Algix: 3D-Druck mit Algen

Algenblüte ist eine Gefahr für Ökosysteme. Ein US-Unternehmen stabilisiert bedrohte Gewässer – und macht aus der entnommenen Biomasse nachhaltiges Material für den 3D-Druck. 

Autor*in Lydia Skrabania, 03.07.18

Übersetzung Lydia Skrabania:

Soll der 3D-Druck sein Potenzial für die nachhaltige Entwicklung entfalten, müssen die eingesetzten Rohstoffe umweltfreundlich sein. Das heißt: Plastik und Co sollten wir vermeiden und stattdessen auf Biokunststoffe setzen, die vollständig biologisch abbaubar sind. Wir haben bei RESET bereits einige Unternehmen vorgestellt, die solche Materialien herstellen oder nutzen.

Auch das US-Unternehmen Algix geht den Weg des Biokunststoffs – setzt aber zusätzlich auf Algen. Algen wurden schon längst als kleine Alleskönner erkannt: Aus ihnen lassen sich nicht nur Isolierstoffe für Gebäude, Flip-Flops oder essbare Verpackungen herstellen, sie helfen auch, die Meere zu retten und könnten ein entscheidender Faktor sein, wenn es um die künftige Welternährung geht.

In der Natur haben Algen zudem ein enormes Potenzial zur Bioremediation, das heißt, sie tragen zur biologischen Entgiftung in Ökosystemen bei, die verunreinigt bzw. schadstoffbelastet sind, und fungieren somit wie ein natürlicher Ausgleichsmechanismus. Wenn allerdings – oft durch Eingriffe von uns Menschen – die Stickstoff- oder Phosphorverbindungen in Ökosystemen ansteigen, kann das zu einer plötzlichen und massenhaften Vermehrung der Algenpflanzen führen. Diese sogenannte „Algenblüte“ ist eine Gefahr für Gewässer und die darin lebenden Organismen. Zwar bilden Algen durch Photosynthese eigentlich sogar sehr viel Sauerstoff, bei einem massenhaften Auftreten und Absinken der kleinen Pflanzen zum Grund verbrauchen sie jedoch zu viel davon – was für andere Pflanzen und Tiere in einer ökologischen Katastrophe, sogenannten „Todeszonen“, enden kann. Aufgrund der globalen Erwärmung und dem damit verbundenen Temperaturanstieg in Gewässern wird damit gerechnet, dass das Phänomen künftig wesentlich häufiger und verbreiteter auftritt.

Biomasse aus Algen zu Bioplastik

Hier setzt Algix an und schlägt zwei Fliegen mit einer Klappe: Das US-Unternehmen erntet Algenbiomasse aus Gewässern mit Algenblüte, um daraus biologisch abbaubare Filamente für den 3D-Druck und weitere Bioplastik-Produkte wie Kunststoffschaum herzustellen. Dabei entnimmt Algix mithilfe einer mobilen Ernteplattform die Algenteppiche aus Süßwasser-Ökosystemen, ohne die darin lebenden Fische und Pflanzen zu schädigen. Die Entnahme von Algenbiomasse sowie (überschüssigen) Nährstoffen sorgt für stabilere Ökosysteme und soll das Risiko erneut auftretender Algenblüte verringern. Im Anschluss werden die entnommenen Algenpflänzchen entwässert und getrocknet, sodass sie für die Herstellung der algenbasierten Biokunststoffe verwendet werden können. Die biologisch abbaubaren Filamente für den 3D-Druck bestehen zu etwa 20 Prozent aus Algenbestandteilen und zu 80 Prozent aus PLA, einem Biopolymer, das durch Polymerisation von Milchsäure entsteht, die wiederum aus pflanzlichen Zuckern gewonnen wird.

Das Schöne am Algen-Biokunststoff: Nicht nur entsteht am Ende ein biologisch abbaubares Filament für den 3D-Druck (sowie weitere Produkte) und Gewässer mit vorheriger Algenblüte werden stabilisiert. Hinzu kommt, dass ein Filament auf Algenbasis beim Druck weniger Energie verbraucht als ein herkömmliches, da es bei einer niedrigeren Temperatur verwendet werden kann.

Insofern schlägt Algix sogar drei Fliegen mit einer Klappe…

Nachhaltiger 3D-Druck – mit Plastikmüll und Zuckerrüben?

Der 3D-Druck birgt große Chancen für eine nachhaltige Entwicklung. Doch dafür müssen auch die dafür eingesetzten Rohstoffe nachhaltig sein.

Sozialer Wohnungsbau aus dem 3D-Drucker

Was wie eine Utopie klingt, wird in Frankreich und den Niederlanden bereits Realität: In wenigen Tagen fertigen überdimensionale Drucker ganze Häuser im 3D-Druckverfahren. Die Häuser sollen schnell beziehbaren sozialen Wohnraum schaffen.

Klicken, koordinieren, aufräumen: Per App gegen die Vermüllung von Gewässern

Mit der App „Gewässerretter“ vom NABU kann jeder mithelfen, unsere Gewässer von Müll zu befreien.

3D-Druck: Eine neue Dimension in der nachhaltigen Entwicklung?

Der 3D-Druck könnte nicht nur eine Revolution für Produktionsprozesse bedeuten, sondern auch im Kontext von Umweltschutz und humanitärer Hilfe ein großes Potenzial entfalten.

Bis zum letzten Bissen – essbare Verpackungen aus Algen

Indonesien ist einer der größten Verursacher von Plastikmüll weltweit. Eine Lösung kommt von Evoware: Verpackungen, die nicht nur biologisch abbaubar sind, sondern direkt mitgegessen werden können.

3D-Druck und DIY-Ansätze als schnelle Hilfe in Katastrophengebieten

Ist 3D-Druck vielleicht die Zukunft effektiver humanitärer Hilfe in Gebieten, in denen die Versorgung knapp ist und eine Infrastruktur kaum vorhanden?

Biologisch abbaubar – die Flip-Flops mit der Sohle aus Algen

Flip-Flops bestehen zum größten Teil aus Kunststoff und sind weltweit das Schuhmodell Nummer eins. Wäre doch gut, wenn die nicht zu Plastikmüll werden.

NeptuTherm: Mit Algen Häuser nachhaltig isolieren

Wer hat sich nicht schon über den Seetang geärgert, der büschelweise an ansonsten weißen Stränden angespült wird? Dabei können diese Büschel sinnvoll und nachhaltig eingesetzt werden, wie ein deutsches Unternehmen zeigt.

Saubere Sache – 3D Wash verwandelt Plastikmüll in Wasserleitungen

Ingenieure der australischen Deakin Universität wollen in Krisenregionen zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen. Der von ihnen entwickelte 3D-Drucker arbeitet mit Sonnenkraft und fertigt aus Plastikmüll wertvolle Wasserleitungen zum Aufbau der Kanalisation.