlich wird der CO2-Kompensation sogenanntes „Greenwashing“ vorgeworfen, bei dem sich Unternehmen und Verbraucher nur dem Anschein nach umweltfreundlich verhalten, ohne jedoch ihr Handeln wirklich zu ändern und nachhaltig(er) zu gestalten. Das heißt für das obige Beispiel: Natürlich wäre es wesentlich besser für die Umwelt, wenn tatsächlich 3.547 weniger Autos auf den Straßen unterwegs wären, statt dass lediglich deren Emissionen ausgeglichen werden.
In diesem Sinne muss der Ausgleich von CO2-Emissionen eher als eine Möglichkeit angesehen werden, das eigene schlechte Gewissen zu beruhigen, als tatsächlich die Umwelt zu schützen. Es gibt nur einen wirklichen Weg, den wir als einzelne Personen gehen können, um die Umwelt wirkungsvoll und unmittelbar zu schützen: die Anpassung unseres Verhaltens. Und dazu gehört es eben auch, Opfer in Bezug auf Reisen und Konsum zu bringen und darauf zu verzichten, wo es möglich ist. Hinzu kommt, dass die Verlagerung der Verantwortung in Sachen Klimaschutz auf den Verbraucher zwar mehr Finanzmittel für Umweltprojekte ermöglicht, zugleich aber auch dazu führen könnte, dass Unternehmen und Konzerne – die den Löwenanteil der weltweiten CO2-Emissionen verursachen – sich aus der eigenen Verantwortung stehlen.
Dennoch scheint es ein guter Ansatz zu sein, das Bewusstsein für das eigene (Konsum-)Verhalten und die damit verbundenen CO2-Emissionen zu stärken und einen einfachen Zugang zur Emissionskompensation zu schaffen. Und wer weiß – vielleicht unterstützt Project Wren künftig mit den monatlichen Spenden ja auch Projekte, die die Ursachen der ständig zunehmenden CO2-Emissionen angehen. Wie wäre es zum Beispiel mit der Finanzierung von Lobbygruppen, die Konzerne dazu bringen, ihre Emissionen rascher zu reduzieren?
Dieser Artikel ist eine Übersetzung von Lydia Skrabania. Das Original erschien zuerst auf unserer englischsprachigen Seite.