Der zunehmende Einsatz unbemannter Luftfahrzeuge (englisch unmanned aerial vehicle: UAV), auch bekannt als Drohnen, von Industrie und Organisationen hat zu Debatten darüber geführt, ob ihre Vorteile die erheblichen ethischen und rechtlichen Bedenken überwiegen – insbesondere, wenn es um Fragen der Überwachung und des Datenschutzes geht.
Doch es gibt zahlreiche Beispiele, in denen Drohnen „für das Gute“ eingesetzt werden, zum Beispiel bei der Lieferung wichtiger Güter, dem Informationsaustausch und der Katastrophenhilfe. Auf RESET haben wir Drohnen vorgestellt, die Bäume in Spanien und Mangroven in Myanmar pflanzen, Drohnen, die in der Lage sind, versteckte Landminen zu lokalisieren und sogar schwimmende Drohnen, die Müll aus den Wasserstraßen räumen.
Die kleinen Flugkörper sind aber auch zu einem wichtigen Instrument geworden, um räumliche Daten zu erheben und die Nutzung von Land zu erfassen und zu überwachen. Vor allem in städtischen Gebieten haben sich dabei Drohnen als ein besonders nützliches Instrument zur Kartierung und „Legitimierung“ informeller Siedlungen erwiesen. Die von Drohnen aufgenommene Luftbilder haben einen großen Vorteil gegenüber Satellitenbildern: Da Drohnen in geringer Höhe fliegen und qualitativ hochwertige Bilder aufnehmen, können sie Details – wie zum Beispiel die genaue Größe der Grundstücke und die kleinen Wege, die für dichte informelle Siedlungen charakteristisch sind – erfassen.
In informellen Siedlungen, oft auh als Slums bezeichnet, kann der Einsatz von Drohnen zur Lösung verschiedener Probleme beitragen. Slums finden sich in allen Teilen der Welt, gekennzeichnet sind sie meist durch unzulängliche Wasser- und Abwassersysteme, mangelnden Wohnraum und fehlende Land- und Wohnrechte. Mit dem Einsatz von Drohnen zum Beispiel bei der Landregistrierung können Grundstücke leichter identifiziert, ihnen Nummern zugewiesen und so die Eigentumsverhältnisse der Familien, die diese bewohnen, formalisiert und ihnen Wohnrechte gewährt werden. Darüber hinaus ermöglichen die qualitativ hochwertigen Bilder der Drohnen eine 3D-Modellierung, die hilfreich sein kann, Verbesserung an der Infrastruktur zu planen – wie zum Beispiel die Installation von Entwässerungssystemen zur Verhinderung von Überschwemmungen.
Drohnen sollen städtische Siedlungen in Peru kartieren
Im Januar 2020 wurde ein 80 Millionen US-Dollar teures Gemeinschaftsprojekt der Weltbank und der peruanischen Agentur für die Formalisierung informellen Eigentums (COFOPRI) genehmigt, das den Einsatz von Drohnen vorsieht, um das peruanische Stadtkataster zu aktualisieren. Kataster sind öffentliche Landnutzungsregister, die den Behörden helfen, das Stadtwachstum und die räumliche Verteilung besser zu planen und zu verwalten. Ziel des Projekts ist es, den Schutz vor Naturkatastrophen und extremem Wetter zu verbessern, städtische Dienstleistungen in informellen Stadtvierteln anzubieten und die Stadtplanung im Hinblick auf Nachhaltigkeit und Inklusivität zu verbessern. Der Vizeminister für Wohnungswesen und Urbanismus von Peru erklärte dazu, dass 4,8 Millionen Menschen von diesem Projekt profitieren sollen.
22 Gemeinden in den Provinzen Lima, Chiclayo, Lambayeque und Piura sollen an dem Projekt beteiligt werden. Da Peru ein stark verstädtertes Land ist (fast 80 Prozent der Bevölkerung lebt in städtischen Gebieten) mit einem großen Anteil an informellen Siedlungen, kann eine solche Kartierung enorme Auswirkungen haben. Die Formalisierung der Siedlungen bietet dabei nicht nur den Bewohner*innen eine größere Sicherheit, wenn ihnen ihr Lebensraum auch anerkannt wird, sondern ermöglicht es den Gemeinden auch, Grundsteuern zu erheben – eine wichtige Einnahmequelle, die idealerweise zur Verbesserung der lokalen Dienstleistungen in den Städten genutzt wird. Peru hat eine der niedrigsten Grundsteuererhebungsraten in Lateinamerika, was daran liegen könnte, dass nur 8 der 522 Stadtverwaltungen Perus über vollständige und aktualisierte Kataster (!) verfügen – zumindest laut dem Projektdokument. Infolgedessen fehlen den peruanischen Gemeinden die finanziellen Mittel, die sie benötigen, um grundlegende Dienstleistungen bereitzustellen, in die städtische Infrastruktur zu investieren, die Lebensqualität zu verbessern und die Resilienz ihrer Städte gegen den Klimawandel und Naturkatastrophen zu stärken.
Damit städtische Grundbücher nützlich sind, müssen sie häufig aktualisiert werden, weshalb der Schwerpunkt des Projekts auf dem Aufbau kommunaler Kapazitäten liegt, um die Daten auf dem neuesten Stand halten zu können. Durch die Kartierung haben Regierungen auch die Möglichkeit, Bürger*innen als Partner in die Stadtplanung einzubeziehen und die Geodaten als offene Quelle verfügbar zu machen. In den letzten Jahren wurden Bürger*innen in mehreren Städten informelle Siedlungskarten über Open-Source-Geodatenplattformen wie Quantum GIS (GIS steht für Geographische Informationssysteme) zur Verfügung gestellt. Darüber hinaus bilden einige Kartierungsprogramme Einheimische für den Betrieb der Drohnen aus, so dass sie als Partner in den Datenerfassungsprozess einbezogen werden. In Kenia und Uganda wurde in Zusammenarbeit mit UN-Habitat die partizipative und quelloffene Kartierung angewandt, bei Open Mumbai wurden die Slums der Stadt Mumbai in Indien partizipativ kartiert und geplant. Und das WeRobotics Flying Labs-Netzwerk hat sich vorgenommen, Menschen im gesamten Globalen Süden auszubilden, um das bei der lokalen Bevölkerung vorhandene Fachwissen über Drohnen zu erweitern und die positiven Auswirkungen von lokalen Hilfs-, Gesundheits-, Entwicklungs- und Umweltlösungen zu beschleunigen.
Aktualisierte Kataster haben sich auch schon bei der Nothilfe nach Naturkatastrophen und beim Wiederaufbau als hilfreich erwiesen: Als in Ecuador 2016 ein Erdbeben der Stärke 7,8 Teile der Stadt Portoviejo zerstörte, setzten die Behörden Drohnenaufnahmen aus der Zeit vor und nach dem Erdbeben ein, um Gebiete zu identifizieren, die Hilfe benötigten. Weitere erfolgreiche Fälle des Einsatzes von Drohnen zur Landkartierung kommen aus Kenia, Fidschi und Albanien.
Dieser Artikel ist eine Übersetzung von Sarah-Indra Jungblut. Das Original erschien zuerst auf unserer englischsprachigen Seite.
Dieser Artikel ist Teil des Dosssiers „Satelliten und Drohnen – Wertvolle Helfer für eine nachhaltige Entwicklung“. Alle Artikel des Dossiers findest du hier: Dossier Satelliten und Drohnen
Das Dossier ist Teil der Projekt-Förderung der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU), in deren Rahmen wir vier Dossiers über zwei Jahre zum Thema „Chancen und Potenziale der Digitalisierung für eine nachhaltige Entwicklung“ erstellen.
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