Mit PENDLA fahren Pendler*innen gemeinsam zur Arbeit

Wie wäre es, wenn du deine Emissionen und Ausgaben senken und nebenbei neue Freunde finden könntest? Neue Ridesharing-Plattformen machen das möglich.

Autor*in Laura Preising, 12.04.23

Übersetzung Laura Preising:

Warum wir das Auto nutzen? Die Arbeit ist der treibende Faktor

In Deutschland besitzen 90 Prozent der ländlichen und 50 Prozent der städtischen Haushalte mindestens ein Auto. Betrachtet man die Gründe, warum sich Menschen in ihr Auto setzen, dann zeigt sich, dass das Pendeln einer der Hauptgründe ist: In Deutschland macht der Weg zur Arbeit 27 Prozent der täglich zurückgelegten Strecken aus, in Kroatien sogar 47 Prozent. Und dies umfasst nur die Strecke zwischen Wohnung und Arbeitsstätte und zurück. Betrachtet man andere berufs- oder ausbildungsbedingte Reisen, so erreicht man in den meisten europäischen Ländern fast 50 Prozent.

Ein Grund ist mit Sicherheit, dass viele ländliche Gebiete nicht ausreichend in den öffentlichen Nahverkehr eingebunden sind. Und Subventionen und Steuererleichterungen geben zusätzlich Anreize für das autolastige Pendeln.

Von „Mitfahrbänken“ bis BlaBlaCar

Vor allem in der Nähe großer Städte tauchen jedoch neue Lösungen auf. Einige Dörfer bieten subventionierte Taxis, Gemeindebusse, On-Demand-Shuttle oder sogar gemeinsam genutzte E-Autos an.

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Eine andere Lösung sind Mitfahrbänke: Dabei handelt es sich um gekennzeichnete Bänke an Hauptverkehrsstraßen, auf denen Mitfahrwillige sitzen und Vorbeifahrenden signalisieren können, dass sie mitgenommen werden wollen. Diese Lösung ist zwar unkompliziert und spontan, aber nicht immer zuverlässig und kann im schlechtesten Fall dazu führen, auf einer Bank festzusitzen, anstatt an einem morgendlichen Meeting im Büro teilzunehmen.

Wesentlich verlässlicher ist dagegen sind dagegen Plattformen wie BlaBlaCar. Die digitalen Mitfahrzentralen sind in den letzten Jahren immer beliebter geworden, vor allem für unregelmäßige Fahrten über längere Strecken. BlaBlaCar ist bereits seit mehr als 17 Jahren im Geschäft und erreicht mittlerweile rund 35 Millionen Mitglieder. Das Angebot an die Nutzenden ist einfach: Fahrer*innen können über eine App ihre Route, die bevorzugte Fahrweise (gesprächig oder ruhig) und die Anzahl der freien Plätze eintragen. Reisende, die eine Mitfahrgelegenheit suchen stellen dann eine Anfrage für die passende Mitfahrgelegenheit.

Für Menschen, die jeden Tag dieselbe Strecke zur Arbeit pendeln, ist BlaBlaCar jedoch ziemlich aufwändig.

Ridesharing für Stammkund*innen

An dieser Stelle kommen neue Mitfahrzentralen ins Spiel, zum Beispiel PENDLA. Die Crowd-basierte Mitfahrplattform für Landkreise, Städte und Gemeinden will dabei unterstützen, dass sich regelmäßige Fahrgemeinschaften bilden. Genau wie bei BlaBlaCar können Fahrer*innen ihre Routen hinzufügen. Die App gleicht dann automatisch ihre Route mit denen anderer Nutzer*innen ab, um die beste Übereinstimmung zu finden und zeigt diese dann auf einer Karte an. Der Dienst ist auf regelmäßige Fahrten zugeschnitten, d. h. die Fahrer*innen können auswählen, an welchen Wochentagen sie die Route fahren und andere Nutzer*innen können sich diesen Fahrten regelmäßig anschließen. Ein wesentlicher Aspekt ist dabei, dass die Nutzenden sehen, wie viele andere Menschen in dieselbe Richtung unterwegs sind.

Was das Angebot von PENDLA außerdem von anderen Mitfahrdiensten unterscheidet ist, dass die Landkreise, Städte und Gemeinden die Kosten für die Einführung des Dienstes in ihrem Gebiet übernehmen. Das entlastet die Nutzenden finanziell und macht das Angebot erschwinglicher.

Der Weg zur Nachhaltigkeit ist mehr als einen Fahrgast pro Auto

An Platz für zusätzliche Mitfahrer*innen mangelt es auf jeden Fall in den wenigsten Autos. In der EU ist das durchschnittliche Auto mit weniger als zwei Personen unterwegs. Und da der tägliche Weg zur Arbeit einen so großen Anteil an den Pkw-Fahrten hat, sind das ziemlich viele halbleere Autos, die jeden Tag die gleichen Strecken zurücklegen. Nachhaltigkeit sieht anders aus!

Doch mit jedem weiteren Fahrgast wird die Fahrt CO2-effizienter. Regelmäßige Fahrgemeinschaften können daher die negativen Auswirkungen des Mobilitätssektors auf unsere Umwelt deutlich senken.

Eine weitere Auswirkung eines gut eingeführten Mitfahrdienstes kann zudem sein, dass die Abhängigkeit vom Auto auf lange Sicht verringert wird. Wenn Fahrgemeinschaften eine bequeme und erschwingliche Option darstellen, wird vielleicht auch irgendwann das eigene Auto hinfällig. Dies wiederum erhöht die Chance, dass andere Fahrten mit öffentlichen Verkehrsmitteln zurückgelegt werden.

Emissionen reduzieren und soziale Kontakte erhöhen

Wie eine Studie von BlaBlaCar über die sozialen Auswirkungen von Fahrgemeinschaften gezeigt hat, gibt es einige positive Nebeneffekte: 87 Prozent der Mitglieder berichten von einem bereichernden Austausch. 37 Prozent der Mitglieder, die im vergangenen Jahr mehr als fünfmal mitfuhren, blieben mit mindestens einem BlaBlaCar-Mitglied in Kontakt. 55 Prozent geben an, sich als Teil einer Gemeinschaft zu fühlen, und diese Zahl steigt auf 74 Prozent bei Mitgliedern, die im letzten Jahr mehr als 10 Fahrten gemacht haben. Wenn bereits Gelegenheitsfahrten, auf die sich BlaBlaCar spezialisiert hat, einen so großen Einfluss auf die gemeinsam Reisenden haben, ist davon auszugehen, dass auch häufige Co-Pilot*innen Beziehungen miteinander aufbauen.

Weiter gedacht kann durch die gemeinsame Nutzung von Autos auch die Verkehrsbelastung deutlich verringert werden, was zu weniger Staus und Unfällen führt und auch den Bedarf an Parkplatzinfrastruktur reduziert.

Der Vorteil, der die meisten neuen Nutzer wahrscheinlich zuerst anspricht, ist jedoch die Kostenreduzierung. Nach eigenen Angaben können die Nutzer*innen von PENDLA bis zu 75 Prozent ihrer Fahrtkosten durch Gas- und Parkgebühren einsparen, was Ridesharing nicht nur ökologisch, sondern auch ökonomisch viel nachhaltiger macht.

Ein gemeinsamer Schritt in die richtige Richtung

Ridesharing kann also eine äußerst wirksam darin sein, unsere Emissionen zu verringern. Zudem können so, ähnlich wie mit Shuttle-Diensten, Lücken im ÖPNV geschlossen und im besten Fall auch die lokale Vernetzung langfristig verbessert werden.

Nach wie vor ist allerdings vor allem das Vertrauen eine allgemeine Herausforderung beim Ridesharing, da die Menschen zunächst Fahrten mit Fremden buchen müssen. Daher arbeiten viele Plattformen – wie auch BlaBlaCar – mit einem Bewertungssystem, um vertrauenswürdige Fahrer*innen hervorzuheben. Aber ein 100 Prozent ausfallsicheres System ist das leider auch nicht; Rassismus, fehlende Zahlungen oder Stornierungen in letzter Minute sind so nicht komplett auszuschließen.

Und solange Firmenwägen von Unternehmen gestellt und Pendelkilometer mit dem eigenen Auto steuerlich vergünstigt werden, fehlen oft Anreize für Mitfahrgelegenheiten. Für eine echte Mobilitätswende muss die Politik hier nachschärfen.

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Dieser Artikel gehört zum Dossier „Mobilitätswende – Smart in Richtung Klimaneutralität“. Das Dossier ist Teil der Projekt-Förderung der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU), in deren Rahmen wir vier Dossiers zum Thema „Mission Klimaneutralität – Mit digitalen Lösungen die Transformation vorantreiben“ erstellen.

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